Dass es ganz einfach ist, sehe ich keineswegs

Hardy, der Student, Samstag, 24.04.2021, 12:32 (vor 1100 Tagen) @ Pingpong1493 Views

Ich habe es Dir doch ganz einfach erklärt:
Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn es handelt sich bei Bitcoins eben nicht um eine der im Gesetz normierten Voraussetzungen:
Bitcoins sind keine Marken, keine Münzen, keine Scheine, keine Urkunden und keine unverzinslichen Inhaberschuldverschreibungen.

So einfach ist es eben keineswegs.

Bitcoin sind "Geldzeichen" (aus meiner Sicht ein problematischer Begriff, das betrifft aber die Geldtheorie, um die es hier nicht geht). Deshalb trifft § 35 BuBa-Gesetz meiner Ansicht nach sehr wohl auf Bitcoin zu. Die Bitcoin sind nicht materiell, darum geht es aber auch gar nicht. Bitcoin sind Zahlungsmittel, das ist der entscheidende Punkt.

Das ergibt sich auch daraus, dass die Staaten drauf und dran sind, selber ein immaterielles gesetzliches Zahlungsmittel einzuführen.
Scheine und Münzen werden als "Geldzeichen" benannt, es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ein kommendes immaterielles gesetzliches Zahlungsmittel nicht auch als "Geldzeichen" bezeichnet werden wird.

Hier schließt sich nun der Kreis zum Bitcoin, der ein privates immaterielles Zahlungsmittel (ZM) ist:

Private Scheine --> privates ZM --> "Geldzeichen" --> verboten
Private Münzen --> privates ZM --> "Geldzeichen" --> verboten
Private immaterielle "Münzen" --> privates ZM --> "Geldzeichen" --> verboten


Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es per Spitzfindigkeit gelingt, den Bitcoin als (noch) nicht vom Gesetz erfasstes Zahlungsmittel (noch) aus der Gesetzeswidrigkeit herauszuhalten.

Dann aber, sehr geehrter Pingpong, dann haben Weidmann und Co. gleich doppelt gepennt:
Dann wurde nämlich verpennt, den § 35 an die "modernen Verhältnisse" anzupassen.

Zur Erinnerung: Das erste "Pennen" bezieht sich auf das tatenlose Zusehen, wie sich da ein privates Zahlungsmittel breit macht und anschickt, das GZ, mindestens teilweise, zu ersetzen.
Falls jemand jetzt denkt, dass Weidmann und Co. sich hier in einem Tiefschlaf befinden:
Nein, so ist es nicht, mindestens ein Auge haben die offen, die Vorgänge werden durchaus beobachtet.

Münze:
"aus Metall hergestelltes, scheibenförmiges Geldstück von bestimmtem Gewicht und Feingehalt und mit beidseitigem Gepräge"

Schön, dann produziere ich scheibenförmige Glasplättchen und verwende es mit vielen anderen Personen anstelle des GZ, und schon bin ich aus dem Schneider?
Du meinst, so einfach lässt sich der Gesetzgeber verarschen, nach dem Motto:
"Hihi, lieber Gesetzgeber, leider passt Deine Normierung nicht zu meinen Glasplättchen."

Ich vermute, mir würde "Geldzeichen" entgegnet, und vorbei wären meine "Geldspielchen".
Aber ok, es käme auf einen Versuch an.

Keines der vorgenannten beschriebenen Merkmale liegt vor.

"Geldzeichen" liegt vor. Gut, eventuell per Spitzfindigkeit aushebelbar, wie oben geschrieben.

Alle diese vorgenannten Begriffe bezeichnen im übrigen körperliche Objekte.
Bitcoins sind aber keine körperlichen Objekte und sind überdies im Sinne d. Gesetzes nicht geeignet, "[...] im Zahlungsverkehr anstelle der gesetzlich zugelassenen Münzen oder Banknoten verwendet zu werden [...]", da es Ihnen ja bereits schon an der Körperlichkeit mangelt, die erforderlich wäre, um anstelle von Münzen oder Banknoten verwendet zu werden.

Bitcoin können im Zahlungsverkehr nicht anstelle der gesetzlich zugelassenen Münzen und "Banknoten" (Banknoten ist sowieso falsch, es handelt sich inzwischen durchweg um Geldscheine, ist hier aber egal, das betrifft die Geldtheorie) verwendet werden?

Steile These.
Ich bin beim Autohändler, das Auto kostet 50.000 Euro. Mist, soviel habe ich nicht dabei.
"Akzeptieren Sie auch Bitcoin?"
"Ja." Der Händler nennt mir den Preis in Bitcoin.
Ich veranlasse die entsprechende Bitcoinzahlung am Handy. Der Händler registriert den Empfang der Bitcoin.
"Alle klar, der Deal ist perfekt."

Auf die Körperlichkeit kommt es gar nicht an, entscheidend ist, dass ein Zahlungsvorgang mit einem privaten Zahlungsmittel, einem "Geldzeichen", durchgeführt wurde.

Der Händler und ich haben die Bitcoin jetzt nicht anstelle der gesetzlich zugelassenen Geldscheine verwendet? Nein?
Warum? Weil es nicht im Sinne des Gesetzes war?

Der Sinn des § 35 ist doch wohl eindeutig, private Zahlungsmittel aus dem Zahlungsverkehr zu verbannen.

Ob nun Bitcoin-Fans oder Du die Bitcoins selbst als "Münzen" oder "digitale Währung" bezeichnen, ist unerheblich.

Ja, das ist in der Tat unerheblich, es kommt darauf an, letztlich vor Gericht, ob Bitcoin als "Geldzeichen" eingeordnet werden.
Gibt es dazu schon ein höchstrichterliches Urteil?
Soweit ich weiß, gibt es das noch nicht.

Dein Hinweis, die verantwortlichen Stellen "würden schlafen", geht völlig fehl.

Das sehe ich nach wie vor anders.
Sollte der Wortlaut des Gesetzes nach Meinung der zuständigen Richter die Bitcoin tatsächlich nicht erfassen, dann wäre lediglich eine kleine Formulierungsänderung angebracht, nämlich die, dass herzhaft geschlafen wurde, weil es von den verantwortlichen Stellen versäumt wurde, den Wortlaut des Gesetzes an den Sinn des Gesetzes anzupassen.

Ein "völlig fehl" sehe ich da nicht.


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