TINA

Mephistopheles, Samstag, 26.12.2020, 19:23 (vor 1226 Tagen) @ Weiner3304 Views
bearbeitet von Mephistopheles, Samstag, 26.12.2020, 19:37

Hallo Mephistopheles!

Ich nehme mal Stellung zu Deinen ständig wiederholten, nervigen Augustus-Einwürfen.

Nervig nur aus dem Grunde, weil du die Problematik ganz grundsätzlich nicht verstehst. Caesar und Octavian sind Zufallsgestalten; warum aber ließ sich die römische Rebublik entgegen allen Bemühungen und intensiven Besrebungen sämtlicher politisch Korrekten, die es damals genau so gab wie heute, einfach nicht wiederherstellen?

MERKSATZ:
DAS IMPERIUM VERHINDERT ZEITLICH BEFIRSTET DAS EIGENTLICH ANSTEHENDE MASSENSTERBEN. ES KANN JEDOCH AUS ZWEI GRÜNDEN NICHT UNBEFRISTET ERHALTEN WERDEN.
1. ES ZERSTÖRT DIE VITALITÄT SEINER BEVÖLKERUNG
2. DIE KOSTEN DER AUFRECHTERHALTUNG DES IMPERIUMS; DIE SYNCHRON ZUR ZERSTÖRUNG DER VITALITÄT SEINER BEWOHNER ANSTEIGEN; KÖNNEN AB EINEM BESTIMMTEN PUNKT NICHT MEHR ERBRACHT WERDEN.
3. DAS IMPERIUM, DIE MACHSTRUKTUREN ZERFALLEN, DAS MASSENSTERBEN SETZT EIN. DIE ERDE IST VOLL VON ARTEFAKTEN, DEREN MASSENBEVÖLKERUNG, DIE EINMAL DARIN GELEBT HABEN MUSS, EINFACH VERSCHWUNDEN IST.

Zu deinem besseren Verständnis musst du dir darüber klar sein, dass ein Imperium immer und ausnahmslos eine Notlösung ist, um das alernativ anstehende Massensterben temporär aufzuhalten und zu verhindern, das jedoch unausweichlich eintritt, wenn das Imperium letztendlich, jedoch letztendlich unausweichlich, kollabiert ==> aus dem Grunde, wie @morpheus dargelegt hat, weil die Kosten der Aufrechterhaltung der Infrastruktur, welche für den Erhalt einer Massengesellschaft erforderlich ist, ihre Finanzierbarkeit übersteigen.

Vor allem die dritte Phase eines (2000jährigen) Hochkulturzyklus ist von einem starken Wachstum gekennzeichnet. Die dabei intern gewonnenen Kräfte (Bevölkerung, wirtschaftliche und staatspolitische Effizienz) können dann zu einer massiven Konsolidierung von Macht genutzt werden, sowohl innenpolitisch wie auch außenpolitisch.

Beispiele wären für Alt-China Liu Bang oder für Alt-Ägypten die Herrscherreihe Kamose, Ahmose, Amenophis, Thutmosis.

Am Übergang von der dritten Epoche zur vierten findet man in jeder Hochkultur dasselbe Scharnier: es liegt einerseits in der alten Zeit fest, entfaltet andererseits eine unglaubliche Kreativität, um die anliegenden Kräfte zu bändigen und zu drehen, und schließlich muss es in der neuen Epoche verankert werden. Deswegen schafft es EIN Mann alleine nicht, meist braucht es zwei, eventuell sogar drei Generationen.

Im Falle von Rom war CÄSAR die Drehstelle, doch hatte auch er Vorläufer, etwa in den Gracchen, die erstmals Brotverteilungen durchführten (direkte Bindung der untersten Schichten an profilierte Führungspersönlichkeiten) oder in Sulla (zentrale Kontrolle des militärischen Apparates, erste Proskriptionen). Gaius Julius konnte aufgrund seiner besonderen persönlichen (zyklischen) Konstellationen all diese neuen Instrumente und Machtchancen bündeln, doch sprengte er damit das senatorische und republikanische Herrschaftsgefüge. Die Vertreter der Vergangenheit mussten ihn deswegen ermorden, und der Bürgerkrieg flammte erneut auf.

Der Bürgerkrieg musste erneut aufflammen, weil die Republik nicht mehr funktionierte und der Imperator ermordet wurde.

Octavian sodann rottete die alten (und konkurrierenden reichen sowie intellektuellen) Familien mit Stumpf und Stil aus und fand mit dem übrigen (geschwächten) Adel einen Kompromiss derart, dass die alten Formen zwar gewahrt blieben (der Senat blieb bestehen), aber das Machtzentrum hatte sich verschoben in Richtung Palast (Verwaltung, Garde, Militär). In Anlehnung an die Person, die das alles projektiert hatte, nämlich CÄSAR, wurde die folgende Epoche, die dieses neuartige Staatsgefüge weitere Jahrhunderte durchhalten konnte, als KAISERtum bezeichnet.

