Sicherheiten, Bonmots und Schweinezyklen.

Talleyrand ⌂, Freitag, 14.08.2020, 18:05 (vor 1351 Tagen) @ Ostfriese6269 Views

Servus Ostfriese,

intellektuell interessant, was Du schreibst, trotzdem - oder gerade deshalb - möchte ich widersprechen.

. Ich hatte ja in diesem Faden darauf hingewiesen, dass Wheelers "Delayed-Choice-Experiment" die seltsam klingende Frage, ob die Vergangenheit von der Zukunft abhängt, zum Inhalt hat. Ein Photon hat eine Vorahnung: es scheint irgendwie nachträglich zu "wissen", was vor der Messung kommt, um den richtigen Weg zu nehmen.

Ob solche Beobachtungen der Mikrosphäre, wo unsere Sprache versagt, auf irgendetwas aus unserer Lebenswelt übertragbar sind, wäre erst zu beweisen.

Der Kunde hält mit seinen zukünftigen Schulden als Nachschuldner die vorausgegangenen Schulden seines Verkäufers bedienbar. Ich denke, dass die Frage, ob die Vergangenheit von der Zukunft abhängt, auch in @Ashitakas Satz: "Die Sicherheit, um einen Kredit zum Zweck des Kaufes von Staatsanleihen aufzunehmen, ist die Staatsanleihe, die erst noch gekauft werden muss." zum Ausdruck kommt. Die grundlegende Feststellung lautet: ein weiterer zukünftiger Schuldtitel ist die einzige Sicherheit für das bisherige auf Verschuldung beruhende Fortbestehen.

Nein. Der Satz ist ein bonmot, der eine Seltsamkeit des Kreditwesens (Staaten bestimmen per Gesetz, daß Staatsanleihen höchste Kreditsicherheiten sind) beleuchtet. Normalerweise kannst Du nicht einen Kauf tätigen, bevor der Kredit gewährt ist. Für die Kreditgewährung mußt Du eine Sicherheit vorlegen. Ob der oben genannte Fall praktisch möglich ist, das kommt wahrscheinlich auf die Bank an. Denn im Moment der Kreditgewährung kannst Du die Sicherheit noch nicht vorlegen. Es bleibt also ein Zeitfenster, in dem der Kredit nicht gedeckt ist.

Beatrice Audétats (ehem. Lukas) Gedanken müssen den Lesern natürlich nicht zugänglich sein, wie @Ashitaka im Kommentar zur koreanischen Alterungsgeschwindigkeit ausführt.

"Nur weil heute 10 Koreanerinnen durchschnittlich 6 Töchter bekommen, konnten sie in den 1950er-Jahren noch ihre 30 Töchter bekommen."


Ein bonmot, das seinen verwirrenden Effekt durch rhetorische Tricks hervorruft.
Banal würde es lauten: Nur weil heute 10 Koreanerinnen durchschnittlich 6 Töchter bekommen, ist die hohe Geburtenrate der 1950er Jahre nicht in einer Katastrophe geendet.

Es gilt also zu verstehen: nur weil der Ölpreis heute so ist, wie er ist, konnte er in den in den 2000er-Jahren viel höher liegen. Die Zeit läuft in sich selbst zurück. Wenn die Foristen den Deutungswillen nicht mehr besitzen, ist halt 'Schicht im Schacht'.

Nein. Hier greifen - neben verschiedensten Faktoren der Preisbildung - Aspekte des Schweinezyklus. Weil in den 2000er Jahren aus verschiedenerlei Gründen der Ölpreis hoch war, haben die Unternehmen viel in neue Explorationen investiert. Und genau das hat (neben anderen Faktoren) dazu geführt, daß nun zuviel Öl auf dem Markt ist.
Die Zeit läuft nicht in sich zurück, sondern Entscheidungen der Vergangenheit summieren sich und bringen Ergebnisse mit sich, mit denen die Entscheidungsträger nicht gerechnet haben, obwohl sie diese mitbewirkt haben.

Gruß
T

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https://talleyrandssudelbuch.art.blog


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