Gibson-Paradox: Paul C. Martin - Die Theorie stimmt ganz einfach nicht, die von einer 'Geldmenge' ausgeht, die …

Ostfriese, Freitag, 07.06.2024, 10:20 (vor 50 Tagen) @ Revoluzzer1330 Views

Hallo Revoluzzer

Dazu

- Deshalb wird die EZB (FED, BoJ) Geld drucken bis zum Abwinken: Von der EZB an den Staat an die Geldempfänger des Staates und von dort die anteiligen Gewinne an die Börse. Inflation ohne Ende.

- Der Zinssatz für Private wird mit der explodierenden Inflation ins astronomische steigen. Für den Staat wird die EZB versuchen, einen künstlich niedrigen Zinssatz zu setzen. Das wird aber nicht durchzuhalten sein.

erlaube ich mir, Paul C. Martins Ausführungen über das Gibson-Paradox, das von der neoklassischen Lehre der Ökonomie nicht gedeutet werden kann, zu zitieren.

https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=100894 Re: Warum steigen Preise und Zinsen parallel? Hinweis auf das Gibson-Paradox verfasst von dottore, 17.01.2002, 15:37

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Hi dottore,
danke für die ausführliche Antwort. Aber mit der Behandlung der "Abzugstheorie" machst Du es Dir doch ein wenig einfach.

Hi Ricardo,

dies wurde von mir so behandelt, wie von Dir hier vorgestellt. Danach fragt die inländische Geldmenge die ausländische nach, was nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage zu einem Preisanstieg (= höherer Kurs) des ausländischen Geldes führen sollte.

Nicht nur die Geldmenge hat einen Einfluß auf die Währung, ebenso sind Güter- wie Kapitaltransfers zu berücksichtigen.

Gütertransfers werden mit inländischer Währung nachgefragt, die um zu den Produzenten der Güter zu gelangen, in deren Währung umgetauscht werden muss. Dieser Umtausch (= Nachfrage) müsste den Kurs der ausländischen Währung heben.

Für Kapitaltransfers gilt das gleiche. Der Inländer fragt mit inländischer Geldmenge ausländische Valuta nach, mit deren Hilfe allein er dann ausländisches Kapital (Sach- oder Finanzkapital) nachfragen kann.

Diese haben auch einen bedeutenden Einfluß auf die Devisennachfrage.

Sobald ich Devisen nachfrage, muss deren Kurs steigen. Was also war konkret mit dem Dollar los? Die deutsche Geldmenge ist stark gestiegen, die deutschen Preise sind gesunken. In deutsche Umsätze kann die Geldmenge nicht gewandert sein. Sie hätte (immer nach der von Dir eingeführten Theorie) ins Ausland wandern können. Aber dann hätte sich der Kurs des Dollar erhöhen müssen.

Und dies in komplexen Wechselwirkungen. Zudem sinkt im Normalfall mit Ausweitung der Geldmenge Zins (im Verhältnis zu Auslandszins), was wiederum Auswirkungen auf die Geldnachfrage aus dem Ausland haben dürfte.

Das mit der Ausweitung der Geldmenge haut nicht hin, leider. Das Modell, das dahinter steht sie so aus:

Zentralbank weitet Geldmenge aus. Geldmenge liegt zunächst bei ihr. Sie wird danach (!) von den Banken nachgefragt, wobei der Preis, der dann zustande kommt, der Zinssatz ist. Je mehr die Zentralbank also dieses Geld anbietet, desto niedriger ist der Zinssatz.

Würde die ZB unbegrenzt Geld anbieten, könnten die Banken es unbegrenzt nachfragen und die Geldmenge ginge gegen unendlich und der Zinssatz auf null.

Wir haben es hier zunächst mit dem Markt zwischen Zentralbanken und Geschäftsbanken zu tun.

Nun hätten also die Geschäftsbanken bei quasi Nullzins quasi jede Menge Geld.

Jetzt kommt der Markt Geschäftsbanken/Publikum.

Die Geschäftsbanken geben das Geld, das sie selbst nichts kostet, entsprechend günstig an ihre Kunden weiter. Sie müssen jetzt nur noch ihre Kosten decken bzw. die für Geschäftsbanken übliche gute Rendite erzielen, was den Zinssatz etwas über null hebt, aber nicht stark, da die Geschäftsbanken ihrerseits in Konkurrenz untereinander stehen und nur mit Hilfe ihres Preises für das bei allen Geschäftsbanken völlig identische Gut, nämlich Geld Marktanteile erweitern d.h. relativ mehr Umsatz als die anderen machen könnten.

Dieser Preis ist der Zinssatz.

Das Publikum kann so viel Geld nachfragen wie es haben möchte, wobei sich entsprechend dieser Nachfrage nach Geld, die bei niedrigerem Zinssatz höher wäre als bei hohem Zinssatz die Frage stellt:

Was passiert mit der letztlich immer im Publikum (!) landenden zusätzlichen Geldmenge?

Das Publikum leiht sich das Geld natürlich nicht, um es sich anzuschauen, sondern um mit diesem Geld zu kaufen. Wir haben jetzt den nächsten Markt: Das Publikum als Nachfrager und die Geschäftswelt als Anbieter von Waren und Dienstleistungen.

Das Publikum fragt nun mit mehr Geld in Händen verstärkt Waren nach und dies führt über kurz oder lang zu steigenden Preisen.

Die Preise steigen umso stärker, je billiger das Geld erst für die Banken und dann fürs Publikum wird. Der sinkende Zinssatz führt also zu steigenden Preisen. (wenn wir jedes Mal die Gesetze von Angebot und Nachfrage, zunächst nach Geld, dann nach Waren spielen lassen).

Tatsächlich belegen zahlreiche Untersuchungen, dass sich in der Geschichte Zinsen und Preise nicht gegenläufig, sondern parallel entwickeln. Steigen die Zinsen, steigen die Preise und vice versa, was natürlich auch für fallende Zinsen und Preise gilt.

Dieses Phänomen ist als Gibson-Paradox bekannt und kann von den Monetaristen nicht gekontert werden, vgl. u.a. Shiller/Siegel The Gibson Paradox and Historical Movements in Interest Rates, Journal of Political Economy 85, 891 ff.

Als z.B. die Preise in dem hier betrachteten Zeitraum 1986/87 deutlich gefallen sind, sind auch die Zinssätze am Geldmarkt deutlich gefallen, was die Bundesbank, die bei Zinssenkungen niemals aus dem Markt rutschen darf, sondern den Geldmarktsätzen folgen muss, da sie sonst als Marktteilnehmer ausscheidet, z.B. zu einer Senkung des Diskontsatzes von 4,5 auf 2,5 % veranlasst hat.

Oder anderes Beispiel: Der Tagesgeldsatz stieg ab Oktober 1999 sehr stark an (von 1,75 auf 3 %), woraufhin (also anschließend!) der Tendersatz, also der Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte der Bundesbank (EZB) von 2,5 auf 3,00 Prozent angehoben wurde; die danach folgenden Erhöhungen des Tendersatzes bis auf 4,75 liefen nach genau dem gleichen Muster ab, d.h. immer ging der Tagesgeldsatz voran (vgl. Schaubild GB Buba, 29).

Parallel dazu stiegen die Preise bekanntlich an, die bis Herbst 1999 bei den Erzeugern, der Landwirtschaft und dem Bau noch im Minusbereich gelegen hatten, die Verbraucherpreise ohne Energie lagen bei null)! Das Jahr 2000 war völlig klar ein Jahr der steigenden Zinsen und der steigenden Preise, was sich bis ins Jahr 2001 fortgesetzt hat.

Die USA bieten ein völlig identisches Bild: In den 70er Jahren die starken Preissteigerungen (Nixon hatte sogar einen Preisstopp eingeführt) und die Sätze für Treasury Bills gingen von 1977 mit 4,5 % bis 1980/81, also dem Höhepunkt der Inflation (siehe auch Goldpreis) auf 15 bis 16 % hinauf.

In der danach folgenden disinflationären Periode (sinkende Preissteigerungsraten) sanken diese Sätze wieder stark, bis auf 3 % 1992/94 und Mitte 2001 auf 3,5 %.

Eine Geldmengenexpansion hat dann schon die Wirkung, das die heimische Währung nachgefragt wird und somit steigt.

Mit einer inländischen Geldmengenexpansion heimische Währung nachfragen kann nach dem Modell nicht hinhauen. Denn was erhalte ich mit Nachfrage in heimischer Währung? Heimische Währung.

Wieso wunderst Du dich über die mit der Geldmengenexpansion verbundene Preisentwicklung? Geldmengenexpansion bedeutet nichts anderes als das Geld billiger wird, die Zinsen fallen. Nichts anders will uns die Tauschgleichung sagen: Geldmenge und Preise verhalten sich proportional.

Wenn sie sich proportional verhalten, dann bleibt die Frage ungeklärt, warum 1986/87, also in einem von mir zur Verdeutlichung herausgegriffenen Beispiel, das - siehe oben - jederzeit mit Mengen von anderen Beispielen belegt werden kann, bei extrem expansiver Geldmenge die Preise so deutlich gefallen sind.

… von einer Zentralbank angeboten wird und anschließend den oben beschriebenen Weg nimmt.

Gruß

d.

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Gruß – Ostfriese

Nachtrag: In anderen Worten

https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=128529 Real-Enzyklopädie 28: Macht, Zins, Inflation (I) verfasst von dottore, 04.07.2002, 10:27

Dies erklärt auch, warum sich der Staat immer zu günstigeren Sätzen verschulden kann als der Rest der Wirtschaft. Die ultimative Perversion dieses Zustands ist die Finanzierung des Staates bei seiner (!) Notenbank direkt mit Hilfe von unverzinslichen Schatzscheinen oder Schatzanweisungen, Reichkassenscheinen o.ä., Urquell jeder Hyperinflation.

Die Lösung des Rätsels der Parallelität von Zinssatz- und Preissteigerungen liegt nun darin, dass der Zinssatz mit der Preissteigerung (Inflationsrate) eben nicht parallel sich entwickelt, sondern ihm vorangeht.

Dieses ist auch gut getarnt, da die Notenbank erst dann an der Zinsschraube dreht, nachdem sie Inflationsgefahren wittert. Dabei wird zunächst vergessen, dass die ZB dem Zinssatz des Marktes immer folgt. Die Inflationsgefahr kann noch so groß sein, sinken die Zinssätze am Geldmarkt, kann sie ihren Leitzins nicht erhöhen. Denn wer bemüht schon die Notenbank, die 5 % fordert, wenn der Geldmarkt 2 % verlangt?

Der Zusammenhang ist faktisch klar belegt: Die ZB folgt zum Schluss doch immer dem Geldmarkt und nicht umgekehrt. Zwar kann die Notenbank, als potestas sui generis machen, was sie will, und tut auch so, als sei sie Herrin des Geschehens, aber sie kann nicht aus ihrer Haut, die eng geschneidert ist, da sie nur über die Steuerung des Kurzfrist-Zinssatzes verfügt.


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