Teilantwort an Diogenes Lampe

Mephistopheles, Donnerstag, 21.05.2020, 21:21 (vor 1435 Tagen) @ Diogenes Lampe7752 Views
bearbeitet von Mephistopheles, Donnerstag, 21.05.2020, 21:28

Ich habe nur eine Teilantwort geschrieben, weil damit aus meiner Meinung des Wesentlichste gesagt ist. Der letzte Satz ist der Wichtigste.

Ich habe aus Diogenes Lampes Antwort nur einige Merksätze herausgegriffen, dass das ganze nicht zu unübersichtlich wird. Wenn er meint, ich hätte ein wesentliches Argument übersehen, dann bitte ich dartum, mich darauf hinzuweisen.


Diogenes Lampe
1. Mir geht es also nicht um Änderung der menschlichen Natur, in der Liebe und Streit bis in den Geschlechtsakt hinein nunmal angelegt sind. Mir geht es überhaupt nicht um Änderung, sondern um verstehen, dass es im Leben nicht darauf ankommt, alles zu tun, um nicht zu kurz zu kommen.

Mephistopheles
Ja, aber anders. Bei einer (Hoch)kultur geht es darum, alles aus sich (bzw. dem Potential der eigenen Kultur) herauszuholen, um im Leben nicht zu kurz zu kommen. Um es in einen Satz zu fassen: Der Wille zur Macht. Geschlechtsakt ist sekundär und die Belohnung für den erfolgreichen Willen zur Macht.


Diogenes Lampe
2. Keine Kultur kann einen Zustand des ewigen Friedens herstellen, doch stets Mittel und Wege finden, die Leiden zu mindern und die Freuden zu mehren.

Mephistopheles
ad 2. Ja, durch Kräfte dieser Kultur, indem sie aus sich herausholt, so viel möglich. Freud und Leiden sind nur Folgen des Willens zur Macht, niemals Antriebskräfte


Diogenes Lampe
3. Doch genau das funktioniert mit Krieg nicht. Die meiste Freude hat ohnehin der, der sie gar nicht bemerkt. Denn Freude bemerkt man immer nur als Komplementär des Leidens, dem sie gerade abhelfen soll. z.B. dem der Langeweile.

Mephistopheles
ad 3. Es geht im Leben weder darum, Leid zu vermeiden noch Freude zu erleben, sondern ausschließlich um 1). Freude und Leid haben ihren Sinn nicht in sich selbst, sondern sind nur Mittel, um 1) zu erreichen


Diogenes Lampe
4. die kulturelle Willensebene ist dagegen die, welche aus ihm heraus Kriege anzettelt; egal, was die Geistesebene dazu noch so alles an Reizstimulationen erdenkt

Mephistopheles
ad 4. Kriege werden nicht angezettelt, somndern sind die Form, mit welcher die Kultur ihre Fitnes erhält (==> in dem Sinne: fit bleibt)


Diogenes Lampe
5. Der Homerische Mythos versinnbildlicht das sehr schön mit Eris, Aphrodite, Hera, Athena, Paris und Helena und dem Goldenen Apfel, den der Prinz nicht der Eitelkeit (Hera) oder der Vernunft (Athena) schenkt, sondern der fruchtbaren Schönheit (Aphrodite). Er kann nicht anders, als der Anziehungskraft zu gehorchen.

Mephistopheles
ad 5. Du weißt schon, welche Folgen die Wahl hatte und wie sie im Urteil der Geschichte besteht? Oswald Spengler sieht das aber genau andersrum, nämlich dass die Wahl des Paris notwenidig war, damit die Griechen sich zu einer Kultur und im weiteren Verlauf zu einer Hochkultur formen konnten. Primär also der Wille und die Vorstellung der eigenen Kultur, sekundär die Mittel, um zu einer solchen zu werden.


Diogenes Lampe
6. der kulturelle Kampf der Griechen gegen Troja,

Mephistopheles
ad 6. War es nicht. Die Griechen führten keinen Kampf kulturellen Kampf gegen Troja, sondern einen Kampf für die Werdung der eigenen Kultur. Wäre es ein Kampf gegen Troja gewesen, so wäre das nur einer der unzähligen Scharmützel der Menschheitsgeschichte gewesen und wie so viele andere längst in Vergessenheit geraten. Genau so wenig wie die Europäer, leider nur ein Teil von ihnen, was bis heute als ein Fluch auf der europäischen Kultur liegt, mit den Kreuzzügen keinen Kampf gegen die Araber führten, sondern einen Kampf für die Entstehung der eigenen Kultur.
Die Römer als Nachfahren der Trojaner betrachteten sich übrigens keineswegs als kulturelle Gegner der Hellenen, sondern als Erben derselben Kultur.


Diogenes Lampe
7. Es geht bei Homer also nicht um die Abwägung von Krieg und Romantik, sondern von Natur und Kultur.

Mephistopheles
ad 7. Nein und doppelt nein. Es geht bei Homer um den Kulturwerdungsprozess. Deswegen endet die Odysseee mit der Eroberung Trojas und die Odyssee mit dem Tod der Freier. Gewonnen ist nichts, aber jetzt kann Kultur werden.


Diogenes Lampe
8. Damit sagen sie imgrunde: "Gewalt ist der einzige Grund für Gewalt und Begründung für Gewalt." Das Recht ist nämlich nicht dazu da, die Gewalt abzuschaffen. Denn das Recht ist auch nur eine Gewalt.

Mephistopheles
ad 8. Nein, ich sage im Grunde, Gewalt ist 8für Menschen) die einzige Möglichkeit (in einer Kultur) zu leben. Andere Möglichkeiten endeten, je nach Definition von Kultur, vor mehreren 1.000 bzw. 100.000 Jahren.
Ich würde einer Definition zustimmen, die besagt, man kann erst dann von Menschen sprechen, wenn man anerkennt, dass ihr Dasein auf Ausübung von Gewalt beruhte.

Ich würde sogar noch weiter gehen: Man kann nur von Menschen sprechen, so lange sie in der Lage sind, Kriege zu führen. Das Ende dieser Fähigkeit bedeutet das Ende der Menschheit.

Verschiedentlich wurde die Befürchtung geäussert, die Menschheit werde durch Kriege ausgerottet. Das ist abwegig. Die Menschheit hat schon so viele Kriege geführt (und, aus gegebenen Anlass, Virenepidemien überlebt), dass eine Ausrottung der Menschheit durch Kriege (Virenepidemien) nicht zu befürchten ist. Wir wissen aber von ehemaligen Kulturen, die die Fähigkeit verloren haben, Kriege zu führen. Die sind samt und sonders klanglos von diesem Planeten verschwunden.

Bei der Frage Krieg und Frieden geht es um nicht weniger als Sein oder Nichtsein der Menschheit. Bei negativer Antwort werden wir zu Affen degenerieren.

Gruß Mephistopheles

PS: Zum Schluss noch ein Wort in eigener Sache:
Jeder Mensch hat etwas Teuflisches in sich. Gehört zum Menschsein. Meph


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