An alle Goldbugs: Wie würde eine Gold-Währung oder eine Gold gedeckte Währung funktionieren?

Morpheus ⌂, Sonntag, 16.04.2023, 17:33 (vor 378 Tagen)3767 Views

Hallo Goldbugs.

Es gibt hier im DGF und überall im Netz z.B. die Herren Krall/Eichelburg und jede Menge weiterer Leute, die über die Wiedereinführung einer Gold- oder Gold gedeckten Währung fantasieren. Ich möchte, dass mir die Vertreter dieser Richtung ein paar Fragen, zur praktischen Umsetzung erklären.

Ich war 2008 auch auf diesem Trip, wollte sogar Software dafür entwickeln. Was sich als sehr hilfreich herausstellte, weil man dafür die Details stärker durchdringen muss. Ich verstehe deshalb nicht, wie eine solche Gold-Währung funktionieren kann und will jetzt gerne verstehen, wie die Befürworter das sehen.

Was nichts bringt ist nur über Gold- und Geldmengen zu reden. Sondern wo und wie Gold/Geld sich konkret bewegt.

Frage 1:
Dürften Banknoten überhaupt verwendet werden, oder müssten wir alle wieder Münzen verwenden, weil ja mit den Banknoten das „fractional Reserve Banking“ entstanden ist. Weil eben genau damals die ungedeckten Noten aufkamen, die man heute beim angeblichen Fiatgeld besonders beklagt.

Anschlussfrage dazu:
Wurden Banken nicht gerade gegründet, um das Gold für die Halter sicherer aufzubewahren und Banknoten genutzt, um den Transport von Gold zu vermeiden, weil selbiger zu unsicher war?

Nächster Punkt:
Wenn wir heute die bestehende Währung mit Gold decken würden oder eine ganz neue Währung eingeführt hätten, die auf Gold basiert, wie würde die Kreditvergabe an ein Unternehmen, das neu investieren will und einen sehr erfolgreichen Business-Plan hat, erfolgen?
Frage 2:
Wenn der Kredit bewilligt wurde, gibt es jetzt meiner Meinung nach nur zwei Möglichkeiten.
1) Er wird mit Gold aus einer Goldreserve der Notenbank hinterlegt oder es wird
2) das Gold der Sparer bei der Bank verwendet.
Keine Variante erscheint mir praktikabel:

Zu 2) Dieses Kreditgold würde dann eine Schuld gegenüber den bisherigen Sparern darstellen. Ich kann keine Verbesserung gegenüber dem Kreditgeld erkennen, nur eine Verschlechterung. Denn anders als heute beim Kreditgeld, wo die Geldmenge mit Garantien der Bank erhöht wird, würde beim direkten Verleih des Anlegergoldes die Lage der Bank noch viel schwieriger, als das heute der Fall ist. Denn die Liquiditätslücke ist doch anteilig jetzt viel größer, weil das Anlegergold natürlich kurzfristig abgezogen werden kann, während jeder Kredit nur mittel- bis langfristig getilgt wird.
Zu 1) Was bezahlt die Bank oder der Bankkunde für die Bereitstellung des "frischen" Goldes? Was passiert, wenn die freie Goldreserve der ZB aufgebraucht ist? Dann können keine weiteren Unternehmen mehr entstehen oder bestehende Unternehmen erweitert werden. Können keine neuen Häuser mehr gebaut werden, weil es keine Hypotheken mehr geben kann? Wie soll eine derartig künstlich begrenzte Wirtschaft funktionieren?

Nächster Punkt:
Was ist mit Regionen, wo es gar kein Gold oder nur sehr wenig Gold gibt? Wie soll es dorthin kommen. Heute gibt es dort eine Bank, sie vergibt einen Kredit und die Region hat neues Geld.
Frage 3:
Wie wird Goldgeld verteilt?

Eine Goldwährung soll angeblich den Zusammenbruch einer Wirtschaft durch Inflation am Ende ihres Zyklus verhindern. Meiner Meinung nach macht eine Goldwährung bereits jeglichen Anfang eines Wirtschaftszyklus zu Nichte. Gold und Silber waren meiner festen Überzeugung nach früher nur erforderlich, weil beide das Geld fälschungsicher(er) machten. Weil beide Metalle relativ begrenzt verfügbar waren, konnte man die Bestände leicht genug kontrollieren und damit die unkontrollierte Fälschung von Geld verhindern. Und auch verschlechterte Münzen hatten prinzipiell doch gleichwertig funktioniert, wie selbige mit höherem Metallgehalt.

Die Kosten von Metallgeld sind meiner Meinung nach unverhältnismäßig hoch. Der Papiergeld-Dollar ist deutlich kostengünstiger und hat seine Werthaltigkeit jetzt über erstaunliche fast 90 Jahre relativ eindrucksvoll bewiesen. Nicht viele Währungen waren bei so intensivem Wettbewerb so lange so erstaunlich wertstabil. Nicht umsonst begann der Siegeszug der USA mit Einführung des Papiergeldes, weil die Wirtschaft endlich ungebremst expandieren, geradezu explodieren konnte. Wer auf dieses unbegrenzte Geld verzichten will, macht meiner Meinung nach einen krassen Denkfehler.

Keinesfalls behaupte ich, dass der US-Dollar oder der Euro oder Remibi/Yuan oder Rubel dauerhaft stabil sein werden. Im Gegenteil. Aber das liegt nicht daran, dass diese Währungen nicht an Gold gebunden sind, sondern dass die Währungsgebiete zu groß sind, um eine zyklische Bereinigung in gerechter Form zuzulassen.

Aber vielleicht liegt der Fehler wieder mal bei mir. Liebe Goldbugs, klärt mich bitte auf.
Beantwortet bitte die drei konkreten Fragen, denn allgemeines Schwadronieren, darüber, dass Gold in der Vergangenheit gut funktioniert haben soll, hilft eben genau nicht weiter. Denn ich kann nur erkennen, dass man aufgrund sehr plausibler Sicherheitserwägungen vom direktem Goldgeld auf Papiernoten-Systeme umgestellt hatte.

Grüße
Morpheus

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