Sorry, leider kindisch, lieber Herr Doktor. (leider viel Text)

zip, Montag, 05.12.2022, 23:10 (vor 508 Tagen) @ Arbeiter5513 Views

Liebes Forum, ich möchte auf die einzelnen Punkte eingehen und sie mit (meiner eigenen) Lebenswirklichkeit abgleichen. Sicherlich gibt es hier und da Unterschiede zu anderen Unternehmen, ich möchte deshalb nicht den Eindruck erwecken, dass sich meine Erfahrungen generell auf alle Unternemensformen abbilden lassen.

1. Kurzarbeit: Das eigenmächtige Einstellen der Produktion ist bei guter (trotzdem defizitärer) Auftragslage kein Argument gegenüber der Arbeitsagentur, wenn es dort um die Entscheidung geht, ob die Arbeitnehmer in Kurzarbeit gehen können. Das Prozedere in dieser Angelegenheit habe ich nach dem Tsunami in Japan für 6 Monate mit meiner GmbH durchlebt. Trotz exzellenter Betreuung durch Steuerberater (mit Rechtsabteilung) war das ein Kampf sondergleichen und hat viele Jahre später einen gefühlt endlosen Aufwand (mit entsprechenden Kosten) nach sich gezogen in Sachen Prüfungen durch die Sozialkassen, die rückwirkend gerne Ihre „entgangenen“ Beträge einfordern wollen. Da geht es um teilweise 2-stellige Beträge mit gefühlten 10 Stellen hinter dem Komma, die seitens des Steuerberaters richtig teuer werden, nachträgliche Korrekturen der Bilanzen und Steuereklärungen auslösen und somit unter dem Strich dem „Unternehmen“ keine Vorteile (sondern dank der Beraterkosten herbe Verluste) bringen. Und ja – alleine kann man das nicht stemmen, es braucht einen oder mehrere darauf spezialisierte und DATEV-zertifizierte Steuerberater.

2. Kündigung der Flächen und Beauftragung eines Wachdienstes: Hier kommt es zu Umstellungen bei den Versicherungen (muss gemäß AGB sehr zeitnah erfolgen), einigen unangenehmen Nachfragen und im Regelfall zu Schieflagen, was die Haftungen betrifft, die sehr haarklein belegt sein müssen. Ich sehe auch das wieder aus dem Blickwinkel der GmbH in eigener Immobilie, wobei sehr schnell seitens des Finanzamts das Instrument der „Betriebsaufspaltung“ bemüht wird, wenn sich innerhalb der eigenen Immobilie Flächenanteile verschieben, die „nicht mehr gewerblich genutzt werden“ – oder umgekehrt.

3. Mitteilung an das Finanzamt wegen Einstellung der Produktion: Das löst dort eine Kettenreaktion und Mitteilungen an Verbände, die IHK, das Gewerbeamt der Kommune, Bundesanzeiger, Transparenzregister und an diverse Versorgungsträger aus. Es dauert rund 4 Wochen, bis man im Papierkram erstickt. Kein weiterer Kommentar. Dieser Vorgang ist irreversibel. Man ist danach als Unternehmer tot und es dauert Jahre, sich wieder in den alten Stand zu versetzen.

4. Mitteilung an die eigenen Kunden: An wen denn da? An den Sachbearbeiter in der untersten Ebene? Oder bitte doch lieber gleich an den GF, damit man ganz flott „von ganz oben“ gecancelled wird? Das ist wirtschaftlicher Selbstmord, mehr sage ich dazu nicht.

5. Mitteilung an die Presse: Siehe Punkt 4.

6: Einbeziehung der Politiker: Kein Kommentar.

Ich mag (mochte) die Meinungen des Herrn Dr. Markus Krall. Hier hat er (mir gegenüber) allerdings bewiesen, dass er die Sicht des Unternehmers aus täglicher Konfrontation mit regulierenden Behörden in keiner Weise am eigenen Leibe hat erfahren dürfen (müssen) – noch diesbezüglich zu einer Strategie in der Lage ist, diesem Trauma der deutschen Unternehmenskultur ein wirksames Signal entgegen zu setzen.

Ich freue mich auf das Feedback des Forums.

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