Reformen, Reset oder mal was Neues?

Miesepeter, Donnerstag, 17.09.2020, 16:25 (vor 1315 Tagen) @ Phoenix56533 Views

Hi Phoenix5,

vielen Dank für Deinen tollen Eingangsbeitrag, sehr treffend formuliert.[[applaus]]
Aber hier muss ich Dir in einigen Punkten widersprechen.

Richtig, wirtschaften ist ohne Zins zwar prinzipiell machbar aber nicht sinnvoll.

Wirtschaften ohne Zins ist machbar, nämlich als Wirtschaften auf Befehl.

Nein, prinzipiell nicht. Das gesetzliche Zahlungsmittel wird immer qua Verschuldung emittiert und der Zins ist der Preis dafür, zukünftige Steuerforderungen in die Gegenwart geholt zu haben. Frei nach Trosinette: "Es kommt vom Staat (bzw. der Notenbank) und muss bei der Steuerzahlung wieder dorthin zurück."

Das muss aber nicht so bleiben. Man könnte die Geldausgabe auch privatisieren. Wichtig ist nur, dass es ausreichend Zwang gibt, welcher jeden Kreditnehmer dazu verpflichtet, Leistung zu erbringen, und Kredite wieder zurückzubezahlen. Ein kreditinduzierter Leistungszwang ist in dem Sinne nicht ein Gegenteil von Versklavung, sondern eine konziliante Form davon.

In der Zwischenzeit vergeht Zeit und die kostet Geld.

Das sieht nach einem willkürlichen Axiom aus. Zu heutigen, unsicheren Zeiten erhalten Schuldner, denen man die Rückzahlung mit grosser Sicherheit zutraut, Geld mit Negativzins. Dem Kreditgeber ist die Sicherheit mehr wert als der Zeitverlust. Dieser muss auch überhaupt kein Kostenfaktor sein. Wenn ich nicht vorhabe, meine zehnte Million in den kommenden 5 Jahren auszugeben, und auch sonst keine Verwendung für das Geld habe, dann habe ich keinerlei Oportunitätskosten und die 5 Jahre kosten mich effektiv nichts. Wenn mir jemand also zusagen kann, mir meine Million für 5 Jahre sicher zu verwahren, dann bi ich womöglich sogar bereit, dafür zu bezahlen.

Nur dort, wo Geld sehr knapp ist, kostet die Zeit Geld. Wenn ich die Luft verknappen würde, würde die auch Geld kosten, ebenso sieht es beim CO2 Eintrag in die Luft aus.

Die Banken geben das bloß weiter und verlangen noch ein Scherflein mehr, um auch selbst mitzuschneiden. Der Gewinn jedes einzelnen Kapitalisten ist nichts anderes als ein Zins. Jeder will mehr hereinbekommen, als er investiert hat.

Dem widerspreche ich entschieden: Der Gewinn eines Kapitalisten ist nicht der Zins. Der Kapitalist, im klassischen Sinne also Unternehmer, kombiniert mehrere Resourcen derart, dass Gewinn - nicht Zins - abfällt. Das Kapital ist dabei noch der geringste Faktor. Er ist kein Rentier.

Auch Banken wollen Gewinn machen. Hier nennen wir den Gewinn Zins.

Auch bei Banken ist der Zins nicht der Gewinn, sondern ein Ertrag, neben weiteren. Aus allen Erträgen ermittelt er dann nach Abzug der Aufwendungen den Gewinn.

Der Fehler ist die derzeitige Art der Geldschöpfung, genauer das Monopol der Banken darauf.


Stell einen Wechsel aus und du hast Geld geschaffen. Die Banken machen nichts anderes. Alles was du dafür brauchst sind Aktiva.

Oder überzeuge die Wirtschaftsteilnehmer, Bitcoin, Etherum oder sonstwas anstelle staatlich emitierten Geldes an Zahlung statt zu aktzeptieren....

Dass es durchaus auch anders geht, haben Goldstandard


Inwiefern anders? Banknoten kamen von der Notenbank gegen Zins. Banken schöpften Kredit gegen Zins. Einziger Unterschied, war der Goldbestand der Notenbanken, der je nach Deckung den Zinssatz regelte.

Der einzige Unterschied war, dass der Goldstandard die Emission von Geld beschränkte, weshalb bisher jeder Goldstandard der Geschichte - schon dutzende, wenn nicht hunderte Male durchexerziert - früher oder später aufgeweicht oder ganz abschafft wurde. Wie nannte es Einstein noch, immer das Gleiche zu versuchen, aber ein anderes Ergebnis zu erwarten?

Aufklärung hieße aber, sich einmal wirklich in PCMs Gedankengebäude hineinzuknien. Der Mann hat Außergewöhnliches erkannt. Es gibt nur eine Alternative zum sogenannten "Schuldgeldsystem" (egal ob es auf Gold oder Papier marschiert), nämlich Feudalismus/Sozialismus. Dann sind die Möglichkeiten eines Staatssystems ausgereizt. Eine Stufe niedriger stünden dann Solidargemeinschaften/Stämme und da gibt es weder Geld noch Märkte.

So ist es. Es gibt historisch nur zwei Arten von Leistungserzwingung/Wirtschaften: per direktem Befehl & Gewalt, oder per Selbstverpflichtung & Rechtsystem. Der Debitismus erklärt den Ablauf der letzteren Variante. Alternative dazu ist das Nicht-Wirtschaften: Sammeln & Jagen für den Eigenbedarf in der Gemeinschaft.

Das sind die bekannten Modelle. Das schliesst nicht aus, dass im Raum des Unbekannten noch weitere Modelle schlummern, die der bisherigen menschlichen Vorstellungswelt nicht zugänglich waren. Um das zu erforschen, braucht es aber ein bisschen mehr als eine Geldreform. Geldreformen sind im Debitismus noch und nöcher beschrieben, und sie werden auch wiederkommen, noch sicherer als das Amen in der Kirche. Nach der Reform ist dann, wie immer, wie vor der Reform. Ein Reset eben.

Gruss,
mp


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