Wegen Druck und Gier.

nereus, Samstag, 22.09.2018, 16:53 (vor 2005 Tagen) @ Silke4842 Views

Hallo Silke!

Du schreibst: Wer Termine hat hat Erfüllungsdruck.

Ja.

Wer wiederkehrende Termine hat tendiert dazu, den Erfüllungsdruck senken zu wollen.

Ja.

Die wichtigsten wiederkehrenden Termine leiten sich im Debitismus aus der Urschuld ab. Die nächstwichtigsten aus der Abgabeerhebung.

Ja, doch hier beginnt schon die Unschärfe!

Das Verschaffen von Mitteln zur Tilgung der Urschuld und von Abgabemittel bestimmt das Denken und Handeln der Menschen.

Richtig, allerdings existieren hier sehr große Bandbreiten.
Und was das Denken und Handeln betrifft, geht es hier garantiert nicht nur um die Tilgung von Urschuld und Abgaben.
Man kann Hunger und Durst stillen mit dem Notwendigsten und man kann sich völlig überfressen oder zu Tode saufen.
Manchem reicht die einfache Mietwohnung, der nächste bevorzugt ein kleines Haus und es soll auch Leute geben, die mehrere Villen besitzen.
Der Leidensdruck ist somit sehr unterschiedlich hoch und so auch die entsprechende Gier.

In einer Welt mit wechselndem Angebot/ Zugriffsmöglichkeit werden diese von leidgeprüften Menschen regelmäßig als zu wenig erlebt.

Das gilt sicherlich für viele Menschen, aber als Gesamtaussage würde ich dem widersprechen. Das „leidgeprüft“ ist verräterisch.
Man spürt wie argumentativ ein Druck als Begründung für die nachfolgende Theorie aufgebaut werden soll. [[zwinker]]

Daraus resultiert, weil die Menschen in Zeiteinheiten und Terminen denken Angst vor dem "nicht haben" zum Termin, die Gier des "mehr haben müssen" da jedem Termin endlos Termine folgen werden, der Neid gegen die, die offensichtlich zu Terminen stets "haben, was gemusst wird" und Hass weil man sich im Vergleich zu diesen unterversorgt wähnt.

Diese Angst ist zweifellos vorhanden allerdings unterschiedlich entwickelt, siehe oben.
In Krisenzeiten dürfte sie besonders wirksam bzw. hoch sein.

In einem Staat ist das Abgabegut so knapp, dass es systemisch nicht für alle ausreichen kann.

Das ist eine Behauptung, die zu beweisen wäre.
Eine Versicherung, z.B., existiert schlicht und ergreifend aus der Annahme, daß der TOTALE Versicherungsfall nie eintreten wird, in dem alle Versicherten gleichzeitig (TERMIN!) Ansprüche erheben.
Das würde die „Kasse“ sprengen.

Da dieser Fall aber extrem selten (falls überhaupt jemals) passiert, werden Versicherungen gegründet und betrieben.
Und ebenso schließen Millionen Menschen Versicherungen aller Art ab, um den theoretisch individuell zu erwartenden Notfall abzufangen, auch wenn er vermutlich nie oder nur in geringem Maße eintritt.

Das gilt auch für den Staat.
Teile unserer Steuerabgaben fließen z.B. in die Bundeswehr, obwohl die noch nie zur Landesverteidigung im Einsatz war, z.B. zur Abwehr feindlicher Attacken einer anderen Nation.
Wir bezahlen also für einen theoretischen Fall, der bislang noch nicht eintrat.
Diese theoretische Vorausschau gilt sicher auch für andere Ausgabenpositionen, die von mancher Seite gar als unnötig betrachtet werden.

Daher stelle ich das „Es reicht nicht für alle“ zumindest auf den Prüfstand, denn alle saugen niemals gleichzeitig am selben Trinkhalm.
Würde diese Logik gelten, würde jede Energie- oder Wasserversorgung zur Unmöglichkeit und vom Bankenwesen brauchen wir gar nicht erst reden.

Wir wissen auch aus Erfahrung und Sozialisation in einem ZMS (wir sind die Masse der Ohnmächtigen), dass neben den ganzen üblichen kleinen und mittleren Terminen immer wieder auch richtig hässliche Termine in unsere familiäre Welt geraten, zu denen wir "haben müssten" was wir definitiv "nicht haben können" und somit „nicht haben werden“.
Da wir uns durchaus ängstlich vor diesem "zum Termin nicht haben können" schützen wollen, wenn wir nicht gerade unbedarft wie Jesus durch das Leben trotteln, sind wir ein wenig (oder ein wenig mehr) gierig unterwegs und geraten beim Vergleich mit anderen vorteilhafter versorgt erscheinenden Menschen in Neid und im ungünstigsten Fall in Hass.

Auch hier erhebe ich Einspruch.
Der Hass tritt sicherlich ein, wenn es am Notwendigsten zu fehlen beginnt – keine Frage.
Das gilt allerdings nicht so ausschließlich für den Neid, wobei die Grenzziehung hier schwierig sein dürfte.
Die Bewunderung des schnellen Autos, der mondänen Yacht oder des illustren Anwesens hat absolut NICHTS mit Termindruck zu tun.

Es ist ein innewohnendes Verlangen nach mehr, so wie man mit dem Zigeuner-Hacksteak von Winger zweifellos seinen Hunger stillen kann, aber mehrheitlich die Wahl auf das opulente 6-Gänge Menü fallen dürfte, weil es da einfach besser schmeckt.
Was nicht heißt, das nach 2 Wochen 4 x täglich Buffet auch wieder der Gemüse-Eintopf gut schmecken kann.
Doch mit dem Ford Fiesta fährt es sich eben nicht ganz so komfortabel wie mit dem Ferrari 599 GTE und hin schauen tut da auch keiner. [[zwinker]]
Ob das jetzt alles Lebenswichtig ist, spielt dabei überhaupt keine Rolle.

Bei der Bedienung der Urschuld und der Beschaffung von Abgabemittel sind alle Optionen erlaubt, da unser verankerter Überlebenswillen halt ziemlich heftig ist.

Erlaubt?
Wäre nicht auch hier eine Differenzierung von Nöten?
Wo bleibt denn da der Rechtsstaat der z.B. auf Einhaltung von Verträgen besteht, einer absolut notwendigen Voraussetzung für das Wirken des Debitismus? [[freude]]

Ich lese immer nur von unausweichlichem Druck, der das Leben bestimmt und alle Motive des Handelns in eine Zwangsjacke steckt.

Mir ist schon klar, daß dies für die Herleitung des Debitismus erforderlich ist, aber ich frage mich, bildet diese Sichtweise tatsächlich unsere Wirklichkeit ab?

Diese Fragen wurden hier schon vor 15 Jahren debattiert, wo Erfindergeist und Musikgenie auf den bloßen Schuldendruck dezimiert wurden.
Keine Frage, eine Erfindung die sich ökonomisch durchsetzen will, benötigt Geld/Kredit.
Aber kommt von dort der Ursprung der Idee oder ist es nicht viel ehr die „Gier“ nach Profit, die diese Idee am Ende zum Geschäft werden läßt?
Daraus folgt, das Geschäft wird nicht eröffnet um Tribute zu entrichten, sondern um Kohle zu verdienen (und Gier nach Konsum zu befriedigen), die letzten Endes wiederum der Steuerpflicht unterliegt.

Sozialismus war eine Fehlkonstruktion, die nicht hätte länger laufen können, da die Substanz so aufgebraucht war, dass die Masse das Vertrauen in das System verweigerte (wegen Verweigerung von Privateigentum = Machtzession von dumpfen Machthaltern).

Das ist nur zum Teil richtig, liebe Silke.
Die Masse hatte es satt sich ständig im wohlriechenden Intershop und von der Westverwandtschaft in diversen Abständen ein wenig „Luxus“ genehmigen zu lassen.
Wir wollten das AUCH JEDEN Tag haben, ob nun aus Neid oder aus welchem Grund auch immer.
Verhungert ist in der DDR niemand und das Urschuld-Problem war leidlich gelöst.

Der Hinweis auf das fehlende Privateigentum ist an dieser Stelle berechtigt, denn wenn einem nichts gehört, fühlt man sich auch nicht verantwortlich, was zweifellos auch ein Grund für den Verfall war, aber eben nur einer.
Ein anderer, meiner Meinung nach wichtigerer Grund, war der Mangel an qualitativ hochwertigen Rohstoffen und Material.

Kurzum, die Gründe für die Tristesse im Sozialismus sind vielschichtig und lassen sich u.a. auch mit dem „Blick nach drüben“ erklären.
Wenn einem ständig die Wurst vor die Nase gehalten wird, bekommt man eben irgendwann Appetit.
Möglicherweise liegt diesem Hang nach mehr das gleiche „Vitamin“ zu Grunde wie beim Drang das teuerste Gemälde der Welt zu besitzen oder für jeden Wochentag einen anderen PKW sein eigen zu nennen.

Oder willst Du mir jetzt ernsthaft weismachen, daß die Lust auf mehr vom Schuldendruck und den damit verbundenen Terminen stammt? [[hae]]
Will sagen, die Ur- und Kontraktschuld sind sicherlich ein Motiv zu lernen oder zu arbeiten, aber keineswegs ausschließlich.

