Das Problem der Schweiz ist die SNB, die bei korrekter Bewertung schon jetzt praktisch kein Eigenkapital mehr hat

Diego2, Montag, 08.03.2021, 15:33 (vor 1135 Tagen) @ Zürichsee6264 Views

https://www.snb-beobachter.ch/

Marc Meyer Dr.


Die SNB vermeldet einen voraussichtlichen Gewinn von 21 Milliarden Franken.

Bravo! Wirklich?

Schauen wir uns das Portfolio der SNB etwas genauer an: Die Devisen haben um fast 100 Milliarden auf fast 900 (!) Milliarden Franken zugenommen, und das, obwohl der Dollar in dieser Zeitspanne um fast 10 Prozent abgewertet hat (der Euro ist praktisch unverändert geblieben).

Die SNB schlüsselt nicht auf, wie sie die Devisenanlagen investiert hat. Ein grosser Teil entfällt auf ausländische Staatsobligationen und der Rest auf Aktien. Ist es aber die Aufgabe der SNB gemäss Bundesverfassung, ausländische Börsen zu stimulieren?

Ich denke: Nein.

Begründen tut die SNB ihre absurd hohen Auslandinvestitionen mit der angeblich notleidenden Exportindustrie – dabei eilt diese von Rekord zu Rekord; und die SNB wurde dieses Jahr von den USA bereits auf die schwarze Liste der Währungsmanipulatoren gesetzt.

Dürften sich die USA mit der neuen Regierung beruhigen? Ich denke kaum. Denn der grosse Druck auf die Schweizer Banken durch die USA fand nicht während der Amtszeit der Republikaner statt, sondern der Demokraten.

Trotzdem hat die SNB dieses Jahr fleissig weiter Devisen zugekauft – sie hat sich von der Bundesverfassung abgekoppelt, wonach sie im Gesamtinteresse des Landes investieren muss. Und dass die Ankurbelung von ausländischen Volkswirtschaften durch die SNB im Gesamtinteresse der Schweiz sei, wird wohl kaum jemand ernsthaft behaupten.

Die SNB hat auf ihren Fremdwährungspositionen 13 Milliarden verdient. Da die Devisenkurse per Saldo fielen, sind die Gewinne also auf den internationalen Obligationen- und Aktienmärkten angefallen.

Das Beispiel des Dow Jones bzw. S&P500 ist wohl das bekannteste. Massive Stützungskäufe der Zentralbanken, insbesondere der SNB stützten diesen Markt nach dem Covid-Einbruch. Die Gewinne der SNB beruhen also zu einem grossen Teil auf den Käufen der SNB selber.

Zudem SNB-Jordan sagte dieses Jahr auch, der Franken stünde «ganz woanders» ohne die Interventionen der SNB. Die SNB hat also nicht nur den Wert der Devisen in ihrem Portefeuille nach oben gedrückt, sondern auch der Aktienkurse.

Angenommen, der Franken notierte aufgrund der SNB-Interventionen 20 Prozent tiefer, so bedeutete das, dass die SNB-Devisen um 20 Prozent überbewertet sind. Bei 900 Milliarden Devisen bedeutete das ferner, dass das Eigenkapital der SNB um 180 Milliarden vermindert werden muss.

D.h. die SNB hat schon jetzt null Eigenkapital.

Dasselbe gilt für die Obligationenkurse: Die Zentralbanken weltweit kaufen Staatsanleihen von Staaten minderer Qualität, um diese zu finanzieren. Das spielt auch unserer SNB in die Hände, welche auf ihrem Obligationen-Portefeuille schöne Gewinne einfährt.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass das Portefeuille der SNB nicht korrekt bewertet ist. Die SNB kann zu den herrschenden Kursen nicht verkaufen. Verkauft sie, so droht unweigerlich ein Kurszerfall und damit negatives Eigenkapital der SNB.

Wie finanzieren die SNB und die anderen Zentralbanken diese Käufe? Mit «Geld aus dem Nichts», wie unser SNB-Chef Jordan naiv verkündet? Mitnichten. Diese werden finanziert mit Krediten der Banken in Form von sogenannten Giroguthaben. Das ist Fremdkapital, welches auf Sicht fällig wird.

Zu meinen, die SNB müsse dieses Fremdkapital nie zurückzahlen, wie SNB-Jordan oder UBS-Axel Weber behaupten, ist noch naiver. Die SNB müssen die Zahlungsaufträge der Banken jederzeit auf Sicht erfüllen können – so wird das Geld durch die SNB zurückbezahlt.

Bei negativem Eigenkapital kann die SNB das nicht mehr und ist deshalb zahlungsunfähig (das hat leider auch unser Bundesrat noch nicht bemerkt, der gutgläubig behauptet, die SNB könne nie illiquide werden, da sie die eigene Liquidität immer selber herstellen könne).

Die grosse Tragik der SNB-Bilanzausdehnung ist also die, dass die SNB nicht einmal weiss, dass sie Schulden macht, obwohl sie für jede Bürgerin / Bürger bereits rund 100'000 Franken Schulden gemacht hat, um auf ausländischen Finanzmärkten damit zu zocken.

Warum geben die Banken der SNB denn eigentlich noch Kredite? Weil auch sie noch nicht bemerkt haben, dass die SNB konkurs gehen kann (siehe SNB-Jordan / UBS-Weber).

In den Medien werden nun verschiedenen Möglichkeiten herumgeboten, wie die SNB «den Beizen» oder «Corona-Opfern» unter die Arme greifen könnten. Anonyme SNB-Trolle versuchen verzweifelt, dagegen zu halten mit Argumenten wie: «Wir brauchen die SNB Reserven zu Abfederung eines kommenden Crashs an den Aktienmärkten» usw.

Aber ist es tatsächlich die Aufgabe der SNB, einen Aktiencrash abzufedern? Ist das ihr Auftrag gemäss Bundesverfassung? Ich denke, die SNB sollte zuerst die inländische arbeitende Bevölkerung berücksichtigen bevor sie internationalen Grossinvestoren zu Hilfe eilt.

In den 90er Jahren zahlte die SNB ca. 5 Mio Franken pro Jahr an die Kantone. Damals (1996) trat ich vor die GV der SNB in Bern und forderte, die SNB solle ihre ausstehende Geldmenge marktgerecht verzinsen – als ca. 2 Milliarden ausschütten.

Ich sagte auch, die SNB solle in Aktien investieren dürfen. Allerdings ging ich insbesondere von Investitionen, finanziert mit Eigenkapital und von Inlandinvestitionen aus; nicht aber von Auslandinvestitionen, finanziert mit Schulden.

Für die SNB gibt es kaum mehr einen Ausweg. Wie will sich die SNB von ihrem Devisenberg trennen? Aufgrund des Handelsbilanzüberschusses der Schweiz dürfte der Franken wieder aufwerten, insbesondere gegenüber dem Dollar.

Zudem kann eine grössere Korrektur an den Aktienmärkten jederzeit eintreten. Die schwachen Marktteilnehmer werden dann aus dem Markt gedrängt. Da die SNB ihre Investitionen mit Fremdkapital finanziert gehört sie zu den schwachen Marktteilnehmern.

Im Falle von negativem Eigenkapital der SNB müssen dann ihre kreditgebenden Banken Wertberichtigungen auf ihren Guthaben bei der SNB vornehmen und können dann aufgrund der SNB selber konkurs gehen.

Aus Unvermögen und Sturheit hat sich die SNB in eine Falle begeben, aus der sie kaum mehr herauskommt.

Marc Meyer, SNB-Beobachter, 9.1.2021

Gruss diego


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