Fehlverständnisse

Ashitaka, Sonntag, 14.08.2022, 10:30 (vor 620 Tagen) @ tar2195 Views

Morgen tar,

nur kurz, da gleich Familienauslug angesagt ist:

Ja klar. Streng genommen (grundsätzlich) erwirbt die Zentralbank aber keine Wertpapiere (Staatsanleihen), sondern nimmt die Titel über die Laufzeit des Refinanzierungsgeschäfts (Repo-Geschäfts) nur als "notenbankfähige Sicherheit" in ihren Pfandpool rein. That's it.


Dieses Prozedere gleicht dann dem Kreditvertrag bei einer Geschäftsbank.

Nein, weder rechtlich, noch so interpretierbar. Das sind Versimplifizierungen des zweistufigen Zentralbanksystems. Diese muss man, wie Dottore und auch zahlreiche andere Diskutanten im EWF/GF anmerkten klar aber vor Augen haben:

Es wird den Kreditinstituten nur aus Haftungs-/Reservegründen ein Zentralbankguthaben mittels Repo eingeräumt. Es liegt kein Kreditvertrag zugrunde, es findet auf der Geschäftsbankebene seinen Weg zu keinem Kreditnehmer und es entfaltet damit auch nicht den bereits erklärten Vorgriff auf die Zukunft. Es entsteht immer und ausschließlich durch bereits im System vorhandene Geldsummen, die das dem Repo zugrundeliegenden Wertpapier (Staatsanleihe) begründen (ist also von der Vergangenheit abhängig). Der Kredit ist das exakte Gegenteil dessen.

Sie aktiviert in ihrer Bilanz deshalb auch keine Wertpapiere (Staatsanleihen), sondern die Forderungen aus den Rückkaufvereinbarungen mit den Geschäftsbanken (EZB-Aktiva-Bilanzposition 5: Forderungen gg. Kreditinstitute). Demgegenüber passiviert sie ihre Verpflichtung zur Bereitstellung des Zentralbankguthabens (EZB-Passiva-Bilanzposition 2: Verbindlichkeiten gg. Kreditinstitute). Aus letzterer Passivierung wird übrigens deutlich, dass das Geld systematisch von Anfang an ein von Laufzeiten abhängiges Passivum darstellt.


Das ist zwar richtig, aber nur halbseitig erklärt, denn dieses Passivum (bei der ZB) ist gleichzeitig ein Aktivum (bei einer GB, einem Privaten oder einer öffentlichen Stelle).

Nein, es ist im Entstehungsaugenblick (gleichzeitig) und darüber hinaus spiegelbildlich immer nur ein Zentralbankguthaben der Geschäftsbank. Ohne zusätzliche Verschuldung (Kreditvertrag) kommt es nicht frei. Und ein durch Kreditvertrag begründetes Geschäftsbankguthaben ist kein Geld, sowie die Banknote oder auch jede Münze nur eine Beurkundung von Geldeinheiten darstellt. Hatten wir damals X fach hier durchgekaut.

Etwas anders als bei den normalen Repo-Geschäften schaut es bei den neueren Ankaufprogrammen der EZB im Rahmen der Finanzkrisen aus. Hier werden gegen Zentralbankguthaben tatsächlich die Wertpapiere (Staatsanleihen) an die EZB veräußert (EZB-Bilanzposition 7 Wertpapiere in Euro von ansässigen im Euro-Währungsgebiet).


Ah, genau das wäre meine nächste Frage gewesen. Könnte diese die Zentralbank nicht auch für Tenderverfahren (und diesmal wirklich zur direkten Veräußerung) nutzen? Sind es vielleicht diese Wertpapiere, die in dem Artikel gemeint waren?

Nein, sie meinen die Schuldverschreibung.

Staatsanleihen hingegen sind keine Kredite, sondern wie der Name schon sagt Leihen von immer und ausschließlich bereits vorhandenen Geldsummen. Da lassen sich viele blenden und meinen der Staat erhält hier Kredit.


Moment. Wenn eine Geschäftsbank einer öffentlichen Stelle aufgrund einer von ihr ausgegeben Anleihe ein Guthaben einräumt (hier eben durch Kauf seitens der Geschäftsbank), hat diese "Geldsumme" zuvor ja eben nicht existiert.

Frag dich mal, was die Aktiva-Gegenposition der Geschäftsbank ist. Mit einer aktivierbaren Kreditforderung hat ein Anleihengeschäft ganz und gar nichts zu tun. Es entstehen durch Anleihengeschäfte keine zusätzlichen Geldsummen, nur per Kreditvertrag auf Geschäftsbankebene wird die Tür geöffnet bzw. rennen die Pferde zur Tränke.

Herzlichst,

Ashitaka

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