"Geld", Buchen von Forderungen

tar ⌂, Gehinnom, Sonntag, 14.08.2022, 12:56 (vor 620 Tagen) @ Ashitaka2019 Views

A veri fajn gewd morning, sir!

nur kurz, da gleich Familienauslug angesagt ist:

Nur kein Stress... die Debatten dazu liegen ja mehr als 10 Jahre zurück. Das weiß ich deswegen relativ genau, weil ich damals an der dann hier veröffentlichten Thesis gearbeitet und entsprechend nachgeforscht hatte. Vieles ist indes wieder in Vergessenheit geraten und in den Untiefen der sehr schlechten Suchfunktion des Gelben und seiner Archive verschwunden. Dass mittlerweile auch etliche Lichtgestalten gestorben oder gegangen sind, macht es nicht einfacher, das alles wieder aufzudröseln.

Ich erinnere mich dahingehend auch ziemlich gut daran, dass es auch eine Debatte eben genau bzgl. der hier besprochenen Emission von Staatsanleihen und dem Ablauf der zugehörigen Kontobuchungen gab und die Quintessenz war meines Wissens nach, dass genau dadurch "Geld" erzeugt werden kann/wird - oder genauer: einfach Guthaben zugebucht wird, auch wenn der Gang der Geschäftsbank (mit der Anleihe) zur Zentralbank (zwecks Repo) nachgelagert erfolgt, da hier praktisch "vorgegriffen" wird. Etwas schwammig, ich weiß - ich schau mal, ob ich es schaffe, diese Debatte wiederzufinden.

Ja klar. Streng genommen (grundsätzlich) erwirbt die Zentralbank aber keine Wertpapiere (Staatsanleihen), sondern nimmt die Titel über die Laufzeit des Refinanzierungsgeschäfts (Repo-Geschäfts) nur als "notenbankfähige Sicherheit" in ihren Pfandpool rein. That's it.


Dieses Prozedere gleicht dann dem Kreditvertrag bei einer Geschäftsbank.


Nein, weder rechtlich, noch so interpretierbar. Das sind Versimplifizierungen des zweistufigen Zentralbanksystems. Diese muss man, wie Dottore und auch zahlreiche andere Diskutanten im EWF/GF anmerkten klar aber vor Augen haben:

Es wird den Kreditinstituten nur aus Haftungs-/Reservegründen ein Zentralbankguthaben mittels Repo eingeräumt. Es liegt kein Kreditvertrag zugrunde, es findet auf der Geschäftsbankebene seinen Weg zu keinem Kreditnehmer und es entfaltet damit auch nicht den bereits erklärten Vorgriff auf die Zukunft. Es entsteht immer und ausschließlich durch bereits im System vorhandene Geldsummen, die das dem Repo zugrundeliegenden Wertpapier (Staatsanleihe) begründen (ist also von der Vergangenheit abhängig). Der Kredit ist das exakte Gegenteil dessen.

Wie gesagt, ist jedwede Vermögensbewertung zukunftsbezogen. Wozu du auf weitere Kreditnehmer abzielst, ist mir daher unverständlich.

Brechen wir den Prozess mal herunter auf die Beteiligten A und B und vergleichen den Repo-Vertrag mit einem Kreditvertrag:

Kreditvertrag zwischen A (Schuldner) und B (Gläubiger):

- A belastet sein Vermögen (generell und explizit geforderte Sicherheiten) und verpflichtet sich zur Zahlung von X+y zu Termin T
- B belastet sein Vermögen (generell) und verpflichtet sich zur Zahlung von X zu Termin JETZT

Es entstehen 2 fixierte Nominalforderungen:

- Forderung von A gegen B über X, jederzeit fällig
- Forderung von B gegen A über X+y, fällig zu T

Repo-Vertrag zwischen A (Halter des Wertpapiers) und B (Repo-Anbieter):

- A belastet sein Vermögen (explizit das Wertpapier) und verpflichtet sich zur Zahlung von X+y zu Termin T
- B belastet sein Vermögen (generell) und verpflichtet sich zur Zahlung von X zu Termin JETZT

Es entstehen 2 fixierte Nominalforderungen:

- Forderung von A gegen B über X, jederzeit fällig
- Forderung von B gegen A über X+y, fällig zu T

Wo liegt denn vom Ergebnis her der Unterschied?

