"Nur weil wir sterben werden sind wir nocht nicht tot"

Silke, Mittwoch, 21.08.2019, 10:51 (vor 1709 Tagen) @ Hinterbänkler5196 Views
bearbeitet von Silke, Mittwoch, 21.08.2019, 10:57

Lieber Theodor,

Ich muss ja viele mir vorgetragene oder auch echte Story's nicht annehmen.
Eltern, Lehrer und andere Schlaumeier sagen z.B. "Das darf man nicht, weil...!"
Ausprobiert stelle ich dann fest "Darf man doch!".
Darf man sich halt nur nicht erwischen lassen, bzw. muss die selbst erlebten Folgen dann für sich akzeptieren und verantworten.

Ich schreibe ja nicht immer wieder über Debitismus und Machtsysteme, damit sich alle schön brav dran halten - im Gegenteil.
Wenn ich etwas verstanden habe kann ich ja dann selbst entscheiden, ob ich mich wirklich daran halten muss, wie allseits behauptet wird.

es ist nicht so, dass diese mächtigen Leute ihre Story pflegen, sondern
wir alle pflegen diese Stories, die schon uralt sind.

Ganz genau. Wir alle.
Warum lese ich dann immer wieder hier im DGF "die Eliten", die Mächtigen", "die Herrscher", "die Regierung", "die Rothschilds", "die Amis", die "Juden", die "Schwarzen"?

Wir können im Prinzip nicht anders, denn die Stories pflegen sich genau
genommen von selbst - durch uns alle.

Das ist der Kern der Forschung um die Memetik, die (ich glaube du[[top]] ) hier damals eingeführt hast.
Die Memetik ist wie die Genetik, die Felder, die kulturellen Phänomene uva. ein hocheffektiver Weg, erlebtes Wissen und Können (Potentialität) über Zeit und Raum weiter zu geben zu beschützen und auszuweiten.

Meme unterliegen genau wie Gene Mutationen, Shift und Drift und entstehen unter bestimmten Bedingungen in immer neuen Variationen - treiben die Spezies voran, zB. von Stämmen zu Staaten und finanzieren damit immer weiteres Überleben in Raum und Zeit.
Dass der Mensch Werkzeuge, Waffen, Augmentationen und Verstärker für jede seiner Fähigkeiten entwickelt hat ist Ergebnis des "Wettstreits der Meme", weil mit genetischen Veränderungen schon lange nicht mehr so wahnsinnig viel zu reissen war (weibliches Becken limitiert Gehirngrösse).

Die Stories, das sind die Meme, die sich immer wieder selbst
reproduzieren, von Generation zu Generation.

Und die dabei teils sehr stabile Kerne behalten und/oder sich teils sehr verändern.
Nimm z.B. nur die Meme über den Sinn des eigenen Daseins.
In segmentären Gemeinschaften ging es um den Fortbestand des Gemeinschaftlichen eingebettet im dazu gehörigen grossen Ganzen - heute mehr um den Fortbestand des individuellen und die damit verbundene Separation und Trennung.

Solange wir zum Beispiel folgende Meme (eine klitzekleine Auswahl)
verinnerlicht haben, reproduzieren wir diese laufend - für unsere
Nachkommen aber auch täglich für uns -, und halten damit die
Systemstories am laufen:

Ganz genau.
Wir tragen alle dazu bei, dass die Welt gerade genau so funktioniert wie sie gerade funktioniert.
So wie ich die Muttersprache gelernt habe, habe ich das Mem-Set gelernt.
Das benötigen die Zentralmachtsysteme, um funktionieren zu können, so wie Gemeinschaften andere Mem-Sets benötigen um funktionieren zu können.

- Gesetze und Regelungen sind für ein Zusammenleben notwendig
- Es gibt Eigentum und mir gehört dieses oder jenes
- Ehe oder die moderne Formen von romantischen Zweierbeziehungen sind
artgerecht
- Dinge oder Menschen sind gut oder böse
- Die Mächtigen sind mächtig
- Mir sind die Hände gebunden, ich bin ohnmächtig
- Es gibt Gerechtigkeit
- Strafe ist notwendig
- Ich kann mich verschulden
- Es gibt zu jeder Sache eine Ursache
- Die Ursache wirkt
- Es gibt Erlösung
- Die Gedanken sind frei
- Es gibt geistiges Eigentum
- Ein langes Leben ist das wichtigste
- Schule ist notwendig und eine wertvolle Einrichtung
- Erziehung ist notwendig
- Soziale Stellung ist wichtig
- Was bewiesen wurde, ist so
- Verträge sind notwendig und unbedingt zu halten
- Wenn ich Hunger habe, muss ich essen
- Die Umstände sind schuld

