Nein danke, besser nicht.

Positiv, Samstag, 01.07.2017, 10:53 (vor 2491 Tagen) @ Falkenauge4133 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 01.07.2017, 11:01

Hallo Falkenauge,

soziale Utopien sind eine schöne Sache. Ich möchte 2 Punkte zu bedenken geben:

Allgemein bekannt und hier oft ausführlich beschrieben: Die Lohnsklaverei wird von denen, die davon profitieren niemals freiwillig aufgegeben werden.

Desweiteren wird der Staat unter allen Umständen vermeiden, den Existenzsicherungsdruck von den Beherrschten zu nehmen - wie soll er sie denn sonst kontrollieren und die eigene Machtposition erhalten & ausbauen?

Viel interessanter finde ich aber das hier beschriebene zweite Experiment mit Ratten.

Ich weiß, es ist vollkommen unmoralisch und nicht akzeptabel, Ratten mit Menschen zu vergleichen.
Der im Experiment beobachtetete Ausgang lässt selbstverständlich keine Schlüsse auf menschliches Verhalten zu und eine eventuelle beobachtbare Analogie im menschlichen Leben ist reiner Zufall.

"Eines der letzten Experimente Calhouns zeitigte noch weit schlimmere Folgen. Calhoun betätigte sich als Städteplaner und Architekt für Rattenwohnungen. Auf zweieinhalb Metern im Quadrat baute er eine kleine Stadt mit 256 Appartements, stellte Wasser- und Verpflegungsstellen zur Verfügung. Um sicher zu gehen, dass es die Bewohner auch gemütlich haben, klimatisierte er den ganzen Raum und richtete Kontaktplätze ein, die den Bewohnern als Stellen der Begegnung dienen sollten. Dann quartierte er die ersten Bewohner dort ein, nämlich acht weiße Ratten, und ließ dem Schicksal seinen Lauf.

Die acht Ureinwohner vermehrten sich im Laufe der Zeit auf 150 Tiere, was nach Calhoun eine Idealziffer darstellt. Doch das Ausbleiben von Krankheiten und Räubern ermöglichte eine weitere Vermehrung auf 6oo Ratten. Calhoun beobachtete, wie sich langsam soziale Strukturen herausbildeten. Es sonderten sich 14 Gruppen ab, die als die dominanten Tiere angesehen werden konnten, wahrend die übrigen sich in der Mitte des Raumes zusammendrängten. Hier versammelten sich über 400 Ratten, von denen es nur wenigen gelang, in eine der 14 Gruppen aufzusteigen. Die unterprivilegierten Tiere, die in der Mitte des Geheges zusammengepfercht lebten, reagierten mit erheblicher Gewalttätigkeit und bekämpften sich schließlich sogar untereinander. Die ranghohen Tiere, die in der sozialen Hierarchie zu einer der 14 Gruppen gehörten, vermehrten sich weiterhin ungemein schnell, bis die Bewohnerzahl des Geheges schließlich auf 2200 Tiere anschwoll. Dabei wurden die Sozialstrukturen völlig zerbrochen. Die Mütter zeigten nicht mehr das normale Pflegeverhalten. Wahrend sie sonst z.B. für ihre Jungen ein Nest zu bauen pflegen aus Material, das Calhoun in reichlichem Maß zur Verfügung stellte, schafften sie es nunmehr kaum noch, mit einigen wenigen Schnipseln einen solchen Nestbau auch nur anzudeuten. Die Kinder gingen in der quirlenden Masse ihrer Artgenossen unter und hatten keine Chance zu überleben. Nur wenigen gelang es noch, zu kopulieren, weil sie dauernd von wütenden Artgenossen angegriffen und so daran gehindert wurden. Schließlich erstarb das Leben mehr und mehr. Selbst normale Pfeif- und Quietschgeräusche, die sonst alle Aktivitäten der Ratten untermalen, hörten auf.

Die meisten Tiere, so beschreibt Calhoun, sind zwar physisch gesund, aber sozial steril, eingefroren in eine Art kindhafter Trance. So nahte das Ende. Seit einem Jahr wurde in der einst so luxuriösen Überflussgesellschaft kein Nachwuchs mehr geboren. Die Zahl der Bewohner schrumpfte auf 600 und weiterer Nachwuchs war nicht mehr zu erwarten. Die jüngste Ratte, so ermittelte Calhoun, war 4o Jahre alt, übertragen auf die menschliche Lebensspanne. Die mit allen Annehmlichkeiten eines Rattenlebens ausgestattete Überflussgesellschaft war um Tode verurteilt."
Aus "Verhaltensforschung, die uns angeht" von Klaus H. Thews

So, nun zerreißt mich!

Beste Grüße,

Positiv.


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