"was noch fehlt, ist die Vorfinanzierungs-Problematik"

Silke, Samstag, 16.03.2019, 00:07 (vor 1831 Tagen) @ Phoenix54007 Views
bearbeitet von Silke, Samstag, 16.03.2019, 01:04

sie gehört bekanntlich zum Kern debitistischen Denkens dazu, wie der Zwang von Steuern, von Nachschuldnern, das Aufschulden bis zur Überschuldung und der Machtkreislauf auch, lieber Phoenix5,

Diese naiven
Fragen
an Paul C. Martin waren der Inhalt meines ersten Postings in
diesem Forum.

Schon damals war die Antwort im Kern "Netto gibt es nichts" ergo basiert alles in unserer Gesellschaft auf Verschuldung – Debitismus.
Das muss vorfinanziert werden.
"Die Vorfinanzierung ist ein vor Machtentfaltung notwendiges Schuldverhältnis (sozusagen Einkauf der Waffen und Waffenträger), keine Erfüllung eines Schuldverhältnisses aus dem, was es noch zu erobern gilt."

Was genau fehlt? ("Lücke")

Die laufende und wachsende Vorfinanzierung, d.h. die Ausgaben, die getätigt werden mussten und müssen, bevor Einnahmen vorhanden waren und sind, aus denen sie getätigt werden konnten und getätigt werden können. 1x1 des Debitismus.
@Ashitaka

Das gilt nicht nur für die Vorfinanzierung der Macht sondern für jeden Prozess/ jede Struktur im Debitismus - er/sie entsteht aus einem Schuldverhältnis, das nicht aus dem erfüllt werden kann, was der Prozess/die Struktur erbringt.

10 Jahre sind seither vergangen und in all diesen Jahren hat
mich der Debitismus nie losgelassen, weil ich instinktiv ahnte, dass er mir
den Schlüssel zum Begreifen der Menschheitsgeschichte, abseits
ideologischer Schablonen, am Silbertablett serviert, solange ich nur den
Willen habe, ihn verstehen zu wollen.

Das sehe ich auch so.[[top]]

Habe ich den Debitismus heute zu 100%
intus? Nein! Aber ich habe das Gefühl nah genug dran zu sein, um das Thema
für mich abschließen zu können.

Ok. Jeder sollte seinen Weg gehen.

Das große Problem an der Sache ist, dass wir alle eine unterschiedliche
Sprache sprechen. Ich, als Nicht-Ökonom, tat mir mit PCMs Sprache sehr
schwer und mein Ziel war es immer, die Dinge für einen Ökonomie-Laien,
wie ich selbst einer war und im Prinzip auch noch bin, verständlich
aufzubereiten und auch wenn die 3. Ausgabe meines Buches immer noch kleine
Fehler, darunter einen Flüchtigkeitsfehler enthält (man merkt das immer
erst, wenn es in den Druck geht), bin ich insgesamt, als Perfektionist,
zufrieden mit dem Ergebnis.

Es ist ja auch lesenswert.

In diesem Text geht es mir viel mehr darum, zu zeigen, dass man beim
grundsätzlichen Verständnis nicht immer bei PCM nachschlagen muss. Man
kann sich trauen, die Dinge selbstständig durchzudenken, denn so schwer
ist die Sache nicht, wenn sich der Nebel mal gelichtet hat.

Gelichteter Nebel? Wo?

Am Ende haben
sich für mich 3 Fragen herauskristallisiert, die für das Verständnis
debitistischer Problemstellungen die Quintessenz bilden:

1) Wer schuldet?

Sekundär in einem ZMS/Staat die Schuldner den Gläubigern (Eigentumsökonomik).
Primär alle Systemelemente der Zentralmacht und die Zentralmacht den Systemelementen (Machttheorie).

2) Wer leistet für die offene Schuld?

Die genannten oder ihre Bürgen/Vertreter/Haftungsträger oder Nachschuldner, wenn die Schulden nicht ausgebucht werden weil die Schuldner verreckt sind.

3) Wo wird die Leistung bewertet? Am Markt (= Kapitalismus), ohne Markt (=
Sozialismus, d.h. Leistung wird nachträglich fiktiv mit Geldeinheiten
„gedeckt“, was Geld zu einem Gutschein macht)

Im System.
Jede Bewertung ergibt sich aus den Terminen die auf die Bewertenden und die zu Bewertenden im Zeitablauf so zu kommen.

