Diese Diskussion ist mit Menschen ohne mehrsprachlichen Hintergrund leider sinnlos

Literaturhinweis, Sonntag, 21.05.2017, 21:15 (vor 2503 Tagen) @ Leserzuschrift7545 Views
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 21.05.2017, 22:09

Das widerspricht meiner Erfahrung. Ich kenne mich halbwegs mit Spanisch, Deutsch und Englisch aus, und ich denke im jeweiligen Kontext in der jeweiligen Sprache.

Ja, weil Sie übersetzen.

Das merke ich insbesondere dann, wenn mir in der Fremdsprache bestimmte Wörter oder Floskeln fehlen, um meine Gedanken flüssig ausdrücken zu können. Dann wechsel ich im Kopf eben doch manchmal in die Muttersprache, um weiter denken zu können.

Ja, weil Sie übersetzen. Ich kann Ihnen leider nicht das Gefühl vermitteln, wie diese internen Vorgänge abliefen, wenn Sie die jeweilige Sprache beherrschten, ebensowenig, wie man jemandem, der noch nie Achterbahn gefahren ist, erklären kann, wie sich das anfühlt.

Und wenn ich gerade im spanischen Kontext bin, und mich spricht beispielsweise ein Tourist auf Englisch an, dann brauche ich einige Zeit, um in dieser Sprache "in Schwung" zu kommen.

Ja, weil diese fremden Sprachen Ihnen fremd geblieben sind, weil sie in einem anderen Hirnareal abgespeichert sind, als da, wo sie hingehören: im Sprachkortex.

Das ist mir auch schon umgekehrt im Ausland mit meiner Muttersprache passiert.

Ja, weil Sie zwischen zwei Hirnarealen umschalten müssen.

Das dürfte vor allem kaum von außen zu beeinflussen sein. Jedes Gehirn entscheidet selbst, wo und wie es neues Wissen abspeichert.

Nein, echt? Und wieso finden dann Neurologen bei jedem dieselben Strukturen, die "feuern" - den visuellen und Sprachkortex und eben bei solchen wie Ihnen noch eine dritte Region???

Das ist doch jetzt nicht Ihr Ernst???

Wenn man einmal unterstellt, dass das Gehirn tatsächlich ein gigantisches neuronales Netz ist, dann zeigen meine Erfahrungen mit technischen neuronalen Netzen, dass es sehr schwer ist, einmal gelernte Verbindungen "umzuprogrammieren".

Sagte ich ja: "ist kaum noch heilbar".

Wenn man ein bereits trainiertes Netz mit neuen Informationen "füttern" möchte, dann geht das am einfachsten, indem man es mit "jungfräulichen" Neuronen erweitert, die dann das neue Wissen aufnehmen und das alte ergänzen.

Das neuronale Netz im Computer ist insofern nicht mit dem menschlichen Kortex vergleichbar.

Vermutlich arbeitet das Gehirn ähnlich.

Nein, nicht wirklich, Der Begriff "neuronal" ist in diesem Punkt so irreführend wie der Begriff "Hand" beim Roboter!

Das würde dann eben in der Praxis wie bei Deiner Chinesin zu mehreren Sprach"zentren" führen.

Nein, nur wenn man diese schulische, auf Übersetzen aufgebaute Sprach"lern"methode verwendet. Und: ist kaum noch heilbar. Die Dolmetscher, die das so gelernt haben, haben dann in Germersheim, Heidelberg oder Saarbrücken erhebliche Schwierigkeiten, das abzuschütteln.

Was zum Ergebnis hat, daß ca. 50/50% den Dolmetscher- oder Übersetzerstudiengang beginnen, am Ende aber stets 90% Übersetzer und nur 10% (Simultan-) Dolmetscher hinten raus kommen. Das liegt genau an diesem System.

Und weniger als 1% erwerben ein Dolmetscher- und Übersetzerdiplom. Woran das wohl liegt ...

Und das würde - nebenbei bemerkt - auch erklären, warum manche Menschen im zunehmenden Alter in "eingefahrenen Gleisen" feststecken: bei ihnen ist einfach die Bildung neuer Neuronen gestört oder ganz zum Erliegen gekommen, so dass das alte Wissen nicht mehr mit neuen Erkenntnissen überlagert werden kann.