Der parallele Mechanismus kann für Alt-China mit den folgenden LINKs nachvollzogen werden(die QIN-Dynastie waren deren 'RÖMER'):

https://de.wikipedia.org/wiki/Qin-Dynastie
https://de.wikipedia.org/wiki/Qin_Shihuangdi (=CÄSAR)
https://de.wikipedia.org/wiki/Han_Gaozu (=Octavian)

Im Falle von Ägypten ist das unruhige Jahrhundert (in Rom also -100 bis Ocativan) durch einen Einfall von Fremden gekennzeichnet (Hyksos, Streitwagen) sowie durch einen inneren Zerfall des Landes in einzelne 'Königtümer'. Es ist dann der Pharao KAMOSE, der die Hyksos endlich schlagen und das Reich neu einen kann. Sein Sohn AHMOSE führt dann die entscheidenden Neuerungen für eine neue Stabilität ein, die von Amenophis und Thutmosis weiterentwickelt werden (Berufsheer, Ämterkauf statt -erbe, Aufwertung der Rolle der Frau, beispielhaft verkörpert von Hatschepsut, etwa vergleichbar den Frauen der Julier oder der Kaiserin HE in China etc.).

https://de.wikipedia.org/wiki/Kamose
https://de.wikipedia.org/wiki/Ahmose_I.
https://de.wikipedia.org/wiki/Neues_Reich

Seinen Höhepunkt erreicht in Ägypten das Neue Reich dann unter Thutmosis und den Ramessiden, vergleichbar der Höhenlinie des römischen Kaiserreiches im 2. nachchristlichen Jahrhundert oder der Herrschaft der Han-Dynastie in China. Für andere Hochkulturen kann das gleiche Schema dargestellt werden.

Unsere eigene Situation ist durch ihre globalplanetare Erstreckung wesentlich komplexer.

Kläre mich auf. Ich keinen nur faustische Technologie und Wissenschaft, nur faustische Unternehmen und faustische Bürokratie. Aber sicher kennest du den komplexeren Unterschied zu chinesischen Computern, einem afrikanischen Stromnetz, südamerikanischer Infrastruktur zur europäischen und amerikanischen und russischen Wissenschaft und Technik und den entsprechenden Finanzinstituten.

Es müssen jetzt nicht nur mit Europa der amerikanische und russische Zyklus sondern auch noch einige Nebenzyklen wie etwa China und Südamerika in ein einziges Band zusammengeknüpft werden. Ich vergleiche die Eruptionen ab der Mitte des 20. Jahrhunderts (Hitler, Stalin, Churchill, Roosevelt, Mao etc.) den oben genannten cäsarischen Kämpfen, bei denen die totalitäre EIN-Herrschaft zwar aufdämmert und in denen die (für unsere Zeit spezifischen) machtpolitischen Instrumente entwickelt werden: zugespitzte Militarisierung, mediale Lenkung der Massen, funktionaler Kapitalismus, Geheimdienste/Überwachung etc.). Aber es ist bislang noch nicht ganz (aber fast ...) gelungen, eine stabile Konfiguration zu entwickeln. Der Mann, der dann alles zusammenbündeln und die Fundamente der neuen Ordnung auslegen wird, wurde oder wird in diesen Jahren geboren *) - und wird in seinen 30er Jahren das bis dahin entstandene Chaos aufräumen und die Baugrube ausheben. Die Epoche, die er begründet, wird knapp 300 Jahre Bestand haben. Überwiegend friedlich.

Damit wurde die Frage nach OCTAVIAN beantwortet.

Es wist nicht die Frage nach OCTAVIAN, sondern warum er unauswichlich ist.
Seriöse Historiker haben auch behauptet, die Römer hätten sich zuletzt ihr Imperium keineswegs erobert, weil sie dazu gar nicht mehr in der Lage waren, sondern es sei ihnen zugefallen aufgrund deswegen, weil die Stämme ihr Überleben nur noch im Imperium temporär sichern konnten. Allerdings auf Kosten ihrer Vitalität (Die Germane waren die einzigen, die noch genug Vitalität hatten, um sich dem Sog des Imperium Romanum zu widersetzen. Heute- und das hat bereits Oswald Spengler festgestellt - gibt es nirgendwo auf der Welt mehr Stämme mit ausreichend Vitalität, um sich dem Sog der faustischen Zivilisation und ihrer Technologie zu widersetzen. (D.h., sie werden beim Untergang des faustischen Imperiumsd unausweichlich von dem unausweichlichen Massensterben betroffen sein.

Gruß Mephistopheles


An Weihnachten. NATALE. Von Weiner.

*) weitere Details dazu finden sich, wie immer angedeutet, in meinen beiden letzten Antworten an @Ashitaka - dem ich, herzlich grüßend, für seine Einschätzungen danke.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung