Entsimplifizierung

Ashitaka, Sonntag, 14.08.2022, 20:40 (vor 621 Tagen) @ tar2068 Views
bearbeitet von Ashitaka, Sonntag, 14.08.2022, 20:46

Hallo tar,

Brechen wir den Prozess mal herunter auf die Beteiligten A und B und vergleichen den Repo-Vertrag mit einem Kreditvertrag:

Kreditvertrag zwischen A (Schuldner) und B (Gläubiger):

- A belastet sein Vermögen (generell und explizit geforderte Sicherheiten) und verpflichtet sich zur Zahlung von X+y zu Termin T
- B belastet sein Vermögen (generell) und verpflichtet sich zur Zahlung von X zu Termin JETZT

Es entstehen 2 fixierte Nominalforderungen:

- Forderung von A gegen B über X, jederzeit fällig
- Forderung von B gegen A über X+y, fällig zu T

Klar.

Repo-Vertrag zwischen A (Halter des Wertpapiers) und B (Repo-Anbieter):

- A belastet sein Vermögen (explizit das Wertpapier) und verpflichtet sich zur Zahlung von X+y zu Termin T
- B belastet sein Vermögen (generell) und verpflichtet sich zur Zahlung von X zu Termin JETZT

Es entstehen 2 fixierte Nominalforderungen:

- Forderung von A gegen B über X, jederzeit fällig
- Forderung von B gegen A über X+y, fällig zu T

Wo liegt denn vom Ergebnis her der Unterschied?

A belastet sein Wertpapier aber nicht zwecks Sicherheitenstellung, sondern er verpfändet ein bis zum Ablauf keine sofortige Fälligkeit (ZBG) bietendes Wertpapier bis einen Tag vor Fälligkeit an die ZB. Die Rückgabe erfolgt als "Rückgabe einer vertretbaren Sache".

Bei einem Kredit nach dem KWG sind die zugrunde liegenden Sicherheiten (Beleihungswerte aus dem Sicherheitenvertrag) über die Vertragslaufzeit des Kreditvertrags (bis zur Rückzahlung) in Bezug auf ihre Werthaltigkeit zu gewährleisten (wegen des Vorgriffs auf die Zukunft).

Das sind zwei himmelweite Unterschiede.

Nein, es ist im Entstehungsaugenblick (gleichzeitig) und darüber hinaus spiegelbildlich immer nur ein Zentralbankguthaben der Geschäftsbank. Ohne zusätzliche Verschuldung (Kreditvertrag) kommt es nicht frei.


Gut, bis hierher kann ich dir noch folgen.

Und ein durch Kreditvertrag begründetes Geschäftsbankguthaben ist kein Geld, sowie die Banknote oder auch jede Münze nur eine Beurkundung von Geldeinheiten darstellt. Hatten wir damals X fach hier durchgekaut.


Das ist ziemlicher Kokolores, weil Tilgungen offener Forderungen (unter Privaten und auch ggü. öffentlichen Stellen) nicht allein durch Zentralbankguthaben erfolgen. Darin liegt ja gerade der Kern des Bankengeschäfts, siehe Steuart (1767), Cohen usw., die ausführlich dargelegt haben, dass die Banken geradewegs Forderungen ausweiteten, ohne simultan die sogenannte "Basis" (das Zentralbankguthaben/Gold/Bullion/YouNameIt) auszuweiten.

Klar, weil eben nicht alle Guthaben gleichzeitig in Anspruch genommen werden, sondern es immer nur sukzessive geschieht. Kokolores ist meine Erklärung deshalb aber nicht. Es handelt sich bei einer Überweisung von Geschäftsbankguthaben immer und ausschließlich um die Abtretungen von "Guthaben von Geld". Ob diese Abtretung vollzogen wird hängt ausschließlich davon ab, ob die das Geschäft besorgende Bank im Saldo aller Zessionen ausreichend Zentralbankgeld bereit halten kann.

