Nachtrag

Frances FreeToBe, Dienstag, 05.05.2020, 12:37 (vor 1458 Tagen) @ Frances FreeToBe3272 Views

Vielen Dank für all eure Antworten und Anteilnahme!

Da ich nicht jedem Einzelnen antworten kann schiebe ich diesen Text hinterher.


Mit der Verarbeitung von Ereignissen wie Trauer geht sicherlich jeder anders um. Manch einer beginnt ein Buch zu schreiben, der Andere schreibt in ein Forum. Ob es das Richtige ist? Normalerweise ist dieses Forum dafür eher nicht geeignet und ohne die Hintergründe der letzten Wochen zu berücksichtigen wäre es auch unangemessen.

Natürlich sterben Menschen. Jeden Tag. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Ganz normal, der Lauf der Dinge halt. Wenn die Zeit gekommen ist, dann ist es nicht selten eine Erlösung für alle Beteiligten, ja, selbst für den oder der Verstorbenen.
Nun sind in diesem Haus allerdings über 40 Menschen innerhalb kürzester Zeit verstorben. Und wären über 40 Menschen dort innerhalb kürzester Zeit alle an Nierenversagen verstorben, so würden wohl zurecht Fragen gestellt werden. So aber war es "nur" ein Corona-Hotspot, wie es in Deutschland - zum Glück - einige Wenige gab oder gibt.
Deutschland hat(te) Glück im Unglück.
Die Zahlen in Deutschland sind nüchtern betrachtet tatsächlich niedrig im Vergleich zu anderen Staaten. Das wird auch immer gerne hervorgehoben, wie gut Deutschland da steht. EU oder Europa wird da nicht genannt, die Bilanz gegenüber den USA zum Beispiel sähe nicht so rosig aus. Aber auch in den USA gab es eben Hotspots wie New York. Europäisch gesehen ist Deutschland eben auch nur eine Region die mit Glück(?) und Können(?) recht wenige Todesopfer zu beklagen hat. Von Hotspots in Seniorenheimen und einzelnen Landkreisen abgesehen.

Ob der Lockdown letztenendes nötig war, darüber lässt sich im Anschluss gut und gern diskutieren.
Alter Spruch, stimmt aber trotzdem: hinterher ist man immer schlauer.
Mit ausreichend Masken wäre es vielleicht gar nicht dazu gekommen, wer weiss. Wenn der Lockdown bei all den wirtschaftlichen Verwerfungen die er nach sich ziehen wird zu etwas gut war, dann ein Bewusstsein zur Vorsicht bei den Menschen zu schaffen, der ohne diesen Lockdown denke ich niemals so ins Hirn zu prügeln gewesen wäre. Der Mensch an sich ist gar nicht so rational. Das Gelbe Forum spiegelt nicht den Durchschnitt der Bevölkerung wieder, gehen zu den allermeisten Themen die Protagonisten hier mit deutlich mehr gesundem Menschenverstand an die Sache ran, was sich in überwiegend sehr klugen Beiträgen niederschlägt. Die meisten Menschen "da draussen" sind überwiegend absolut unpolitisch und an aktueller Nachrichtenlage überhaupt nicht interessiert. Aber das ist auch OK so, die Prioritäten liegen eben auf anderen (ebenfall sehr wichtigen) Dingen. Und ja, meine Meinung zu Corona ist auch weiterhin die, lieber einmal zu oft Vorsicht walten lassen als ein Leben lang Tot zu sein. Dieser (meiner Meinung nach) kluge Spruch stammt übrigens nicht von mir, sondern von dem Essayisten und Buchautor Dushan Wegner, den ich sehr schätze.

Es hat eben dann doch etwas verquerer Ironie an sich, dass ausgerechnet ich, der Corona schon sehr früh auf dem Schirm hatte und warnte nun den Verlust erleiden muss. Lieber hätte ich Unrecht gehabt und Corona wäre ein besserer Schnupfen gewesen. Deshalb auch noch kurz die Erklärung warum mein Vater dort und nicht zuhause war.

Vor einigen Jahren bildete sich die Tendenz zur Demenz hin. So übernahm ich die gesetzliche Betreuung, früher Vormund genannt, allerdings war es sein Wunsch weiterhin in seiner Wohnung zu leben. Ihm mehr oder weniger alle Freiheiten zu lassen entpuppte sich nach und nach nicht unbedingt als Fehler, aber als sehr nervenaufreibende und teilweise sehr zeitintensive Aufgabe ohne weitere Hilfe von Aussen.
Mir selbst setzte diese Aufgabe dermassen zu, dass ich nach über einem Jahr Abstand nehmen musste, selbst psychologische Hilfe in Anspruch nehmen musste und die Betreuung abgab an einen gerichtlich bestellten Berufsbetreuer, von dem ich hoffte, dass mein Vater von seiner Professionalität profitieren würde.
Als ich soweit wieder hergestellt war oder ich mir das einredete, übernahm ich wesentlich den Haushalt, ohne jedoch rechtlich noch etwas mitzureden zu haben.
Letztes Jahr im Frühsommer wurde nach einem Krankenhausaufenthalt den ich forciert habe um Schluckbeschwerden abzuklären ohne dass ich etwas mitzureden hätte entschieden, dass ein Heimplatz aufgrund der Demenz nun nötig sei. Mein Vorschlag ihn zu mir nach Hause zu holen und die Pflege komplett übernehme, seine Wohnung zu verkaufen oder zu vermieten und davon und mit seiner doch recht üppigen Rente so den Alltag zu wuppen wurde nur vordergründig vom Betreuer begrüsst, im Hintergrund organisierte er nämlich den Heimplatz und ich wurde vor vollendete Tatsachen gestellt.
Daraufhin, meiner Aufgabe beraubt, fiel ich selbst in ein Loch in dem ich bis heute sitze und vielleicht manchmal auch aus diesem Grund den ein oder anderen dämlichen Beitrag abgesendet habe wofür ich mich nur entschuldigen kann. Denn wo ich vor einigen Jahren eine Zeitlang neben der (Schicht)Arbeit nicht nur meinen, sondern einen zweiten Haushalt, nämlich den meines Vaters zu wuppen hatte überforderte mich diese Aufgabe. Letztes Jahr hätte das anders ausgesehen, da Zeit, Geld und Wohnung kein Problem dargestellt hätten. Möglicherweise war der Betreuer nicht davon überzeugt, was sein gutes Recht als letztlich Verantwortlicher ist, das Spielen mit verdeckten Karten hat mich menschlich jedoch tief enttäuscht.
Und so kam es dazu dass mein Vater gerade dort seinen Platz bekam, wo einige Monate später ein Corona-Hotspot entstehen sollte und über 40 Menschen in diesem Heim innerhalb kürzester Zeit ihr Leben lassen. Schuld gebe ich übrigens Niemandem ausser mir selbst. Waren es doch letztlich meine Entscheidungen in der Vergangenheit die dazu führten, welche Realität sich in Raum, Zeit und Gegenwart entfaltet.
Wie passend übrigens dass vor gar nicht so langer Zeit maximal Wochen, wenn nicht gar sofort und nicht wie in der heitigen Zeit Monate vergehen bis man seinen Termin beim Facharzt warnehmen kann, weil einfach zu viele Menschen zu wenig Ärzte frequentieren. Mein Termin morgen beim Psychologen ist so ein monatelang-warten-Termin, bei Lichte gesehen allerdings zur rechten Zeit.

Somit danke ich nochmals für eure Antworten und auch für PM die ich erhalten habe und klinke mich hier jetzt erst einmal für einige Zeit aus. Mein gestriger Beitrag war wohl dem Umstand geschuldet meinen Vater verloren zu haben an einen Virus, von dem Einige behaupten er wäre harmlos wie ein Schnupfen. Das ist er definitiv nicht und die weltweiten Massnahmen sprechen auch gegen diese These.
Ob er so gefährlich ist dass der weltweite Lockdown damit begründet werden darf oder hier eine kopflose überschiessende weltweite Hysterie ihren Lauf nahm wird die Zeit zeigen und Diskussionsstoff für Monate, wenn nicht gar Jahre liefern.


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