Es ist eben nicht so, dass ich mir meine Antworten hier aus dem Ärmel
schüttle, weil ich ökonomisch so gefestigt bin. Vielmehr erfordern sie
oft Denkarbeit, wo ich wieder auf Dinge draufkomme, die ich zuvor noch
nicht oder nicht ausreichend beachtet habe. Ein aktuellstes Beispiel ist
Nacladors Posting
hier.
Ich hoffe du bist mir nicht bös Naclador, dass ich dieses bringe. Es
gefällt mir einfach zu gut. Er beschreibt eine Form der BGE-Finanzierung,
die rein monetär keine Wünsche offen lässt und im ersten Moment
scheinbar mit dem Debitismus in Einklang zu bringen ist:

„Für den Debitismus kommt es nur auf die Potentialdifferenz an: Geld
muss gegen Schuld generiert und woanders zur Begleichung einer Schuld
wieder eingesammelt werden. Anstatt aber das Geld durch herkömmliche
Giralgeldschöpfung zu erzeugen, könnte man auch einen Teil der Geldmenge
so schöpfen, dass man die Kohle als BGE austeilt und die zugehörigen
Schulden denjenigen auferlegt, bei denen das Geld letztlich landen wird,
also den Eigentümern von Produktionsmitteln. Ich schreibe "einen Teil" der
Geldmenge, weil natürlich alle Wirtschaftsteilnehmer trotzdem weiterhin
die Möglichkeit der Kreditaufnahme zur Vorfinanzierung ihrer Produktion
benötigen.
Klar bleibt für den Staat das Vorfinanzierungsproblem, und die Schulden
werden im Zeitverlauf anwachsen wie immer, weil der Staat nie das gesamte
Geld wieder herein bekommen kann (und darf!), aber der Debitismus sollte
weiter genauso funktionieren wie gehabt.“

Gehen wir das mal durch. Ich breche es mal auf die Fakten herunter:

Staat verschuldet sich und gibt A Geld, damit er bei B einkaufen kann.

So stemmt ein Staat auch heute den grössten Teil der durch ihn verursachten Kosten.
Deshalb sind die öffentlichen Hände heute mit ex- und impliziter Verschuldung alle jenseits von gut und böse.
Die Grössenordnung ist doch heute bei 0-Zins oder Minus-Zins egal.
Sie hat sich schon in den letzten Jahrzehnten ver-xx-facht, also was soll's.

Danach
nimmt Staat dem B das Geld (oder einen Teil) wieder weg und tilgt seine
ursprüngliche Schuld (oder einen Teil der ursprünglichen Schuld).

Nein.
Er tilgt natürlich nicht.
Er verschuldet sich immer weiter.
Das bisschen, was er per Steuer weg nimmt dient nur zur Besicherung seiner Aufschuldungsfähigkeit – Vertrauensbildung in seine Fähigkeit, nicht an seinen Staatsschulden zu verenden sondern immer weiter aufschulden zu können.

Alle
Forderungen des Debitismus erfüllt oder? Nein, leider nicht.

Welche denn nicht?
Steuern werden weiter wie verrückt eingetrieben... natürlich abzüglich negativer Kopfsteuer (BGE).
Wo verschwindet denn da Leistungsdruck?
Jeder, der hat, versucht weiter sein Eigentum zu verteidigen indem er malocht bis zum Umfallen.
Wer nicht hat möchte gern haben und braucht dafür Kredit mit Minuszins. Dafür muss er aber kreditwürdig sein.

Man kann das Beispiel auch verkürzen, dann wird die Lösung noch
einleuchtender:

Staat nimmt Kredit auf und konsumiert selbst bei B (ohne Umweg über A).

Das macht er doch heute auch mit seinem Verkauf von Staatsanleihen.
Die wird er genau so los wie ohne BGE weil der Zins entsprechend positiver ist als der Minuszins im Umfeld bzw. weil die üblichen Verdächtigen Staatsanleihen kaufen wollen und/oder müssen.

Dann nimmt er ihm das Geld (oder einen Teil des Geldes) wieder weg

Ja, wie immer.

und
tilgt seine Schuld (oder einen Teil der Schuld).

Nein, wie immer.

Und jetzt wenden wir obige
Fragen auf dieses Beispiel an:

Wer schuldet? Antwort: Der Staat

Immer noch die gleichen wie oben.

Wer leistet? Antwort: Keine Ahnung. Jedenfalls nicht der Staat.

Immer noch die gleichen wie oben.

Wo wird die Leistung bewertet? Antwort: Frage hinfällig, da keine
Leistung vorhanden.

Immer noch wie oben.