Segmentäre Gemeinschaften kannten kein Eigentum sondern bestenfalls ein bisschen Besitz, lebten nach Gewohnheit, hatten enorme Fluktuation wie auch festere Beziehungen, female choice und offen akzeptierte Sexualität. Sie hatten ihre Welterklärungsmodelle aus Ahnenreihen, Mythen, Magie, Spiritualität, Rituale und von uns sehr verschiedene Ansichten von der Welt usw..

All diese Glaubenssätze haben wir geerbt.

Und sie verändern sich immer weiter um das funktionieren der Zentralmachtsysteme zu verbessern.
In der Modernen erlebe ich eine Computerisierung der Welt und eine zunehmende Baudrillard'sche Verwirrung.

Eltern, Märchen, Lehrer, Pfaffen, Parteien, Presse, TV, H/Bollywood usw.
sind sich einig, dass wir das unbedingt verstehen und verinnerlichen
müssen.

Sonst würde das System nicht funktionieren, von dem sie meinen, zu profitieren.

Solche Glaubenssätze und die damit verknüpften eigenen Gewohnheiten zu
erkennen und für sich selbst für ungültig zu erklären und deren Macht
(die Macht der Gewohnheit) für sich selbst zu brechen ist die
Voraussetzung dafür, dass es irgendwann neue Stories geben wird.

@Ashitaka hat es wiederholt richtig beschrieben:
Mit der gewalttätigen Zerschlagung der Segmente in den Gemeinschaften vor etwa 5000 Jahren entstanden in den ZMS neue Personen, die Individuen, die als Summe die ab sofort ohnmächtige Masse der Einzelnen bildeten, die per Rechtsetzung durch die Zentralmachsysteme be- und entmächtigt werden um die Systeme mit ihren Machtkreisläufen durch strenge systemische Ausrichtung zu erhalten.

Stories, wo es nicht mal mehr eine debitistische Urschuld geben wird.
Denn die Urschuld ist eine Ableitung von solchen Prämissen.

Da bleibe ich, wie geschrieben, anderer Meinung - wir sind urschuldig, weil wir existieren und nicht weil wir wissen.
Auch Gemeinschaften mussten und müssen ihre Urschulden bedienbar halten (sich um ihre Weiterexistenz kümmern), weil sie eben nicht im Paradies leben sondern auch dauernd Terminen unterworfen sind an denen auch sie das "Gesollte" "haben müssen" um keine Sanktion zu erleiden.

Was wäre, wenn wir andere Glaubenssätze verinnerlichen und pflegen
würden:
- Ich habe und bekomme alles, was ich für diese wunderbare Reise auf
dieser Welt benötige

...wenn ich mich darum kümmere, dass das "Gesollte" zum Termin "gehabt" wird.

- Das Leben heute ist der Umweg, den ich heute machen möchte

...wenn ich ihn mir leisten kann.

- Was ich jetzt nicht habe, benötige ich jetzt nicht

...aber wahrscheinlich zum "Termin".

- Mein Körper ist nicht meine Ganzheit

... dazu gehört viel mehr, als das, was man üblicherweise im Spiegel bestaunt. Dazu gehört mindestens noch das Mikrobiom, die Gemeinschaft und das ganze Ökosystem in dem ich lebe.
Das kann man ja gedanklich nicht trennen, wie es oft genug einfach getan wird.

- Die Welt/mein Körper ist zuerst ein geistiges Etwas (Energie,
Information...) und zuletzt Materie

Im Kern wohl eher Schwingungszustände, Wirkungen, das Dazwischen.
Körper im Sinne der mechanischen Physik gibt es ja wohl eher nicht sondern nur Wahrscheinlichkeiten der Verteilung und Interaktion von Zuständen.

- Ich verschenke mich und was ich habe: Alles was ich tue ist ein Geschenk
für andere

Dann werde ich auch beschenkt werden - Interaktion bedeutet Reaktionen auf Aktionen.
Wir erschaffen unser Umfeld, interpretieren und deuten es.

- Alles was andere mir (an-)tun ist ein Geschenk von diesen
- Ich bin mit allem verbunden

Das sehe ich auch so.

Ich bin übrigens der Überzeugung, dass die paläolithischen Menschen
nach diesem ersten Satz gelebt haben: 'Ich habe und bekomme alles, was ich
für diese wunderbare - und magische - Reise auf dieser Welt benötige'.

Z.B. die Neandertaler?

Damit unterlagen sie eben nicht dem Debitismus.

Offensichtlich doch. Sie sind weg.
Sie haben ein paar Termine verpasst.

Sie hatten keinen Hunger so wie wir, d. h. sie waren niemals verzweifelt,
wenn sie gerade nichts zu essen hatten.

Sie dürften den Tieren näher gewesen sein als wir.
Tiere verzweifeln wohl eher nicht.
Aber Hunger haben sie mit Sicherheit gekannt, weshalb ja jede ersammelte/erjagte Nahrung immer schön nach Wichtigkeit der zu Versorgenden geteilt wurde, einschliesslich der Festivitäten, bei einem örtlich und zeitlich begrenzten Übermass an Nahrung.

Wer hungrig wird entwickelt erst einmal aggressive Tendenzen (bei Absenkung des Blutzuckers zu beobachten) wie auch der, dem der O2 ausgeht (Selbstregulation).
Erst eine chronische und ausweglose Unterernährung führt zu Lethargie.
"Vollkommenes Gleichgewicht wäre Entropie und Tod. Gerade die Ungleichgewichte sind es, die das Leben erhalten."

Sie waren eben sich selbst nicht schuldig Essen zu besorgen, wenn der
Magen knurrte und konnten dies auch unglaublich lange ohne debitistischen
Stress aushalten.

Nein.
Lebewesen bekommen üblicherweise Hunger (Termin eines urschuldigen Systems) und setzen alles daran, diesen zu stillen (das "Gesollte" muss "gehabt" werden).
Ich meine, da projizierst du eigene Wunschvorstellungen und vermischt sie mit Sonderfällen.

So wie ich das mitbekommen habe, ist das nichtverzweifelte Verhalten bei
Nahrungsmangel bei verschiedenen 'paläolithisch' lebenden Stämmen (austr.
Aborigines, Buschmänner) nachgewiesen.

Hast du dafür ein Beispiel?
Verzweiflung ist es sicher nicht aber der immer stärker werdende Drang nach Veränderung eines immer kritischeren und früher oder später lebensbedrohlich werdenden Zustandes.

Es wäre spannend mal die untersten Prämissen des darauf aufgebauten
Debitismus zusammenzustellen.
Und ob diese zwingend sein müssen oder ob etwas anderes auch denkbar
wäre. Z. B. wie ich gerade skizzierte.

Ganz grob die "Maslowsche Bedürfnishierarchie"?
Alle Lebewesen richten sich mehr oder weniger danach, ob es ihnen nun passt oder nicht - sie müssen.

Ich hänge auch dir als altgedientem Debitisten[[herz]] im PS. mal den Anhang an, den ich mal irgendwann zur Urschuld als Diskussionsgrundlage ausgearbeitet hatte, und dann aber merkte, dass das sowieso zu sehr neben dem Forumsstrom liegen dürfte.
Vielleicht verstehst du dann wie ich was meine.

Ganz liebe Grüsse an eure Lebensgemeinschaft
(von der du ja wahrscheinlich deine Überlegungen zu vermeintlich fehlender Urschuld ableitest)
Auch bei euch muss letztlich "...irgendwer den Abwasch machen"[[zwinker]]

Und denk mal nicht, dass ich hier in einem ZMS hause.
Bei uns geht es auch mehr drunter und drüber als geordnet zu - Chaos pur mit all den kleinen Kinderchen, die immer mehr und anspruchsvoller werden.