Sie aktiviert in ihrer Bilanz deshalb auch keine Wertpapiere (Staatsanleihen), sondern die Forderungen aus den Rückkaufvereinbarungen mit den Geschäftsbanken (EZB-Aktiva-Bilanzposition 5: Forderungen gg. Kreditinstitute). Demgegenüber passiviert sie ihre Verpflichtung zur Bereitstellung des Zentralbankguthabens (EZB-Passiva-Bilanzposition 2: Verbindlichkeiten gg. Kreditinstitute). Aus letzterer Passivierung wird übrigens deutlich, dass das Geld systematisch von Anfang an ein von Laufzeiten abhängiges Passivum darstellt.


Das ist zwar richtig, aber nur halbseitig erklärt, denn dieses Passivum (bei der ZB) ist gleichzeitig ein Aktivum (bei einer GB, einem Privaten oder einer öffentlichen Stelle).


Nein, es ist im Entstehungsaugenblick (gleichzeitig) und darüber hinaus spiegelbildlich immer nur ein Zentralbankguthaben der Geschäftsbank. Ohne zusätzliche Verschuldung (Kreditvertrag) kommt es nicht frei.

Gut, bis hierher kann ich dir noch folgen.

Und ein durch Kreditvertrag begründetes Geschäftsbankguthaben ist kein Geld, sowie die Banknote oder auch jede Münze nur eine Beurkundung von Geldeinheiten darstellt. Hatten wir damals X fach hier durchgekaut.

Das ist ziemlicher Kokolores, weil Tilgungen offener Forderungen (unter Privaten und auch ggü. öffentlichen Stellen) nicht allein durch Zentralbankguthaben erfolgen. Darin liegt ja gerade der Kern des Bankengeschäfts, siehe Steuart (1767), Cohen usw., die ausführlich dargelegt haben, dass die Banken geradewegs Forderungen ausweiteten, ohne simultan die sogenannte "Basis" (das Zentralbankguthaben/Gold/Bullion/YouNameIt) auszuweiten. Im Gegenteil: Kern ihres (Haftungs-)Vermögens bilden die offenen Forderungen ggü. ihren Kunden, wodurch sie im Stande sind, entsprechende Kreditgeschäfte unabhängig von der "Basis" auszuweiten und damit die allgemeine Wirtschaftstätigkeit. Noch deutlicher wird dies beim (Entstehen des) Wechsel(s) - bei dem sogar gänzlich ohne Banken Forderungen entstehen und getilgt werden.

Banknoten und Münzen usw. (eben auch Wechsel und jedwede Art von Guthaben) dokumentieren ein Vermögenseingriffsrecht gegen den Emittenten, konkreter: das Recht zur Schuldbefreiung ggü. selbigen. Daher sind sie (zur Tilgung bei diesem) gültig - sie sind "Geld". Anderenfalls können wir uns vom "Geld"-Begriff gänzlich verabschieden (wofür meiner Meinung nach einiges spricht, um die Sprachverwirrung zu reduzieren).

Staatsanleihen hingegen sind keine Kredite, sondern wie der Name schon sagt Leihen von immer und ausschließlich bereits vorhandenen Geldsummen. Da lassen sich viele blenden und meinen der Staat erhält hier Kredit.


Moment. Wenn eine Geschäftsbank einer öffentlichen Stelle aufgrund einer von ihr ausgegeben Anleihe ein Guthaben einräumt (hier eben durch Kauf seitens der Geschäftsbank), hat diese "Geldsumme" zuvor ja eben nicht existiert.


Frag dich mal, was die Aktiva-Gegenposition der Geschäftsbank ist. Mit einer aktivierbaren Kreditforderung hat ein Anleihengeschäft ganz und gar nichts zu tun. Es entstehen durch Anleihengeschäfte keine zusätzlichen Geldsummen, nur per Kreditvertrag auf Geschäftsbankebene wird die Tür geöffnet bzw. rennen die Pferde zur Tränke.

Buchung: Anleihe an Verbindlichkeit ggü. Kunde X (= irgendeine öffentliche Stelle)

Du gehst hingegen davon aus, dass öffentliche Stellen ausschließlich Konten bei der Buba haben, was nicht der Fall ist.

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Gruß!™

Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.


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