Wenn alle Zinsen unter 0 sind, dann sind die Leute, die sich nicht auf Teufel komm raus Kredite (natürlich nur gegen Rückzahlungsversprechen und Sicherheiten!) verschaffen können, die Gekniffenen - sie können nicht von den schönen Minus-Zinsen profitieren weil sie keinen Kredit bekommen.
Also werden sie hochaktiv und geschäftstüchtig, dass sie kreditwürdig werden, der Kapitalismus kann brummen, wie noch nie...GRÜNDERZEIT!

Aber das Geld wird doch wieder aus dem System gezogen. Wo ist also das
Problem? Das Problem ist, dass hier zusätzlich zur herkömmlichen
Nachfrage plötzlich jemand mit frisch gedrucktem Geld daherkommt und eine
weitere Nachfrage in die Welt setzt.

Na und? Nachfrage ist doch prima.
Neuverschuldung ist doch gut - sie hilft den Altschuldnern aus der Patsche.
Man muss halt nur kreditwürdig werden um geschäftstüchtig und damit steuerpflichtig sein zu können.
Schwarzarbeiter, Kriminelle und andere Hängemattennutzer haben davon dann nix.
Wenn sie keine Steuern zahlen gibt es auch kein BGE.
Da wird kein Geld gedruckt sondern am Ende mehr Kredit vergeben, weil alle Kredit haben wollen bei Minus-Zinsen und Gründerboom.

In Verbindung mit Vermögens-, Erbschafts-, Einlagen-, Bargeld-, oder Systemrettungssteuer (oder sonstwelchen Sonder- und Spezialsteuern) wird jeder, der bei Verstand ist investieren in steuerbefreite/-reduzierte oder subventionierte Investitionsmöglichkeiten.
Dafür braucht es halt Bargeldabschaffung/-besteuerung und Vermögensoffenlegung zur Besteuerungsoptimierung.

Was wird also B machen? Er wird die
Preise erhöhen.

Kann er in der jetzigen DeDe nur bei Monopolpreisen.
Und wenn es wirklich inflationärer als die angepeilten 2 % werden sollte - na und?

Hyperinflation kommt nur durch staatliches Gelddrucken.
Dieser Tatbestand ist mit einem BGE als negative Kopfsteuer nicht erfüllt.

Und diese Bewertung bleibt bestehen – auch wenn das Geld
hernach wieder sterilisiert (oder teilsterilisiert) wird. Und das wiederum
bedeutet, dass die Steuer in der nächsten Runde mit entwertetem Geld
bezahlt wird,

Nichts neues unter der Sonne.
Das war so, das ist so und das wird so bleiben - wo ist das Problem im Vergleich zu unseren aktuellen Problemen heute?
Was ist den eine beherrschbare (da über die Kopfsteuer regulierbare) inflationäre Entwicklung gegen eine erwachsen werdende deflationäre Depression?

Kreditwürdige (und nur die!) bekommen Kredite und wollen die auch weil sie (auch) von den Minuszinsen profitieren wollen und vor allem investieren wollen um den ganzen Steuern auf Eigentum und Ansprüche zu entgehen.
Und alle die Steuern zahlen müssen (und das werden dann die meisten Bürger sein) bekommen eine negative Kopfsteuer zuerkannt deren Größenordnung sich nach dem Zustand des Systems richtet - bei Boom weniger, bei Doom mehr.
Die übrig bleibenden sonstigen Bedürftigen bekommen Sozialleistungen nach Anspruch wie immer.
Also wirklich schlechter wird durch so ein von @pigbonds vorgeschlagenes und beschriebenes Instrument „BGE=negative Kopfsteuer“ nichts aber es bietet Chancen, wenn man das System nicht krachen lassen will.

d.h. der Staat muss nun zusätzlich zur Tilgung (oder
Teiltilgung) seiner BGE-Schuld

Macht er doch nicht...
Er tilgt doch nicht wie immer, er schuldet doch nur auf wie immer.

die Steuer erhöhen

Er muss neu strukturieren. Steuern auf Eigentum, Erbe, Vermögen, Ansprüche und Konsum und weniger auf Einkommen.

(Machttheorie, ich hör dich klopfen!)

Wirtschaft ist nur Mittel zum Zweck – Steuerpflichtige verschaffen sich Abgabemittel.
Wer, wieviel, wann und wofür wird vom Zwingherrn festgelegt.
Der Machtkreislauf muss schnurren.
Und der würde schnurren...
...Aufschulden, Konsumieren, Besteuern, Redistribuieren...

Wer hat also den ganzen Spaß bezahlt? Antwort: Alle!