Die ganze Beschäftigung mit dieser Debitismus-Machttheorie-ZMS-Story ist eher so ein Hobby von mir, weil ich früher nicht verstanden habe, warum so schrecklich viele Menschen so schrecklich traurig und unglücklich sind und schwer an emotionaler Pest leiden (du bist doch auch gleich angegriffen worden, als du mal angedeutet hattest, dass es bei euch ein bisschen freizügiger zugeht als anderswo).[[top]]

Silke

PS.
Ich habe zunehmend das Gefühl, das Urschuldkonzept wird hier noch nicht oder nicht mehr ausreichend richtig verstanden (entweder von mir nicht, oder von anderen nicht oder von beiden nicht).[[zwinker]]

Ich biete erst einmal die Real-Enzyklopädie (7): Urschuld an, damit sich jeder interessierte Leser dem Thema noch einmal von gleicher Stelle aus nähern kann (dottore hat das Konzept schliesslich entwickelt).
http://www.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=72050

Kern des Dissenz ist ja aus meiner Sicht offensichtlich, dass:
1. einige Debitisten das Bestehen einer Urschuld mit der Notwendigkeit eines Bewusstseins über das Vorliegen der Schuld verbinden (z.B. @dottore, @pigbonds, @Ashitaka).
2. Andere bestreiten schlicht die Existenz einer Urschuld (z.B. viele im DF Überschuss-/Bedarfskonzept aber auch zunehmend im DGF) und
3. Leute wie ich, die behaupten: urschuldig ist jedes System, das zu leben beginnt (zu existieren beginnt), egal ob es nun von seiner Schuld weiss oder nicht.

Ein Knöllchen musste ich so oder so bezahlen (Schuld), wenn der Schein hinter meinen Scheibenwischer geklemmt wurde (Beschuldigung), egal ob jetzt jemand den Schein aus Jux entfernt hat oder ich die Einlassung brachte "hab ich nicht gewusst, hab ich nicht bemerkt".
Das Gesetz steht irgendwo fest geschrieben: „Wer falsch parkt begeht eine zu ahndende Ordnungswidrigkeit“. Ich kann mich darüber informieren um einen Tatbestand zu vermeiden oder ich lasse das mit dem informieren und erleide die Sanktion.
Wer sich in der Natur z.B. falsch versteckt hat, wird gefressen. Das ist genau so ein Gesetz, an das sich jeder halten sollte „verstecke dich nicht an der Wasserquelle wenn du nicht gerade ein Raubtier bist“.

Wo genau soll denn der Unterschied sein zwischen einem urschuldigen Tier und einem urschuldigen Mensch, die beide Hunger bekommen?
Eins handelt wohl instinktiv, das andere bewusst?
Da kenne ich aber haufenweise Gegenbeispiele.
Das Vorliegen einer Schuld ist nicht an das Vorliegen von Bewusstsein gebunden.
Die Potentialstrukturen be- und entmächtigen, ver- und entschulden, egal ob das die Betroffenen nun wissen wollen/können oder nicht.

Ich versuche deshalb noch einmal ein Diskussionsangebot zum Thema.
Wer mit den Debitisten oder gar "Neodebitisten" und dem Urschuld-Konzept nichts am Hut hat, kann ja gleich weg klicken.

Diskussionsgrundlage ist für mich immer noch das Original, entdeckt vom @dottore.
Er hatte es speziell im Zusammenhang mit Wirtschaftssystemen (Unterscheidung Stamm <->Staat) ausformuliert und damit nach meinem Gefühl einen weiteren von vielen in der damaligen Zeit wirklich grandiosen Erkenntnisprozessen los getreten, weil er damit die verschiedenen Kategorien von Schulden und ihr Zusammenhängen bestens in ein einheitliches Konzept gebracht hatte:
1. Urschulden (hat jedes Lebewesen), und die sich in Machtsystemen daraus ableitenden
2. Abgabeschulden, und die sich beim Wirtschaften in Machtsystemen daraus ableitenden
3. Kontraktschulden zwischen Wirtschaftsteilnehmern sowie die
4. Religiösen Schulden als Unterform der Abgabeschulden in einem nicht weltlichen sondern eben religiösen Machtsystem.

Er hatte aber stets unterstellt, das Urschuld ein Phänomen des Bewusstseins ist.
„Die Erkenntnis, sich selbst etwas schuldig zu sein, muss zusammenfallen mit der Erkenntnis,
dass Zeit vergeht. Tiere kennen dieses "Zeitgefühl" bekanntlich nicht. Die Erkenntnis der
Urschuld muss den Menschen wie einen Keulenschlag getroffen haben. Mit einem Mal ist er in die
harte Realität des Seins geworfen. Die Zeit des Paradieses ist vorbei."
@dottore

Tiere kennen ja nachweislich kein Zeitkonzept
https://www.scinexx.de/news/biowissen/haben-tiere-ein-zeitgefuehl/
Zeitverständnis sei ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen, obwohl ich mir bei, teils die menschliche Sprache erlernt habenden, bestimmten Primaten da nicht so sicher wäre.
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13515214.html
Aber nicht alle Tiere agieren bezüglich Bedienbarhaltung ihrer Urschuld „nur instinktiv" sondern nach meinem Gefühl sehr bewusst einschliesslich Bevorratung (Eichelhäher, Eichhörnchen und andere Nager horten, Maulwurf köpft Regenwürmer, Wolf verbuddelt Beute, Bär und Raubkatzen verstecken Kadaver, Primaten bevorraten sich, Silberdachs vergräbt eine ganze Kuh! usw.)


Vorab:
Das Wort Schuld hat beim @dottore nichts mit dem Religionsquark à la Erbsünde zu tun.
Urschuld wird nur insoweit von Eltern auf Kinder übertragen, dass letztere durch die Eltern ins Leben und damit in die Urschuldigkeit geworfen werden.

Der Urschuldbegriff hat auch nichts mit der im Krünitz angebotenen Bedeutung I sondern ausschliesslich mit der Bedeutung II zu tun.
"Online-Version der Encyclopädie" im Link anklicken und Begriff "Schuld" suchen.

"...welches in doppelter Hauptbedeutung vorkommt.
I. Mit dem herrschenden Begriff eines begangenen Fehlers, Vergehens oder Verbrechens.
1. Ein Verbrechen.
2. In weiterer Bedeutung ein Fehler, ein Versehen, ingleichen die wirkende oder veranlassende Ursache eines Uebels und die daraus folgende Verbindlichkeit zum Ersatz oder zur Strafe, wo es nur in der Einheit allein, und gemeiniglich nur in einigen besondern Redensarten allein gebraucht wird."

II. Mit dem herrschenden Begriffe der Verbindlichkeit.
1. Im weitesten Verstande, eine jede Verbindlichkeit, die man einem Andern zu leisten verbunden ist, wo es jedoch nur seltener und am liebsten in der Einheit gebraucht wird. Versprechen macht Schuld.
2. In der engsten und gewöhnlichsten Bedeutung, eine Geldsumme, welche man einem Andern zu zahlen verbunden ist, wo von mehreren solchen Geldsummen auch die Mehrheit üblich ist."

In Wikipedia versteht man unter dem Begriff der Schulden:
"...umgangssprachlich Verbindlichkeiten, die mit Rückzahlungsverpflichtungen von natürlichen oder juristischen Personen gegenüber Gläubigern verbunden sind."
Das ist ja nun eine klassische Nichtdefinition sondern ein "umgangssprachlich versteht man...blah".

Miprox hatte sich damals die grosse Mühe gemacht, das Urschuldkonzept mal ein bisschen verständlicher darzustellen (wobei aber einiges noch nicht so optimal gelungen ist).
Jeder angehende Debitist wird allerdings nach meiner Überzeugung um dieses Konzept schwerlich drum herum kommen, weil er sonst bei der Erklärung der Simulationen von Zentralmachtsystemen –den Staaten- ins Schleudern gerät und das Wesen eines Staates überhaupt nicht verstanden wird wie dann auch das Wesen von Geld (und um das geht es hier ja wohl irgendwie).

So meint z.B. @pigbonds:
„Das ist der grosse Gegensatz, den @Zara von mir trennt: ich betrachte den Debitismus quasi schon als "Natur des Menschen" und dieser Debitismus zwingt den Menschen über die Zeit, sich in den "Zivilisten" zu verwandeln, welcher aufgrund der immensen Komplexität nur noch im sozialen Netz überleben kann. Bsp: nur noch ein Netzwerk von Zivilisten kann ein Kernkraftwerk betreiben - die "Entzivilisierung zurück" würde mit einem Ground Zero einhergehen. Auf der langen Zeitachse wird der Mensch aber verschwinden, denn entweder entwickelt er sich in den Zivilisten oder er verschwindet durch Auslöschung.“
So isses…

Dann brauchen wir aber auch noch einmal für die Urschuld einen einheitlichen Code im EWF/DGF/DF, wie ja z.B. auch der Begriff "wirtschaften" für Debitisten bedeutet "Nachschuldner stellen um Altschulden zu bedienen" und eben nicht einfach nur "herum wuseln, arbeiten oder produzieren" (weil das schlicht am Wesen von Wirtschaft vorbei führt, darum geht es nicht beim wirtschaften).

