Und wieder die teuflischen Verdrehungen der Argumente

nereus, Sonntag, 12.02.2023, 18:24 (vor 1035 Tagen) @ Mephistopheles3190 Views

Hallo Meph!

Du schreibst: Aha. Und wenn wir mal annehmen, horribile diktu, dass diese ständigen falschen Versprechungen gar nicht einmal an der Boshaftigkeit oder Hinterfotzigkeit der westllichen politischen Klasse liegen (entgegen der Meinung der Mehrheit dieses Forums), sondern schlicht an ihrer Unfähigkeit, wie es bei allen niedergehenden Mächten der Fall ist, gegebene Zusagen auch einzuhalten?

Das habe ich fast erwartet.
Die Hinterfotzigkeit ist quasi ein notwendiges Übel, so wie der Bankräuber eben gerade nicht genügend Bargeld zur Verfügung hat und aus dieser „Not“ heraus mal kurz etwas Kohle am Schalter unter Gewaltandrohung abfordern muß.

Der Hardcore-Debitismus – ich bevorzuge die Softcore-Variante – schlägt schon erstaunliche Haken.

Das wäre dann ein Niedergangskriterium; wie immer. Verlust der Glaubwürdigkeit ist ein bezeichnendes und immer wieder auftretendes Niedergangssymptom.

Mangelnde Glaubwürdigkeit ist in erster Linie eine Charakterschwäche und kein übernatürliches Phänomen, dem man hilflos ausgeliefert ist.
Nach dieser Logik sind auch Fouls in allen Sportarten erlaubt, weil der schnellere, kräftiger oder taktisch geschickter agierende Gegner mehr Erfolg hat und man als bisheriger Champion wieder Meister werden will. [[sauer]]

Ein weiteres Zitat, das auch in diese Richtung geht: "Ich bin mir nicht sicher, ob man eine Atommacht nicht besiegen kann. Niemand ist unbesiegbar. Es stellen sich zwei Fragen: „Zu welchem Preis?“ und „Steht der zu zahlende Preis in einem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen, den man daraus zieht?“

Aha. Aber auf die Idee, dass niemand mehr diesen Preis zahlen kann, ist anscheinend noch niemand gekommen. Genau das aber halte ich für den wahrscheinlichsten Ausgang dieses Krieges.

Baud resümiert nur auf das unberechenbare Kalkül USraels, das verzweifelt um sich schlägt, weil der Machtverlust unvermeidlich scheint.
Niemand weiß, wie ein atomarer Krieg ausgehen würde, daher ist auch die angeblich sichere Spekulation, daß er stattfindet etwas müßig.

Dazu ein Beispiel, streng debitistisch:
Weder verfügten Napoleon noch Zar Alexander über Atomwaffen. Trotzdem floh Napoleon, obwohl er immer gesiegt hatte und selber unbesiegt war, Hals über Kopf aus dem brennenden Moskau.
Der Grund war ganz einfach: Weder konnte er einen weiteren Aufenthalt in Moskau finanzieren noch konnte er den Zaren Alexander, wie er es geplant hatte, dazu zwingen, die weiteren Kosten des Krieges zu finanzieren, wie es die Sieger gerne mit den Besiegten machen.

So bastelt man sich Geschichte zurecht damit sie in das eigene Weltbild paßt.
Aber, so war es nicht. [[motz]]
Ausnahmsweise kann man dazu sogar einmal die Wikipedia zitieren, welche die Gründe für das Scheiten Napoleons auflistet:

In früheren Kriegen hatte sich die französische Armee fast ausschließlich aus dem durchzogenen Land versorgt. Meistens hatten französische Revolutionstruppen, ebenso wie später Napoleons Truppen, keinen militärisch organisierten Tross wie andere Armeen. Sie waren deshalb schneller und beweglicher, aber auf stete Versorgung durch Bauern und Kaufleute des besetzten Landes angewiesen. Diese Strategie hatte im dicht besiedelten Mitteleuropa gut funktioniert, in den Weiten Russlands mit ihrer dünnen Besiedelung und schlechtem Straßennetz war sie zum Scheitern verurteilt.
..
Hinter der Armee sollten Herden mit Schlachtvieh folgen, das jedoch, ohne Pausen vorwärtsgetrieben, rasch abmagerte und zum beträchtlichen Teil am Straßenrand verendete. Darüber hinaus war ein Teil der 26 Equipagen-Bataillons mit Ochsen bespannt, die für den späteren Verzehr vorgesehen waren; diese Tiere verendeten wegen der mangelhaften Versorgung aber schon nach kurzer Zeit. Die Fuhrwerke der 26 Equipagen-Bataillone, die zusammen eine Transportkapazität von knapp 8.000 Tonnen besaßen, reichten für die Versorgung der rund 600.000 Mann der Grande Armée nicht im Entferntesten aus

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Russlandfeldzug_1812

Es ging absolut nicht um Vorfinanzierung und Kosten, sondern schlicht und ergreifend um Fehlplanung.
Das weite Rußland war eben ein anderes Kaliber als das dichtbesiedelte Mitteleuropa.
Weiter berichtet man:

Der Anspruch der Grande Armée „schneller und beweglicher“ zu sein als andere Heere, führte dazu, dass der militärisch völlig unorganisierte Tross von Anfang an den Kampfeinheiten nicht folgen konnte, so dass der Hunger bei vielen Einheiten schon einsetzte, noch ehe die Memel überschritten oder Grodno erreicht waren.
So waren von Anfang an viele Soldaten auf der Suche nach Ess- und Trinkbarem.
Dabei verließen sie nicht selten ihre Einheit, um in entfernter gelegenen Dörfern nach Nahrung zu suchen (wie zahlreiche Tagebücher und Briefe von Soldaten belegen).
Nicht zuletzt deshalb verlor die Grande Armée schon in den ersten sechs Wochen rund 50.000 Soldaten durch Desertieren.

Es gibt eben in der realen Welt auch noch andere Gründe für militärisches Scheitern außer den Finanzierungskosten.

Die Logistik der „Großen Armee“ von 1812 war somit höchstens für einen ganz kurzen Feldzug ausgelegt. Das „revolutionäre“, auf Requirierung beruhende System war angesichts des dünn besiedelten Landes schon in Polen und Litauen ungenügend, es versagte endgültig, als die Armee am Dnjepr (kurz vor Smolensk) die Grenze nach („Alt-“)Russland überschritt und ab dort fast nur noch verlassene Dörfer und große Wälder vorfand.
Da die Grande Armée keine Zelte für die Soldaten mit sich führte, mussten diese selbst bei Schneetreiben und klirrendem Frost im Freien biwakieren. Der weitgehende Verzicht auf einen militärisch organisierten Tross rächte sich in Russland. Die Invasoren verloren dadurch wesentlich mehr Menschen durch Hunger, Krankheit und Desertion als durch Feindeinwirkung.

Das soll genügen.
Danach gab es noch zahlreiche andere Aspekte, die einmal den Franzosen und auch wieder den Russen in die Hände spielten, auch was die Unterstützung anderer Mächte angeht.
Das würde jetzt viel zu weit führen, aber General Winter hatte vor über 200 Jahren schon seine Macht gezeigt.

Entweder können sie Russland die Kosten ihrer jahrzehntelangen Expansion (auf Kredit) aufhalsen, oder der $ als Weltreservewährung wird verschwinden (sogar ohne exzessiven Atomkrieg).

Der US-Dollar wird als einzige Welt-Leidwährung – das ist so geschrieben, wie gemeint – verschwinden, da stimme ich Dir zu.

mfG
nereus


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