Naturwissenschaftliche Forschung im Land

Susanoo, Samstag, 07.03.2020, 14:48 (vor 1511 Tagen) @ SevenSamurai2245 Views

Ich hatte ein knappes Jahr das Vergnügen naturwissenschaftliche Forschung 'live und in Farbe' an 2 renommierten Instituten auf Bundesebene mitzuerleben. Ein Institut in Nord- ein in Süddeutschland. Vor dieser Erfahrung hatte ich es noch erwogen 'in der Forschung' einzusteigen. Das Erlebte ließ mich schnell das Weite suchen.

Wie es in anderen Forschungsgebieten aussieht, kann ich persönlich nicht sagen, vermutlich eher schlechter, da naturwissenschaftliche Forschung, so weit ich es noch weiß, in der BRD mit am besten dotiert ist.

Hier ein paar Punkte:

Naturwissenschaftliche Forschung ist hochpolitisiert und weisungsgebunden. Bei Gruppen- und Institutsleitern geht ein nicht kleiner Teil ihrer Zeit auf Postengeschacher und interne Intrigen drauf. Gut dotierte und vor allem gut angesehene Posten sind rar. Wer nicht die Unterstützung der 'Fachkollegen' auf einen Posten hat, der wird bei einer Bewerbung für einen solchen Posten auf Bundesebene nicht in Erwägung gezogen.
Dann gibt es die ganzen Verflechtungen mit den Verlagen (Springer, Piper, Elsevier, Spektrum, dtv, Wiley, usw.), so wie du es schreibst. Hier hatte ich aber nicht so den Einblick, wie das ganze läuft.

Statt intern mit verschiedenen Instituten und Gruppen zu kooperieren, wird konkurriert. Die anderen könnten ein Paper ja schneller veröffentlichen, besser machen, durch die Veröffentlichung bekannter werden, usw. Selbst wenn man fehlerhaftes Vorgehen einer Gruppe bzw. Person findet, egal ob methodisch, konzeptuell oder in der Anwendung, wird meist nicht interveniert. Das gleiche Dilemma, das auch in der deutschen Lehrerschaft vorliegt: Wenig bis keine fachliche Kritik unter Kollegen.

Doktoranden werden in den meisten Fällen ausgebeutet und in diverse Abhängigkeiten gebracht und hingehalten. Nach dem Motto: Wenn du dies machst, dann helfe ich dir so und so, wenn dies und das eintritt. Die Glücklichen unter den Doktoranden haben eine 3/4 Stelle oder ein Stipendium und können davon leben. Die Arschkarte habe die mit 1/2 Stellen und vor allem die mit einer 1/4 Stelle.

Forschung auf Bundesgebiet ist chronisch unterfinanziert. Gruppen- und Institutsleiter verbringen einen weiteren Teil ihrer Zeit auf der Jagd nach Geld bzw. Sponsoren anstatt zu Forschen.

Diejenigen, die das Spiel durchschauen und fachlich kompetent sind, gehen sehr häufig ins Ausland. Dort gibt es diese Probleme nur in sehr abgeschwächter Form. Finanzielle Sorgen, d.h. eigene Vergütung & Dotierung der Gruppe/Abteilung & Geld für Material, gibt es nicht. Die zur Verfügung stehende 'finanziellen Möglichkeiten' sind ein mehrfaches im Vergleich zur BRD bei vergleichbarer Position/Verantwortung.


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