Viel spannender ist die Frage, warum der offensichtlich gut funktionierende Kapitalismus in Mesopotamien scheiterte und so lange in der Versenkung verschwand.

Ist diese Frage denn schon hinreichend geklärt?

Sozialismus 2.0 steht vor der Tür. Diktatur der Bürokraten, Eurokraten, NWO-ler.
Alle werden arm, da wirtschaften immer weniger geht und Staat immer mehr vorn auf das drauf kleistern muss, was er hinten einreißt.

Für wen geht wirtschaften immer weniger?
Für den Kleinunternehmer und Mittelständler oder für den Global Player?
Sind die Staaten nicht inzwischen zu Geißeln der großen Firmen geworden?
Haben die Großkonzerne nicht schon den Sozialismus, der ihnen die lästige Konkurrenz vom Halse hält?
Werden nicht unsere Abgabenlasten immer größer, weil sich die Superreichen der Steuerpflicht entziehen?

Das Stichwort heißt Stamokap und @dottore wußte genau was damit gemeint war – Staatsmonopolistischer Kapitalismus.

.. eine ursprünglich marxistisch-leninistische Bezeichnung für die Verschmelzung des imperialistischen Staates mit der Wirtschaft – die in dieser Phase nur noch aus dünn maskierten Monopolen bestehe – zu einem einzigen Herrschaftsinstrument unter Führung einer Finanzoligarchie, die in der Endphase des Kapitalismus erfolge ..

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsmonopolistischer_Kapitalismus

Ich will hier ganz sicher nicht die Wagenknecht geben, aber wenn schon Analyse betrieben werden soll, dann sollte sie wenigstens aufrichtig sein.
Und die Phase des Stamokap ist erreicht, da hatte der olle Marx, der diese Entwicklung kommen sah, ausnahmsweise mal recht.

@Centao hatte zum DDR-Geld eine Sichtweise geliefert, die auch Schuldgeld unterstellte.
Du antwortest darauf in dem Du zweimal @dottore zitierst.

"Also entweder Kapitalismus mit Privateigentum, Geld und Zins (wie von HS abgeleitet) und die wirtschaftlichen Vorteile des Kapitalismus genießen (jedenfalls so wie sie die meisten von uns empfinden, also besseres Leben für immer mehr Menschen) – oder Sozialismus, also eine Wirtschaftsform ohne Privateigentum, Zins und Geld.
So etwas, wie einen zinskastrierten Kapitalismus kann es niemals geben."
..
"Im Sozialismus ohne Privateigentum gibt es bekanntlich kein Geld, sondern Warenbezugsscheine und auch keinen Zins, weil es a) weder Unternehmer gibt, außer dem Staat, der nicht auf den Kapitalmarkt angewiesen ist, sondern eine Kommandowirtschaft betreibt und b) niemals jemand ein Konsumgut auf Kredit erwerben kann bzw. konnte."

Das zerlegen wir jetzt einmal in seine Einzelteile.
Das Genießen einer Sache sagt wenig über die Sache selbst.
Auch ein gelber Knollenblätterpilz ist ein Pilz, auch wenn er nur bedingt zu empfehlen wäre.

HS stellten auf PE an Grund und Boden ab, welches es in der DDR tatsächlich nicht gab.
Der erweiterte (oder verbesserte) Debitismus hat aber nun die Abgabe zum Urgrund seines Wesens erhoben, doch Steuern mußten auch im Sozialismus gezahlt werden, wie ich schon an @Mepisto geschrieben hatte.
Selbstverständlich wurde die Steuer in der DDR an den Lohn-/Gehaltsempfang gebunden und besaß alle Eigenschaften einer Steuer.
Die Abgabe MUSSTE entrichtet werden (Steuertatbestand), sie begründete sich in den staatlichen Aufgaben seiner Organe (Verwaltung, Polizei, Justiz, Infrastruktur, Bildung usw.), sprich staatliche Gegenleistung (Schulbesuch, Rechtsprechung, Verbrechensbekämpfung u.a.) und sie konnte nur auf Einnahmen erhoben werden, was eigentlich trivial ist.
Damit ist die Steuererhebung in der DDR ein Faktum und wäre Voraussetzung für Geld, worauf ich später noch zurückkomme.

Zum Zinskastrierten Kapitalismus sage ich besser nichts.
Negativzinsen gab es nicht einmal im Sozialismus. [[freude]]

Punkten, im Sinne des Debitismus, könnte man mit dem Fehlen des Kapitalmarktes, den es so im Sozialismus tatsächlich nicht gab und der notwendigerweise Voraussetzung für ein privatwirtschaftliches Unternehmertum sein soll.
Doch in der DDR gab es selbstverständlich auch Kredite, wie wir u.a. einer Geheimrede der Chefin der Staatsbank (Margarete Wittkowski) von 1970 entnehmen können.
Ein Kapitalmarkt war dazu nicht einmal nötig.

Der Kredit ist nicht unerschöpflich. Seine Aufgabe besteht darin alle effektiven Vorgänge zu fördern. Leider ist die Zahl derer nicht klein, die noch immer versuchen über den Kredit eine bequeme Lösung zu finden, um den ökonomischen Druck zur Erreichung einer hohen Effektivität in der wissenschaftlich-technischen Revolution auszuweichen.

Quelle: https://books.google.de/books?id=0-XnkBy6pcwC&pg=PA97&lpg=PA97&dq=unternehm...

Das ist sehr lesenswert!
Ein Kredit, der diesmal keine Schweißperlen erzeugt, sondern Schlendrian begünstigt.
Klar, denn kaputte Betriebe wurden eh wieder aufgefangen, so daß es in diesem Sinn kein unternehmerisches Risiko gab.

Nur, der Kredit wurde buchhalterisch gelistet und generierte, wie Frau Wittkowski bemängelte erhöhte Kosten und geringere Gewinne .

Und was wurde mit diesen Krediten u.a. gemacht?

.. und außerdem muß die Bank mit Krediten einspringen, um Lohnfortzahlungen zu sichern und bestimmte Liquiditätsprobleme zu lösen.

Kosten, Gewinne, Kredit, Liquidität!
Das sind alles Parameter eines organisierten Geld- und Kreditwesens.

Und das man in der DDR kein Konsumgut auf Kredit bekam, dürfte eine Legende sein.
So gab es den Ehekredit, anfangs für 5.000 und später für 7.000 Mark der DDR.
Bei Nachwuchs gab es einen Teilerlaß â€“ sehr interessante Idee, die vermutlich demnächst eine „Wiedergeburt“ erleben wird. [[freude]]
Und wofür man dieses Geld ausgab, wurde nicht kontrolliert.

Ebenso gab es Konsumentenkredite für Wohnungsmodernisierung oder Garagen- und Bungalowbau. Es konnten sogar Familienfeierlichkeiten vorläufig mit Kredit bezahlt werden, siehe Quelle: https://books.google.de/books?id=g7RFKQHh48cC&pg=PA165&lpg=PA165&dq=konsume...

Kurzum, bei der Erhellung von Geld und Kredit kann es nicht um gut und böse, rentabel oder unrentabel gehen, sondern um die Dinge an sich.

"Der Sozialismus (no property) ging gegen den Kapitalismus (maximum property) nicht etwa unter, weil er „unfrei“ war, sondern weil er nicht genügend Besteuerungsbasen finden konnte, die ihrerseits die Grundlage für arbeitsteiliges und demnach auf Schuldkontrakten beruhendes Wirtschaften war.

Wir drehen uns im Kreis.
Arbeitsteiliges Wirtschaften hat seinen Urgrund in der Besteuerung, wobei das Wirtschaften kreditbasiert sein muß.

Wir haben oben gesehen, das es in der DDR Kredite gab, Gewinn und Verlust errechnet wurden (die nur weitgehend folgenlos blieben und damit die DYNAMIK des bestehenden Wirtschaftssystems untergruben), ebenso wurde von Liquiditätsengpässen berichtet.
Alles eindeutige Merkmale einer Geldwirtschaft.

Doch das darf nicht sein, weil sonst die These den Bach runter geht.
Daher wird auch ständig qualitativ herumgefuchtelt, der Westen war/ist proper und der Osten war nicht proper.
Wie gesagt Pilz ist Pilz und Pils ist auch Pils, egal wo er oder es herkommen.

Private property ist die wichtigste, um die Untertanen zu jener Mehrleistung und Kreativität anzustacheln, die den Kapitalismus, obendrein als ein vom Schuldendruck der Privaten untereinander vorangetriebenes System auszeichnen." (Martin 1986)

Das bezweifelt doch überhaupt niemand, daß Druck Wirkung zeigt.
Aber das erklärt kein Geldsystem an sich, sondern höchstens seine Qualität, seine Effizienz oder auch seine Schwächen.

Und wegen der Warenbezugsscheine.
Reichskleiderkarten, Brot- und Fleischkarten sowie Raucherkarten – das waren alles Bezugsscheine - gab es auch beim Gröfaz 1939.
Lebensmittelkarten gab es in DDR bis 1958 und später galten noch Kartoffel- und Kohlekarten.
Doch diese Bezugsscheine waren kein Geld, sondern nur die ERLAUBNIS solche Waren in einer bestimmten Menge käuflich zu erwerben, also mit GELD zu BEZAHLEN.

So viel Erbsenzählerei muß schon sein, wenn man um Definitionen streitet. [[zwinker]]

mfG
nereus


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