We all love our ugliness hooray, ugliness hooray, ugliness hooray

Tempranillo, Samstag, 28.09.2019, 13:39 (vor 1643 Tagen) @ Mephistopheles4234 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 28.09.2019, 14:32

Der
lange Weg in die Häßlichkeit

Das ist keine Mode, sondern der Verlust an Kultur

Wem sagst Du das! Es beginnt mit dem, was auf den Tisch und ins Glas kommt und endet bei allem, was einen außerhalb umgibt und so abstoßend ist, daß man, kommt es einem zu Ohren oder vor Augen, am liebsten das nächste Vomitorium aufsuchen würde.

Mit meinen sehr bescheidenen und vermutlich auch untauglichen Mitteln versuche ich nicht etwa dem Kulturverlust entgegenzuwirken, das wäre vermessen, mir geht es darum, das Bewußtsein dafür zu schärfen, was wir alles verloren haben.

Ich beginne mit einer Inszenierung Doris Dörries:
https://www.youtube.com/watch?v=dHN--Mr53Bw

Abstoßender und veramerikanisierter kann man dieses so raffinierte, vielschichtige, abgründige und dabei hochästhetische Stück kaum auf die Bühne bringen, das in Neapel spielt, wo ausgezeichneter Kaffe gemacht wird, nicht irgendwo in den Shithole-USA.

Verhäßlichung als Selbstzweck, nicht etwa Ausdrucksmittel, um Unschönes darzustellen, verstehe ich so wenig wie die onanistische Lust am angloamerikanischen Brutalismus.

Zum Vergleich eine die Gegebenheiten des Dix-huitième respektierende Aufführung aus dem Pariser Palais Garnier, erweitert um das einleitende Recitativo Accompagnato und ebenfalls mit Untertiteln, aber... was sag ich? Bitte draufklicken: https://www.youtube.com/watch?v=p2vHfUMxOSM

Regietheaterexperimente, meinetwegen auch solche, die nicht besonders schön anzusehen sind, lasse ich gelten, sofern ich dadurch etwas besser verstehe oder ein Aspekt hervorgehoben wird, der bislang übersehen wurde.

Was bitte, versteht man besser, wenn man sich das Regieverbrechen Doris Dörries antut?

Sehe ich Dorothea Röschmann einen Baum umarmen, denke ich an Regisseusen und Regisseure wie Dories Dörrie und Claus Guth, und was man mit ihren Requisiten noch anstellen könnte, statt sie einfach nur auf die Bühne zu pflanzen.

Ich denke eher, daß man durch Dörries krampfigem Bull-, Verzeihung Cowshit noch weniger begreift, worum es in diesem sehr anspruchsvollen Stück geht, dessen Struktur einer wissenschaftlichen Arbeit mit sehr genau definierten Randbedingungen entspricht, als daß man, ohne den Text auswendig parat zu haben, nachvollziehen könnte, was auf der Bühne geschieht.

Wer seinen Ekel vor Europäischem überwinden kann, sollte wegen der Untertitel noch einmal des erste Video aufrufen.

Was er sieht und hört, wäre ein Lügendetektor. Trotz ihrer pathetischen Deklarationen fällt Fiordiligi 20 Minuten später um und ihrem neuen Stecher in die Arme.

Aber Mozart denunziert sie nicht, er unterlegt die Singstimme mit einer Orchestrierung, die ästhetischer und, wegen des extrem reduzierten instrumentalen Aufwands, raffinierter kaum sein könnte. Geigen, Hörner, Klarinetten und Flöten treten abwechselnd hervor, sehr selten gemeinsam und lassen ein in vielen Farben irisierendes Klanspektrum entstehen, aber so, daß die Sopranistin nicht brüllen muß, um über das Orchester zu kommen. Susannas *Giunse alfin il momento* aus den vier Jahre zuvor entstandenen Le Nozze di Figaro wäre ein anderes Beispiel.

1790 wurde von da Ponte und Mozart dargestellt, daß immer Lüge, Beschiß und Betrug serviert werden, hat man mit allzu dick Aufgetragenem zu tun. Diese Feststellung müßte jetzt nur noch auf Demokratisches und Angloamerikanisches übertragen werden, etwas Futruf Wilsons 14-Punkte-Plan oder Roosevelts und Churchills Atlantik-Charta, dann sollte ein ganz, ganz wichtiger Groschen gefallen sein.

Die Quadratur des Kreises ist möglich, zwar nicht in der Geometrie, aber Europas Kunst schafft das Unmögliche: trotz maximaler Reduktion des Aufwands ein Maximum an Raffinesse und wohldosierter luxuriöser Opulenz zu erreichen.

https://www.youtube.com/watch?v=wv5RLOCZcfo

Tempranillo

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*Die Demokratie bildet die spanische Wand, hinter der sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr finden sie das beste Verteidigungsmittel gegen eine etwaige Empörung des Volkes*, (Francis Delaisi).


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