Das hat damit aber nichts zu tun, bzw. verschwindend wenig.

Ja, natürlich. Oder mindestens einen Zweisprachler.

Ein Doppelsprachler ist auch ein Muttersprachler, nur hat er zwei Muttersprachen. Aber der sollte möglichst nicht die Muttersprache sprechen derer, die er unterrichten soll.

Also: Deutsche werden vom Franzosen in Französisch unterrichtet. Der darf gern bilingual auch noch Englisch können - aber bitte kein Deutsch. Die eigene Mutter kannte auch keine Ursprache, in der sie uns in der Muttersprache unterrichtet hat - sonst wären wir bei dieser Ursprache stehengeblieben und hätten kein Deutsch gelernt!

Ja, wobei eine Basis aus Grundwortschatz und rudimentärer Grammatik äußerst hilfreich ist.

Nicht wirklich. Wie schrieb mir gerade einer (danke dafür!): "mein Bruder zog mit uns als Vierjähriger ins französischsprachige Gebiet um, wurde in den Sandkasten gesetzt und sprach schon nach einer Stunde fließend - mein Vater, der ein halbes Dutzend Sprachen 'konventionell' gelernt hatte, konnte nicht mal flüssig 'Guten Tag' sagen".

Es war die erste Sprache in einem "jungfräulichen" Gehirn. Alle anderen Sprachen kamen später hinzu, als das Mutter-Sprachzentrum bereits ausgeformt war.

Darum geht es ja einfacher - es sei denn, man wendet die "Übersetzungs"-Methode an. Dann geht es gar nicht.

Nun könnte man auf die Idee kommen, ein Kind gleich von klein auf mehrsprachig aufzuziehen, damit alle Sprachen in einem Zentrum landen.

Das tun sie ja nachweislich auch. Deren Sprachzentrum ist dann etwas größer, so wie beim Londoner Taxifahrer die Region, die für Ortskenntnis zuständig ist! Dank der Neuroplastizität!

Das das schief gehen kann, habe ich in der entfernteren Verwandtschaft erlebt. Die Eltern, beide unterschiedliche Muttersprachler, zogen berufsbedingt in ein für beide fremdsprachiges Ausland als der Sohn ein Jahr alt war. Sie wollten es besonders gut meinen und sprachen zu Hause ihre beiden Sprachen immer im Wechsel und schickten das Kind frühzeitig in einen Kindergarten, damit er auch noch die Landessprache erlerne.

Das tut mir leid, aber da haben die irgendwas falsch gemacht. Wenn jedes Elternteil für sich seine Muttersprache mit dem Kind spricht, funktioniert das problemlos. Die Forschung ist da eindeutig.

Ich kenne ein gerüttelt Maß zweisprachig aufgewachsene Kinder, eines, das dreisprachig aufwuchs (Eltern verschiedensprachig, Großeltern mütterlicherseits nochmal dritte Sprache) und eines, das viersprachig aufwuchs: Eltern zwei Sprachen, in Afrika beruflich und umgebungsbedingt Englisch, Kindermädchen Suaheli!

Das Ergebnis war, dass das Kind mit fünf immer noch nicht sprach, mit zehn Jahren oft nur ein Kauderwelch aus allen drei Sprachen herausbrachte und heute als fast Erwachsener gelegentlich immer noch unbemerkt von einer Sprache zur anderen springt.

Das kann eine Entwicklungsstörung sein, etwa wie der Mutismus.

Es scheint, dass eine gewisse Trennung im Gehirn auch Vorteile hat.

NEIN! Da hatte die Familie einen wohlfeilen Sündenbock und eine Therapie wurde dadurch um Jahre verzögert. Schade, daß das der Mehrsprachigkeit angelastet wird.

Und ich glaube, dass die technische Entwicklung der Neuzeit (Dampfmaschine, industrielle Revolution) von Nord-Mittel-Europa ausging, hat durchaus etwas mit den dort gesprochenen (untereinander verwandten) Sprachen zu tun. Sie ermöglichen ein "anderes" Denken im Vergleich zu anderen Weltsprachen.

Ja, so, wie Latein "das logische Denken schult". Alles widerlegter Unsinn. Die Chinesen waren auch schon mal fast soweit. Es hat sehr viel mehr mit Religion und Sozialstrukturen zu tun.

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