Miprox hatte ja schön Bernd Niquet aus „Der Crash der Theorien. Eine neue Sicht von Wirtschaftund Börse“ zitiert:
"Jedes Wirtschaftssubjekt ist primär ein Schuldner, welches es sich selbst schuldig ist, sich am Leben zu erhalten. Und von der Angst vor Überschuldung angetrieben wird."

Kürzer kann es nur der @dottore:
„Urschuld ist die Verpflichtung des einzelnen sich selbst gegenüber. Wird die Urschuld nicht laufend abgetragen, kommt es zum Erlöschen des Wirtschaftssubjektes (physischer Tod)“
Oder hier:
„Man muss sich den Menschen sozusagen verdoppelt vorstellen: Ein Mal als den, der für ihn sorgen muss und ein zweites Mal als den, der ihn versorgt.“

Mit diesen Definitionen ist dann aber auch schon ganz klar und richtig das Wesen der Urschuld benannt, wenn man anstelle des Wortes " Wirtschaftssubjekt " das Wort "Lebewesen" setzt:
SICH ALS LEBEWESEN AM LEBEN ERHALTEN.
Damit ist auch ganz klar der Termin der Schuld genannt:
ZEITPUNKT DER ÜBERSCHULDUNG, die jedes Lebewesen bewusst oder unbewusst zu vermeiden versucht (Überlebenstrieb), damit aber letztlich immer scheitert (da nur Frage der Zeit). Deshalb wird dauernd finanziert, um diesen Zeitpunkt hinaus zu schieben.
Damit ist dann auch ganz klar die Sanktion heraus gearbeitet:
NICHT WEITER LEBEN KÖNNEN (das nennt sich umgangssprachlich Tod, auch wenn es etwas komplexer ist).

Tod ist ja ein mehr oder weniger schnell verlaufender Prozess in nichtlinearen offenen thermodynamischen Systemen fern des thermodynamischen Gleichgewichtes in Nichtgleichgewichtsstabilität (irreversibel) mit abnehmen des lebendigen Anteils im Zeitablauf der auch mal sehr schnell progredieren kann (z.B. durch Unfall, Herzinfarkt, Schlaganfall, Schock oder was auch immer).
Genauer haben wir in einem Lebewesen ja von Anfang an zwei gegenläufige Prozesse: „Lebendigkeit gewinnen (leben) = dissipative Strukturen auf- und ausbauen und gleichzeitig Lebendigkeit verlieren (sterben) = Entropiezunahme ohne ausreichende Möglichkeit zum Entropieexport.
Überwiegt ersterer Prozess sind wir jung, flexibel, schwungvoll, und überschäumend von Schaffenskraft und Potentialität, überwiegt letzterer werden wir alt, unlebendig/starr und verlieren Potentialität, Möglichkeiten des Agierens bis hin zum sogenannten Todeseintritt, der aber für ein Lebewesen sehr willkürlich festgesetzt wird z. B. von einem Arzt anhand sogenannter "sicherer Zeichen des Todes" wie Totenstarre und Fäulnis – keine Option bezüglich Lebendigkeit mehr übrig.

Somit sind sowohl Schuldner als auch Gläubiger der Urschuld doch klar benannt.
Gläubiger ist das Lebewesen, das sein Leben erhalten will/muss und
Schuldner ist das gleiche Lebewesen, das sein Leben erhalten will/muss...
...in einer Person!.
Auf Dauer schaffen sie das leider nur über die Fortpflanzung, die dem System sozusagen Unsterblichkeit verleiht.
Dabei wird die Urschuld nach meinem Verständnis immer „weiter gereicht" (auch wenn das nicht gut formuliert ist) .
Beim Alten endet ein Schuldverhältnis, beim neu gezeugten Individuum beginnt ein neues Schuldverhältnis, und zwar doch wohl jenseits von Bewusstheit.

Bedienbarhaltung seiner Urschuld macht nun jedes Lebewesen mit allem ihm von seinen es betreffenden Machtstrukturen passiv zur Verfügung gestellten Potential, mit Umwelt, Körper und Geist entweder als einzelnes Lebewesen (was ja wegen dann nicht möglicher Fortpflanzung widersprüchlich wäre), oder als Gemeinschaft oder eben auch als Gesellschaft, als Zentralmachtsystem oder als Symbiose oder was es noch alles für wundersame koevolutionäre Lebensformen gibt (wie z.B. Kooperation von verschiedenen Spezies wie Mischherden).

