Die Polizei und der Respekt vor den Beamten...

Fairlane, Dienstag, 13.06.2017, 21:55 (vor 2510 Tagen) @ Olivia2755 Views

@ Olivia

Ich stimme Deinen Ansichten zu.

Meinen Erfahrungen nach ist die jüngere Generation innerhalb der Exekutive auch etwas anders "drauf" - keineswegs mag ich mit meiner Behauptung verallgemeinern, jedoch wurde ich in den letzten fünf Jahren dreimal aus dem Straßenverkehr herausgewunken und es waren stets Beamte oder Beamtinnen unter 30 Jahren, deren Auftreten mir eher den Eindruck vermittelte Patient beim Kinderarzt zu sein...
Nicht dass ich etwas gegen freundlich-lockeres Verhalten hätte; nein - von der Polizei erwarte ich ein Auftreten, welches zum Respekt gegenüber den Beamten nötigt- ohne unnötige Härte, ausser es ist geboten. Keiner dieser Uniformträger brachte das auch nur ansatzweise rüber und es lag gewiss nicht an meinem Auftreten, welches nicht zum Scherzen einläd. Selbstverständlich bin ich kooperativ und provoziere in solchen Situationen nicht, da mir sehr wohl bekannt ist wie frustrierend der Dienst sein kann: Ein Bekannter ist Polizist und gibt ab und an Einblick in seine nervenaufreibende Arbeit.

Das, was sich nun zugetragen hat, ist ohne genaue Kenntnis des situativen Ablaufs nur im Bereich der Spekulation zu diskutieren.
Ist ein Angreifer so nahe am Beamten, dass er die Waffe greifen und an sich reißen kann, dann ist meiner Meinung nach etwas gründlich schief gelaufen; in Italien habe ich keinen Polizisten oder Militär-Angehörigen gesehen, der seine Dienstpistole nicht mit einem Spiralkabel gesichert hatte; womöglich ist es dort Vorschrift, aber auch das kann taktische Nachteile mit sich bringen. Unsere Polizei hat i.d.R. Holster in denen die Waffe gesichert steckt und erst nach Drücken einer Klinke gezogen werden kann - dies erschwert ein Entwenden durch Dritte. Womöglich war im vorliegenden Fall die Waffe bereits gezogen und die Distanz zum Angreifer gering. Solche Situationen sind fraglos purer Stress und Menschen handeln eben nicht immer "richtig".

Sicherlich hat es früher andere Vorfälle gegeben, die ebenso brenzlig waren, aber es ist auch eine Frage des Trainings und der richtigen Einschätzung der Situation. Beamte aus Frankfurt, Hamburg, Berlin oder anderen Großstädten haben es oft genug mit gewalttätigen Drogenkonsumenten aufnehmen müssen, die ein irrationales und gefährdendes Verhalten an den Tag legen. Wie gut waren die nun betroffenen Beamten im Umgang mit derartigen Situationen ausgebildet?

Die Polizei in den USA hat durchaus eine härtere Gangart und ist mittlerweile deutlich militarisiert - sie gehen weitaus weniger Risiken ein, haben dadurch aber auch ihr menschliches Antlitz eingebüßt; sympathisch wären mir derartige Cops auf den ersten Blick nicht; die Mischung aus Respektsperson mit jederzeitigem Durchsetzungsvermögen, aber auch einem Mensch in Uniform, der "zu uns" gehört halte ich für den angenehmsten Weg...schließlich ist deren Wirken unser Steuergeld in Aktion!

Wer aber soll das Volk beschützen, wenn Du schreibst, dass die Polizei sich garnicht mehr auf solche Situationen einlassen soll? Der "Deal" ist doch jener, dass das Volk die direkte Machtausübung an den Staat abgegeben hat und die Exekutive der ausführende Arm der Legislativen ist? Wenn keiner die Übeltäter in die Schranken weist, sind wir schutzlos.
Das Militär sehe ich persönlich nicht dazu befugt und sollte es diese Aufgabe übernehmen, dann ist mangels Kenntniss, wie solche Situationen zu handhaben sind mit vielen Fehlentscheidungen und größerem Schaden zu rechnen.

Das Schießen auf Angreifer im gerechtfertigten Fall will geübt sein, was nützt es wenn der Angreifer niedergestreckt ist und ein dahinter stehender Unbeteiligter angeschossen wird?

Auch ich bin davon überzeugt, dass der Angreifer im aktuellen Fall im Umgang mit Waffen kein unbeschriebnes Blatt war und vermutlich einen Killerinstinkt hatte; es gehört schon gehöriger Schneid dazu einem Polizisten die Waffe zu entreißen und zu schießen - wer alle Sinne beisammen hat, kann sich sicher sein aus solch einer Situation nicht unbeschadet raus zu kommen; geschweige denn nach einer zunächst erfolgreichen Flucht ein ruhiges Leben führen zu können, in der Annahme, dass niemand die Sache weiter verfolgen wird.

Ich würde nicht behaupten, dass niemand mehr diesen Beruf in Zukunft ausüben mag; es ist eine Frage der Motivation und auch Berufung einen "Unterschied" machen zu wollen und sich Herauforderungen zu stellen; deshalb werden dennoch Menschen Arzt oder gehen zum Militär oder eben Polizei - es muß eben eine Anpassung an die Situation geben und Handlungsfreiräume von Oben geschaffen werden, damit der Job richtig gemacht werden kann. Ebenso muß derart geschult werden, dass Rücksicht auf die veränderte Realität genommen wird.

Wenn dies natürlich nicht geschiet, dann halte auch ich es für möglich, dass wir irgendwann im Chaos versinken, egal ob es noch die Polizei gibt und das Recht des Stärkeren regiert - dann hat der Staat sein Gewaltmonopol und seine Glaubwürdigkeit verspielt. Es muß eben mal im Rahmen der geltenden Rechtsordnung durchgegriffen werden und das ist sehr wohl möglich.

Gruss, Fairlane


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