Von Schutzpflicht kann nicht die Rede sein. Maßgebend ist die Verfassung

helmut-1, Siebenbürgen, Freitag, 19.03.2021, 22:04 (vor 1152 Tagen) @ Falkenauge2079 Views

Hallo Falkenauge, - hab mir das alles durchgelesen und mal die anderen Kommentare dazu abgewartet. ich beschränke mich mit meinem Kommentar alleine auf die Verfassung. In Deutschland nennt man das "Grundgesetz".
Da steht im Art.2 Abs. 2: Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Natürlich bezieht sich das auf die Einwirkung durch andere Menschen.

Man argumentiert:

Dieses Grundrecht ist massiv bedroht durch die Corona-Pandemie. Die Gesundheit und das Leben vor allem von alten Menschen und auch jüngeren mit Vorerkrankungen ist stark bedroht.

Und genau das ist eine Fehleinschätzung. Haben wir ein Recht darauf, dass unsere körperliche Unversehrtheit nicht durch Fehleinschätzung der Verantwortlichen im Staat beeinträchtigt wird? Darüber kann man nirgends etwas lesen.

Paul Kirchhof schreibt hier:

https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=ace3e78a-19cd-7829-1564-959927bae30...

„Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Mit diesem Satz garantiert die Verfassung selbstverständlich nicht, dass die Bürger nicht sterben müssten oder nicht krank werden könnten. Das „Recht“ auf Leben und Unversehrtheit gewährleistet nur das, was eine verbindliche Regel bewirken kann: Sie sichert zunächst eine Freiheit vom Staat, ein Abwehrrecht gegen die Staatsgewalt,das den Staatsorganen die Todesstrafe, die Folter, die Körperverletzung verbietet.

Daneben gibt das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit dem einzelnen Menschen einen Anspruch, an den in Deutschland gegenwärtig erreichten Regelstandards der Krankenbehandlung, der Gesundheitsvorsorge, der Hygiene, der sozialen und kulturellen Existenzbedingungen teilzuhaben (Teilhabeanspruch)

Wie siehts in Österreich aus?

Wieder beginnen wir bei der Verfassung. Aber da siehts mau aus. Das Recht auf Gesundheit oder sowas in der Richtung konnte ich da nicht entdecken.

In der Analyse von Resch/Wallner kommt es klar zum Ausdruck:

http://cd.manz.at/rechtaktuell/pdf/Resch_Wallner_HB_Medizinrecht_LP.pdf

Die österreichische Verfassung weist Grundprinzipien über die Staats- und Regierungsform, die Gliederung des Staates und die Stellung des Einzelnen und seiner Rechte im Staatsgefüge auf. Unter diesen Grundprinzipien sind es vor allem das bundesstaatliche und das
rechtsstaatliche Prinzip mit den darauf fußenden Rechtsvorschriften, die erhebliche Bedeutung für die Gestaltung des österreichischen Gesundheitsrechts haben.

Aber in der Verfassung selbst ist über das Recht auf die Gesundheit nichts verankert. Deshalb erscheint mir die Initiative der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovicals logisch, die einen Antrag auf Verfassungsänderung gestellt hat:

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXI/A/A_00083/fname_599949.pdf

Das Ganze beginnt mit Art. 1): (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Achtung seiner Gesundheit.

Offensichtlich wurde das angenommen und am Schluss steht:

Artikel 4
(1) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit 1. September 2000 in Kraft.
(2) Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

Wie siehts in Rumänien aus:

Art. 34 der Verfassung sagt (übersetzt):

Das Recht auf Gesundheitsschutz ist garantiert.
(2) Der Staat ist verpflichtet, Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Hygiene und Gesundheit zu treffen.
(3) Die Organisation des Gesundheitswesens und des Sozialversicherungssystems für Krankheit, Unfall, Mutterschaft und Rehabilitation, die Kontrolle der Ausübung medizinischer Berufe und paramedizinischer Tätigkeiten sowie andere Maßnahmen zum Schutz der körperlichen und geistigen Gesundheit des Menschen werden durch Gesetz festgelegt.

Also, nun haben wir mal drei Länder, wo wir das über die Verfassung beurteilen können. Aber für alle drei Länder trifft folgendes zu:

Sämtliche Anordnungen, Restriktionen, Einschränkungen , - was auch immer,

1.) gehen von einer bestimmten Annahme aus, die subjektiver Natur ist ( = Pandemie)

2.) wurden niemals von einer Parlamentsmehrheit durch die Abgeordneten beschlossen, sondern sind Anordnungen durch die Regierung, durch Ministerien oder dafür bestimmten Gremien.

Da es sich um die gravierende Einschränkung der Rechte des Bürgers handelt, die in jeder Verfassung verankert sind (Bewegungsfreiheit, Demonstrationsrecht, etc.), müsste dazu das Parlament gefragt werden. Ob für derlei Maßnahmen auch eine 2/3 Mehrheit notwendig ist, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist aber, dass sämtliche angeordneten Maßnahmen am Parlament vorbeigehen resp. vorbeigegangen sind.


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