Repo und Kreditvertrag, "Geld"

tar ⌂, Gehinnom, Sonntag, 14.08.2022, 02:20 (vor 622 Tagen) @ Ashitaka2102 Views

Ahoi,

Ja klar. Streng genommen (grundsätzlich) erwirbt die Zentralbank aber keine Wertpapiere (Staatsanleihen), sondern nimmt die Titel über die Laufzeit des Refinanzierungsgeschäfts (Repo-Geschäfts) nur als "notenbankfähige Sicherheit" in ihren Pfandpool rein. That's it.

Dieses Prozedere gleicht dann dem Kreditvertrag bei einer Geschäftsbank. Da befindet sich die Sicherheit (bspw. die eingetragene Grundschuld) auch innerhalb der aktivierten Forderung der Geschäftsbank ggü. ihrem Schuldner, wird aber selbst nicht aktiviert. Sie bildet stets nur ein potentielles Vermögenseingriffsrecht beim Kreditausfall. Das wundert mich hier jedoch, da somit eben nicht explizit ein Kaufgeschäft (inkl. terminierten Rückkauf), sondern, wie Beo2 anmerkte, ein reines Kreditgeschäft (mit üblichem Termin) stattfindet. Hier scheint es folglich an sich erstmal keinen Unterschied zu geben, außer dass die Haftungsmasse des Schuldners auf das konkrete Wertpapier selbst begrenzt ist. Kann man das so vereinfacht darstellen?

Sie aktiviert in ihrer Bilanz deshalb auch keine Wertpapiere (Staatsanleihen), sondern die Forderungen aus den Rückkaufvereinbarungen mit den Geschäftsbanken (EZB-Aktiva-Bilanzposition 5: Forderungen gg. Kreditinstitute). Demgegenüber passiviert sie ihre Verpflichtung zur Bereitstellung des Zentralbankguthabens (EZB-Passiva-Bilanzposition 2: Verbindlichkeiten gg. Kreditinstitute). Aus letzterer Passivierung wird übrigens deutlich, dass das Geld systematisch von Anfang an ein von Laufzeiten abhängiges Passivum darstellt.

Das ist zwar richtig, aber nur halbseitig erklärt, denn dieses Passivum (bei der ZB) ist gleichzeitig ein Aktivum (bei einer GB, einem Privaten oder einer öffentlichen Stelle).

Ich verstehe fixierte Nominalforderungen, die allgemein umlauffähig sind, als "Geld". Das impliziert natürlich per se eine Verschuldung (und damit Termine und Laufzeiten). Das tue ich aus dem Grunde, weil grundsätzlich aus jedem Kauf (und natürlich auch Kredit) eine fixierte Nominalforderung hervorgeht, die mindestens zur Schuldenbegleichung (also zur Zahlung) gegenüber demjenigen dient, gegen den sich diese Nominalforderung richtet. Dokumentiert man diese Forderung kann man diese folglich mindestens an jene zur Schuldbegleichung (Zahlung) weiterreichen, die Schuldner desjenigen sind, gegen den sich diese Forderung richtet. Damit diese Nominalforderung nun allgemein umlauffähig (kurant) wird, bedarf es weiterer Haftungskriterien (weitere Haftende/Bürgen, Sicherheiten/Sicherungen). Je nachdem, wie "gut" diese sind (also möglichst ausfallsicher, hinreichend wertstabil, vollstreckbar), so "gut" ist dann auch diese Nominalforderung, sprich: das "Geld". Im Detail dazu nochmal, was eine Nominalforderung zu einem Zahlungsmittel macht (auch die Antworten von BillHicks und MM).

Dieses Prozedere findet seit den allerersten Privatbanken in der Antike Anwendung und lässt einen klaren abgrenzbaren Begriff von "Geld" zu: etwas zur Tilgung Gültiges. Damit sind alle Guthaben inbegriffen, bspw. auch jene bei Paypal, aber vor allem sämtliche Zentralbank- und Geschäftsbankenguthaben, usw. Ferner lässt es sich vom Zahlungsmittel (dem in der Nominalforderung eigentlich Gefordertem - dies führt zur Crux der "Geldhierarchie") abgrenzen, ist aber selbst natürlich auch Zahlungsmittel. Es lässt sich auch von der Abgabe trennen, die gefordert wird. Es ist gänzlich ent-ding-licht und legt damit schlagartig den Fokus auf das Vermögenseingriffsrecht, das hinter jedem Guthaben und Geldschein steht.

Etwas anders als bei den normalen Repo-Geschäften schaut es bei den neueren Ankaufprogrammen der EZB im Rahmen der Finanzkrisen aus. Hier werden gegen Zentralbankguthaben tatsächlich die Wertpapiere (Staatsanleihen) an die EZB veräußert (EZB-Bilanzposition 7 Wertpapiere in Euro von ansässigen im Euro-Währungsgebiet).

Ah, genau das wäre meine nächste Frage gewesen. Könnte diese die Zentralbank nicht auch für Tenderverfahren (und diesmal wirklich zur direkten Veräußerung) nutzen? Sind es vielleicht diese Wertpapiere, die in dem Artikel gemeint waren?

Dann fliegen meine Äugelein über den Punkt 4 der Passiva: Schuldverschreibungen seitens der Zentralbank. Kling irgendwie abstrus, könnte aber meiner Ansicht nach ein Instrument zur Fremdwährungsbeschaffung sein.

Das ist keine Veräppelung. Ich war/bin gerade echt bissl verwirrt.


Wir schreiben / reden hier halt viel zu selten drüber.

In der Tat fehlt es an Grundsatzdebatten. Die letzten Jahre haben dem Gelben nicht gerade gut getan.

Exakt. Die Basis aller wertpapiertechnischen Laufzeiten im System sind die Kreditgeschäfte. Jemand will sich schuldig machen (Hauskauf, Unternehmerisches Vorhaben), hat aber heute und auf viele Jahre gesehen gar keinen so hohen Geldzufluss um die Schuldsumme aus dem Kaufvertrag/Investment zu begleichen. Deshalb wendet sich dieser Jemand an sein Kreditinstitut, gibt z.B. sein Haus als Sicherheit her und erhält nach positiver Bonitätsprüfung (Cash Flow ausreichend um den zukünftigen Zins-/Tilgungsdienst zu leisten) die beantragte Geldsumme (= summentechnisch sofortige Fälligkeit) gegen Kredit (=summentechnisch viel spätere Fälligkeit).

Jep, zwei fixierte Nominalforderungen zu unterschiedlichen Fälligkeiten und mit unterschiedlicher Besicherung.

Wozu dieser Ausflug zur Kredit-Basis?

Via Kreditinstitute greifen wir systematisch auf die Zukunft vor und ermöglichen es dem Kreditnehmer ein gegenwärtiges Potential (eine schuldbefreiende Geldsumme) zu erlangen, welches er ohne Kredit sehr lange Zeit gar nicht begründen könnte.

Vermögenswerte werden grundsätzlich anhand einer eingeschränkt kalkulierbaren, aber per se unsicheren Zukunft bewertet.

Staatsanleihen hingegen sind keine Kredite, sondern wie der Name schon sagt Leihen von immer und ausschließlich bereits vorhandenen Geldsummen. Da lassen sich viele blenden und meinen der Staat erhält hier Kredit.

Moment. Wenn eine Geschäftsbank einer öffentlichen Stelle aufgrund einer von ihr ausgegeben Anleihe ein Guthaben einräumt (hier eben durch Kauf seitens der Geschäftsbank), hat diese "Geldsumme" zuvor ja eben nicht existiert.

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Gruß!™

Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.


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