Wie eh und je...
Bezahlen werden wie schon immer die Scheiternden, die in "weit weit weg" und die kommenden Generationen und anderen Lebewesen = Schulden werden externalisiert und über die Fallierenden ausgebucht.
Was genau wäre da anders als jetzt.
Die Erfolgreichen dürfen weiter erfolgreich rödeln und merken nix, bis sie das per Opferung von Gesundheit, Zeit und Potential in der Jugend und Lebensmitte zusammengeraffte Eigentum zunehmend wieder rausrücken müssen für teure Therapien, Pflegeheime und ihren fürsorglichen Staat mit seinen immer mehr, immer teureren und immer unterhaltsameren Politikern und Lobbyisten und ihren Heldentaten in Brüssel und Berlin.

Wenn wir das Beispiel noch weiter verkürzen, brauchen wir hierfür keinen
Umweg über Geld mehr. Der Staat sagt einfach zu B: Gib mir Waren! Ende. B
gibt dem Staat Waren, die nun allen anderen fehlen.

Das ist eben gerade das, was niiiieee gemacht werden darf.
Der Bürger darf nie erkennen, das er von der Institution Staat gleichzeitig zum Gläubiger, Schuldner und Verlierer auf Dauer (mit der Option eines Gewinners für kurze Zeit) gemacht wird - dann geben die Hamster und Schafe ja auf und der Machtkreislauf kommt zum erliegen, die gesamte Überschuldung des Systems als Ganzes und die Machtlosigkeit der Regierung würde sofort offensichtlich werden – keine weitere Aufschuldung mehr - Ende.

Die Bürger brauchen ihr garantiertes Eigentum und ihre garantierten Rechte und ihre garantierten Hoffnungen wie heute auch in BRD, so wie ein Sklave halt seine Ketten braucht um nicht in Versuchung zu geraten, einfach daran zu denken, weg zu laufen.

Für die
Zukunft des Forums würde ich mir wünschen,
dass das Thema
Debitismus mit der Thermodynamik verknüpft wird
bzw. der
Debitismus/die Machttheorie als eine Unterkategorie der Thermodynamik
verstanden wird.

Yepp.

Wenn ich daran denke, habe ich dasselbe Gefühl, wie
damals, als ich begann, mich mit dem Debitismus zu beschäftigen: Wer das
schafft,

...wird uns wieder einen Schritt weiter bringen wenn wir das überhaupt noch wollen.
Wie erholsam und einlullend ist da doch eine schöne Simulation, VT oder einfach mal ein Dampf ablassen gegen „die da, die man mal so richtig müsste...“

Wir hängen ja hier im Forum teils noch im Tauschparadigma, ansonsten lose in den Seilen der Eigentumsökonomie und haben die Machttheorie immer noch nicht wirklich drauf, geschweige denn Simulationstheorie, Systemtheorie und andere spannende Aspekte.
"Der Ursprung aller Macht ist das Wort, die Ausrichtung einer Anzahl von Gehörigen und ihre fortane Umkreisung des Wortes als eine ordnende Vorstellung der Welt. Es fing mit der Gefolgschaft an und hört beim völligen Verlust der Realität auf (Simulationstheorie)."
@Ashitaka

Aber vielleicht ist das auch immer mehr egal, weil die thermodynamischen Systeme machen, wie debitistische Systeme auch (eigentlich das Gleiche), sowieso was sie müssen, egal ob man sie nun versteht.

Lebewesen müssen sich, wie andere Systeme auch, lebenslang Negentropie verschaffen und zusehen, dass sie die während ihres Lebens/Seins entstehende Entropie los werden, bis sie es nicht mehr schaffen und am Entropieüberschuss sterben/enden (und zwar alle Zellen/Elemente, die einen ein bisschen früher und schneller, die anderen ein bisschen später und langsamer).

Zentralmachtsysteme verschaffen sich per eigener Verschuldung das Potential der gewaltsam ausgerichteten, individualisierten und hoffenden Systemelemente und die Ressourcen, derer sie habhaft werden können (Negentropie), bis sie das mit ihrer Macht/ihrer Potentialität nicht mehr schaffen und an Überschuldung (Entropieüberschuss) sterben, und zwar mit Mann und Maus, mit Milliardär und Miesewicht.

That's all...
Keine Chance für den Kühler vom @Kurt.

der liefert diesmal nicht nur eine Erklärung der
Menschheitsgeschichte, sondern eine Erklärung der Welt. Ich habe dafür
– da bin ich ehrlich - weder die geistige Anspannung, noch den
Lernwillen.

Verständlich.[[herz]]

Liebe Grüße
Silke


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