Vatertagstour, nicht, um sich zu besaufen, sich zu befreien

Tempranillo, Donnerstag, 30.05.2019, 14:21 (vor 1794 Tagen) @ Tempranillo5728 Views
bearbeitet von unbekannt, Donnerstag, 30.05.2019, 14:24

DONNA ANNA e DON OTTAVIO
Protegga il giusto cielo
Il zelo - del mio cor.

DONNA ELVIRA
Vendichi il giusto cielo
Il mio tradito amor!

DONNA ANNA e DON OTTAVIO
Beschütze der Himmel
Den Eifer - meines Herzens

DONNA ELVIRA
Räche der gerechte Himmel
Meine verratene Liebe

https://www.youtube.com/watch?v=MtBMVEGCDxI#t=6min49s

Habt Ihr vor einem Fest oder Ball schon mal gebetet?

Wer so etwas macht läuft doch nicht rund, und das paßt natürlich bestens zu dem überdrehten Quark, den einem die Opern servieren.

Vielleicht nicht ganz falsch, aber bei Da Ponte und Mozart ziemlich sicher nicht richtig!

Nehmen wir an, bei dem Ball des Aristokraten Don Giovanni handelte sich um ein Fest des perversen Teils des europäischen Eliten, wirkt dieses Gebet auf einmal sehr viel weniger unangemessen. Wie so vieles, wenn man nur einmal den Text genau liest und sich die Situation vergegenwärtigt, beginnt es in verschiedenen Bedeutungen zu oszillieren.

Don Giovanni wurde zuvor als Mörder, das wäre zu stark, Totschläger, Vergewaltiger und Aufreißer mit pädophilen Neigungen dargestellt (*Ma Passion predominante è la giovin principiante*, Reisterarie), der etwa 1.800 Frauen durchgenagelt hat.

Es fehlt wirklich nicht mehr viel, und wir sind bei Dutroux und im Pizzagate. Wenn es eine Gelegenheit gibt, beten zu lernen, dann vor dem Eintritt in deren dunkle Verliese.

Diese Interpretation hat eine Schwachstelle: niemand weiß, ob da Ponte und Mozart an derartige Festlichkeiten gedacht haben.

Allerdings finden wir gegen Mitte, Ende des 18. Jahrhunderts einige Namen, denen man derartiges zutrauen könnte: Giacomo Casanova, der Prince de Conti und vor allem Marquis de Sade.

Daß es bei diesem Fest der Eliten drunter und drüber geht, auch Vergewaltigungen auf dem Programm stehen, wenn man so will, alle Grenzen und Begrenzungen aufgehoben sind, unterstreicht Mozart, indem er auf offener Bühne quasi ein Spruchband mit (Viva, viva la libertà) aufrollen und die Protagonisten gleichzeitig drei verschiedene Tänzen präsentieren läßt (Menuett, Contredanse, Deutscher), bis die sich gegen die Vergewaltigung wehrende und um Hilfe schreiende Zerlina den satanischen Reigen platzen läßt.

https://www.youtube.com/watch?v=yIFxhkHmQkA#t=2min50s

Das doppelbödige Hoch auf die Freiheit:
https://www.youtube.com/watch?v=yIFxhkHmQkA#=2min08s

Welche Freiheit? Die der sadistischen, sich an kein Recht und Gesetz haltenden Eliten oder die der von ihnen geschundenen Menschen?

Das Terzett *Protegga il giusto cielo* legt offen, worin ein großes Problem der europäischen Kultur liegt: Angloamerikanisches ist fast immer stinkprimitv und bewegt sich nicht selten auf der Stufe primatenhafter Vertierung.

Europäisches stellt an Ausführende und leider auch das Publikum extreme Ansprüche.

Will man die Opern Mozarts verstehen, nicht einfach nur kulinarisch genießen, muß man unbedingt Italienisch verstehen, sich zumindest eine Übersetzung besorgen und diese wenigstens teilweise auswendig parat haben.

Die Sänger müssen textverständlich sein, eine runde und geschmeidige Tongebung mitbringen und sollten hundertprozentig intonationssicher sein, was in dem obigen Terzett nicht unbedingt der Fall ist, von dem es wenige wirklich sauber gesungene Aufnahmen gibt. Und wenn, wird bestimmt das Tempo verschleppt oder etwas anderes paßt nicht.

Tempranillo

--
*Die Demokratie bildet die spanische Wand, hinter der sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr finden sie das beste Verteidigungsmittel gegen eine etwaige Empörung des Volkes*, (Francis Delaisi).


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung