Streng genommen ist der Debitismus keine Theorie

Phoenix5, Donnerstag, 09.04.2020, 21:22 (vor 1470 Tagen) @ Realist3627 Views
bearbeitet von Phoenix5, Donnerstag, 09.04.2020, 21:50

Hallo Realist!


Theorie ist es, wenn man irgendwelche prähistorischen Tauschmärkte erfindet oder Geld als Tauschmittel betrachtet oder glaubt, dass eine Geschäftsbank Geld verleiht oder glaubt, dass eine Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes eine Inflation verursacht oder glaubt, dass Geld irgendwo netto erscheint und in der Volkswirtschaft "umläuft" oder "zirkuliert" oder glaubt, dass Gold im Goldstandard einen "intrinsischen Wert" hätte oder oder oder....

DAS sind Theorien, die regelmäßig an der Wirklichkeit zerschellen. Was Paul C. Martin gemacht hat, war etwas ganz anderes als Theorien aufzustellen und die Wirklichkeit in dieses Theoriekonstrukt zu pressen. Er hat sich einfach angesehen, wie die Dinge TATSÄCHLICH funktionieren und die Abläufe dann BESCHRIEBEN. Das war sein riesiger Verdienst! Und da ist er draufgekommen, dass die etablierte Ökonomie nur Sch… redet.

Ich sage mit keinem Wort, dass PCM mit seiner Theorie im Grundsatz falsch liegt. Ganz im Gegenteil. Für mich als Laien - und das bin ich auch noch nach dem Genuss diverser seiner Bücher - ist zwar vieles sehr einleuchtend und naheliegend, dennoch würde ich niemals auf die Idee kommen, dass dies nun der Weisheit absolut letzter Schluss sei.

PCM hat einen Fundus an Erkenntnissen zutage gefördert. Er war eines der Genies, welche die Basis legten. Die debitistische Beschreibung auszubauen, zu verfeinern, Ungenauigkeiten zu korrigieren usw. bzw. neue Schlüsse daraus zu ziehen. Das wird die Aufgabe kommender Generationen von Ökonomen sein, die sich von der Entenhausen-Ökonomie der etablierten Lehre verabschiedet haben.

Ich betone nochmals: 2007/2008 war jeder Debitist hier der Ansicht, dass das System nun absolut fertig sei. Das war es bewiesenermassen nicht. Auf 2007/2008 folgte die längste und grösste Hausse aller Zeiten. Somit kann der Debitismus im Kern gar nicht stimmen

Das hat mit dem Debitismus nichts zu tun, sondern mit der Vorstellungskraft was möglich oder unmöglich ist. Was die Staaten 2007/08 gemacht haben, war in der gesamten Geschichte der Menschheit einmalig und man lernt dazu, aber nichts was passiert ist, hat auch nur einen Hauch von Martins Beschreibung des Kapitalismus ins Wanken gebracht. Ich wiederhole: Absolut NICHTS!

da laut Debitismus 2007/2008 fertig hätte sein MÜSSEN.

Nix laut Debitismus. Laut PCM und laut vielen hier inklusive mir. Wenn du glaubst, der Debitismus kann dir das Datum des Crashs voraussagen, dann hast du etwas Grundlegendes daran nicht verstanden. Alles was er sagt ist: Die Nettoneuverschuldung muss stets am Laufen bleiben, sonst kommt der Crash!

Die "Ausrede" war, dass "völlig überraschend" die Spielregeln geändert wurden. Ab da kam bei mir die Erkenntnis, dass der Debitismus wohl vieles richtig erfasst, beschreibt und teilweise voraussagen kann

Was meinst du mit voraussagen? Der Debitismus steht wie ein Fels in der Brandung. Wenn dann ein Crash kommt, muss man sich fragen, ob der Staat das Ruder noch herumreißen kann und das Publikum tiefer in die Verschuldung treiben kann. Da müssen viele Dinge berücksichtigt werden, auch die Psychologie im Volk. Mit dem Debitismus als beschreibende Wissenschaft hat das nichts zu tun.
Außerdem ignorierst du alle Voraussagen, die eingetroffen sind, weil sie nichts mit der Frage "Kann noch irgendwo Kreditwachstum (und damit BIP-Wachstum) herkommen?" zu tun haben, sondern weil sie die innere Logik des Debitismus betreffen. "Die Zinssenkungen werden zu einer starken Inflation/Hyperinflation führen", habe ich jahrelang seit 2004, als ich anfing, mich mit Ökonomie zu beschäftigen, gehört. Der Debitismus hat von Anfang an klar gesagt, dass das Schwachsinn ist. "Die existierende Geldmenge wird irgendwann als starke Inflation/Hyperinflation durchbrechen" habe ich jahrelang auf libertären Seiten gelesen. Der Debitismus hat auch hier von Anfang an gesagt, dass das Schwachsinn ist. "Wenn erst die Leute das Vertrauen in die Währung verlieren, dann haben wir morgen früh eine Hyperinflation" - Schwachsinn. "Der Staat will sich durch die Notenpresse entschulden" - Schwachsinn. usw. usf.


Beste Grüße
Phoenix5


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