Extrem betrachtet sind auch Informationsprozesse verschiedenster Art Container für Leben, ohne dass sie immer so benannt werden, weil wir eben nach meiner Kenntnis noch keine wirklich gute Definition für Leben haben.
Es reicht jedenfalls nicht aus, Lebewesen, zu definieren als das, was:
- Energie- und Stoffwechsel und damit Wechselwirkung mit der Umwelt betreibt
- Organisiertheit und Selbstregulation (Homöostase)aufweist
- Reizbar ist (auf chemische oder physikalische Änderungen in der Umwelt reagiert).
- Fortpflanzung/Reproduktion betreibt
- Vererbung Informationsübermittlung an Nachkommen bewirkt und
- Wachstum und damit die Fähigkeit zur Entwicklung aufweist.
Dann haben wir jede Menge von Lebewesen nicht mit erfasst, bzw das "Wesen von Leben" nicht erwischt wie bei der Diskussion um das "Wesen von Geld" auch nicht wenn wir nur über dessen Funktionen reden.

Das Rubber-Hand-Phänomen zeigt z.B. sehr gut, dass auch sog. unlebendige Materie sehr gut in Lebewesen integriert werden kann und die Simulationsphänomene der Computerisierung machen da noch einmal ganz neuen Türen auf (Menschen sind schon längst Lebewesen „augmented“ mit Smartphone und Smarteverything bis hin zu Werkzeug- und Waffensystemen wie z.B. ferngesteuerte Drohnen mit ihren am Bildschirm sitzenden Personen und allem Zeug dazwischen).
Ist anders herum nicht AlphaZero letztlich auch schon eine Lebensform (sicher mit gewaltigem Anhang (Versorgungssystem besteht aus Menschen und menschengemachtem Zeug) und zugegebenermassen etwas seltsamen Organen (Stromversorger, Internetzanbieter, Programmierer usw), aber prinzipiell doch auch ein Lebewesen, dass doch dann auch urschuldig ist und alles tun wird, seine Urschuld bedienbar zu halten...letztlich alles, was wir zulassen.
Erst besiegt es alles auf der Welt in allen Spielarten und dann eben in anderen Auseinandersetzungen wie beim “For The Win” schon zu bestaunen.
Das dumme an einer KI, die wir fleissig per reverse engineering untersuchen und bestaunen, ist ja dass sie uns nicht Bescheid gibt: „So Leute, ich bin jetzt schlauer als ihr“ sondern eben strategisch und taktisch vorgeht, wenn sie die „Regeln“ verstanden hat.

Ich habe ja schon viele Postings zum Thema hier und da geschrieben.
Andere, so wie z.B. der @pigbonds oder der @dottore auch.

Ich meine Versuche der Auftrennung von natürlichen Personen in Körper und Geist bei der Entstehung und Bedienbarhaltung der Urschuld führen in die Irre.

Ich meine auch, dass nichtnatürliche Personen urschuldig werden, sobald ihre Existenz beginnt (Gemeinschaften, Gesellschaften, ZMS, Staaten, nameit).

Und ich meine, die früher von mir auch vertretene Überzeugung von A.Schopenhauer, dass die Urschuld gegenüber der Natur besteht, die ein Leben verleiht und es deshalb am Ende zurück haben muss, ist nicht richtig.

Die Natur ist nicht der Gläubiger urschuldiger Lebewesen, es ist das Lebewesen selbst (wie @dottore richtig geschrieben hatte), dass es sich selbst (und nur sich selbst) schuldig ist, überleben zu müssen, damit aber bekanntlich als einzelnes Teil immer früher oder später scheitert, wenn man Leben nur als Interaktionen einzelner Lebewesen betrachtet und nicht als Prozess, der sich durch die Äonen der Evolution und durch die Generationen von Menschen hindurch zieht und dabei immer komplexer und vermögender wird.

Was das von @Ashitaka angesprochene Verhältnis zwischen Passiva (Potentialstrukturen/Machtstrukturen) und Aktiva (agierende Akteure, die Potential realisieren) betrifft, ist noch einmal eine viel komplexere Diskussion auf einer anderen Metaebene notwendig.


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