Im Gegenteil: Kern ihres (Haftungs-)Vermögens bilden die offenen Forderungen ggü. ihren Kunden, wodurch sie im Stande sind, entsprechende Kreditgeschäfte unabhängig von der "Basis" auszuweiten und damit die allgemeine Wirtschaftstätigkeit. Noch deutlicher wird dies beim (Entstehen des) Wechsel(s) - bei dem sogar gänzlich ohne Banken Forderungen entstehen und getilgt werden.

Kreditgeschäfte sind die Basis (Kreditgeber ermöglicht dem Kreditnehmer "spätere Fälligkeit", Kreditnehmer erhält zwecks Bezahlung seiner dem Antrag zugrunde liegenden Schulden (z.B. hausbau) "sofortige Fälligkeit"). Keine Geschäftsbank ist in der Lage ihre Kreditgeschäfte ohne ausreichende Sicherheitenstellungen (und zwar die gesamte Vertragslaufzeit über) zu gewährleisten, geschweige denn auszuweiten. Eine Zentralbank juckt das nicht. Sie belastet ja nichts, sondern schmeißt der am Repo teilnehmenden GB das Wertpapier schon vor Fälligkeit (spätestens einen Tag davor) wieder vor die Füße.

Banknoten und Münzen usw. (eben auch Wechsel und jedwede Art von Guthaben) dokumentieren ein Vermögenseingriffsrecht gegen den Emittenten, konkreter: das Recht zur Schuldbefreiung ggü. selbigen. Daher sind sie (zur Tilgung bei diesem) gültig - sie sind "Geld". Anderenfalls können wir uns vom "Geld"-Begriff gänzlich verabschieden (wofür meiner Meinung nach einiges spricht, um die Sprachverwirrung zu reduzieren).

Umgangssprachlich wird das immer so bleiben. Rechtlich ist es schon immer anders gewesen, angefangen mit den Geschäftsbesorgungsverträgen der Kreditinstitute (Geld gut zu haben), bis hin zu den bunten Scheinchen und funkelnden Talern, auf denen lediglich das zur Bezahlung dienende Geld beurkundet (beziffert) wird. Umherlaufende Geldmengen gibt es nur umgangsprachlich. Es wird in Wirklichkeit nur Papier oder Metall mit Währungsfunktion (Wahrung der Bezifferung des Geldes) übertragen. Und die bieten - rein isoliert vom zweistufigen Zentralbanksystem betrachtet - im schlimmsten Fall gar keine Funktion ("Kevin: Gestern hat man mir gesagt ich kann mit der Hingabe meines blauen 20 Euroschein und grünen 5 Euroschein ein Steak bezahlen, heute geht das nicht mehr. Wieso?!").

Frag dich mal, was die Aktiva-Gegenposition der Geschäftsbank ist. Mit einer aktivierbaren Kreditforderung hat ein Anleihengeschäft ganz und gar nichts zu tun. Es entstehen durch Anleihengeschäfte keine zusätzlichen Geldsummen, nur per Kreditvertrag auf Geschäftsbankebene wird die Tür geöffnet bzw. rennen die Pferde zur Tränke.


Buchung: Anleihe an Verbindlichkeit ggü. Kunde X (= irgendeine öffentliche Stelle)

Du gehst hingegen davon aus, dass öffentliche Stellen ausschließlich Konten bei der Buba haben, was nicht der Fall ist.

Hab ich gar nicht geschrieben. Aber du hast derweil mit pbiger Buchung deinen Gedanken (Die Geldsumme hat zuvor ja eben nicht existiert und wird nun geschaffen) selbst widerlegt: Es wird im Zuge der Anleihenzeichnung nämlich keine dafür notwendige Kreditforderung bei der GB aktiviert, sondern nur ein Anleihenwert. Die für die Zeichnung der Anleihe notwendige Geldsumme war bereits vorher existent.

Ein Anleihengeschäft ist kein Kreditvertrag!

Herzlichst,

Ashitaka

--
Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung