Man muss nicht 50 sein :-)

Gernot ⌂, Dienstag, 08.01.2019, 09:27 (vor 1925 Tagen) @ helmut-13798 Views
bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 08.01.2019, 09:40

Die Vision des Kosmpoliten ist ein
Trugschluss, - aber das stellt sich erst in fortgeschrittenem Alter heraus,
da muss man mindestens über 50 sein, wenn man dann beginnt, nach den
Wurzeln zu suchen.

Hallo Helmut,

Ich erinnere mich noch gut meiner vielen Auslandsurlaube bevor ich 20 wurde.
Ich fand es in anderen Ländern oftmals toll - wunderbare Frauen/Mädchen, tolles Essen, Landschaft mit Natur statt in Rechtecken, Schnee statt Dreck im Winter, freundliche Menschen - doch wenn ich nach Hause kam, spürte ich tief im Inneren, wieder in der
Heimat
zu sein.
Und das lag nicht daran, dass ich dort großgeworden bin. Ich bin nicht in Südtirol, Tirol, der deutschsprachigen Schweiz, im Bayerischen Schwaben, im Allgäu, in der Heide, an der Nordsee, im Ruhrpott, in der Eifel oder in Franken großgeworden, sondern in Berlin. Aber dennoch merkte ich, dass ich den Menschen auf eine subtile, schwerlich definierbare Weise näher war als im oftmals bewunderten und geliebten Ausland - womit ich Länder fremder Völker meine, nicht Staaten.

Ich glaube, Heimat ist dort, wo Menschen leben, mit denen man auf irgendeine, vielleicht subtile Weise, mehr gemeinsam hat als mit fremden Menschen in deren jeweiliger Heimat.
Es mag auch eine kleine Rolle spielen, in seiner Heimat "Privilegien" zu genießen, z.B. aufgrund der perfekteren Verständigung oder des unbewussten Anerkanntseins als Gleicher. Diese Privilegien wünsche ich jedem Menschen in seiner Heimat. Sie in der Fremde zu beanspruchen, halte ich für frech.
Stellte der türkische Händler in der Türkei mich aufgrund eines etwas besseren Zeugnisses als Prokuristen ein statt seines Landsmanns, würde man ihm vielleicht die Bude abbrennen.

Ich könnte mir vorstellen, in der Tschechei, in den Bergen der Türkei, in Siebenbürgen Heimat zu haben, lebten dort Deutsche.
Zuhause, nicht jedoch Heimat, habe ich in Berlin-Neukölln, wo ich Angehöriger einer ethnischen Minderheit bin und oftmals der jüngste Deutsche auf der Straße - oder der einzige.
Ich habe es auch schon gerade umgekehrt erlebt, als ich in einer rein deutschen Gegend ausgeprochener Spießer wohnte. Es war schlimm; ich fühlte mich wenig zuhause, hatte aber trotz aller distanzierenden Erlebnisse Heimatgefühl. Mein Volk zu kritisieren heißt nicht, es nicht zu lieben.


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