"Den Fehler" gibt es wohl nicht

Otto Lidenbrock, Nordseeküste, Dienstag, 15.03.2022, 12:39 (vor 772 Tagen) @ Beo22413 Views

Ich denke nicht, dass es "den Fehler" gibt, es ist aus meiner Sicht eine Mischung aus grundsätzlichem Selbstverständnis der Menschen, politischem System, Einfluss der Medien und Wohlstandsniveau.

Auf Deutschland bezogen würde ich sagen, dass eine Mehrheit der Deutschen grundsätzlich nicht zu Freiheit und Selbstbestimmung neigt; Eigenverantwortung und Unsicherheit sind ihnen ein Gräuel, weshalb sie paternalistische Strukturen bevorzugen, die ihnen im Groben vorschreiben, in welchen Bahnen man agieren kann und wo die Grenzen der freiheitlichen Betätigung sind.

In der Politik haben die Parteien diesen Staat in den vergangenen Jahrzehnten Stück für Stück gekapert und betrachten ihn jetzt als ihre ganz persönliche Spielwiese, auf der sie nach Belieben agieren können, ohne dass der "Souverän" ihnen noch Einhalt gebieten könnte. Solange das politische Spektrum mit CDU/CSU und FDP (später auch AfD) noch mehrheitlich konservativ ausgerichtet war, waren allerdings extreme Handlungsweisen praktisch ausgeschlossen. Nachdem jetzt aber die CDU und die CSU keine wirklichen Volksparteien mehr sind, ist das Pendel in der Lage, voll in eine Richtung auszuschlagen.

Die Medien haben ihren Einfluss auf die "politische Willensbildung" so stark vergrößert, dass sie in der Lage sind, die Bevölkerung praktisch wie einen Tanzbären am Ring durch die Manege zu ziehen. Aktuell erinnert einen das Verhalten der Massen an die Pawlow'schen Hunde, bei denen der Speichelfluss einsetzte, wenn sie nur das Klingeln der Glocke hörten.

Dazu kommt ein Wohlstandsniveau, dass wohl noch keine Gesellschaft vorher in dieser allumfassenden Fülle genießen durfte. Die meisten Menschen sind satt und zufrieden, und ob ihrer Saturiertheit praktisch nicht mehr in der Lage, sich etwas anderes als einen vollen Bauch überhaupt vorzustellen. Gleichzeitig schätzen sie diesen Situation als Normalzustand ein, der sich niemals verändern kann und aufgrund seiner grundsätzlichen Stabilität auch gar nicht verteidigt werden muss. Gibt es irgendwo Probleme, werden die "Volksvertreter" sich derer schon annehmen und die beste Lösung finden. Es ist äußerst bequem und entlastend, wenn man sich nicht selbst darum kümmern muss.

Wir befinden uns auf einem Niveau der Wohlstandsverwahrlosung, wo es keine Rettung für die Gesamtheit der Verwahrlosten mehr geben kann, denn diese erforderte ein Maß an Selbsterkenntnis und Freiheitsliebe, das nicht mehr gegeben ist und sich auch nicht mehr herstellen lässt. So wird der Untergang des Abendlandes seinen Lauf nehmen.

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton


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