Nach dem Alten jetzt das Neue Testament

Tempranillo, Montag, 06.05.2019, 23:04 (vor 1788 Tagen) @ Tempranillo4575 Views

Starke Verbindungen zu Jüdischem findet man im langsamen Satz von Gustav
Mahlers 1. Sinfonie, wenn bei 27:35 eine Klezmer-Kapelle anfängt, zu
spielen:

https://www.youtube.com/watch?v=4XbHLFkg_Mw

Weniger deutlich, aber immer noch vernehmbar kommt Jüdisches kurz im
Violinkonzert Mendelssohns durch, ab 17:40:

https://www.youtube.com/watch?v=zGUUdH7XgHA

Michal Klonovsky setzt wie nur wenige in diesem, man weiß nicht, Tierpark, Bonobo-Reservat oder Irrenhaus die richtigen d.h. europäischen Prioritäten:

Aber die Sonntage immer...!

Eben war ich im Prinzregentheater, wo Igor Levit Beethovens letzte drei Klaviersonaten spielte, ein Amt, dessen sich der Pianist ohne Fehl und Tadel entledigte, mit geschmackvoller Überbetonung der zarten und leisen Passagen im dritten Satz von Opus 110 und im Variationensatz von Opus 111. Der ausverkaufte Saal dankte es ihm mit standing ovations, und neuerlich bewies Levit Geschmack, indem er sich nicht dazu hinreißen ließ, "Il testamento" eine Zugabe folgen zu lassen.

Apropos Opus 110: Nach dem katastrophischen Einbruch des Molto allegro wirft Beethoven bekanntlich im folgenden dritten Satz mit Adagio, Fuga und Allegro jegliche Sonatenformkonvention über die Reling, wobei er im Adagio eine so herzzerknüllende, todtraurige Klage anstimmt, dass am eigentlichen Gegenstand dieses Satzes kaum Zweifel bestehen dürften. Unter unsere Altvordern wurde Opus 110 als "Dankgesang eines Genesenen an Gott" verstanden. Interessant in diesem Zusammenhang sind die acht crescendierenden g-Moll-Akkorde im Bass, mit denen ab Takt 132 die Klage endet – "hier wird aus dem fast verendenden Pulsschlag ein immer mehr anschwellender Klang, der wie Glocken hallt und die Wendung bestätigt. Hermeneutik? Gewiß!" (Jürgen Uhde, Beethovens Klaviersonaten, Bd. III) Ein briefbefreundeter Musiker schrieb mir einmal, er interpretiere diese Glockenschläge als eine Adaption jener berühmten Stelle im Faust I., wo die in sein Studierzimmer dringenden Glockentöne den Doktor vom Suizid abhalten, eine, wenn Sie mich fragen, sinnige und stimmige Spekulation.https://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna

Wenn Klonovskys Besprechung auch nur einen einzigen seiner Leser dazu bringt, sich mit den sowohl für Pianisten als Zuhörer sehr anspruchsvollen Klaviersonaten Beethovens auseinanderzusetzen, hat er sich um den Erhalt dessen, was Europa ausmacht, Verdienste erworben.

Doch selbst so bewundernswert intelligenten und sachkundigen Menschen wie Klonovsky unterläuft gelegentlich ein kleiner Fehler.

Findet jemand heraus, welcher das sein könnte?

Tempranillo

--
*Die Demokratie bildet die spanische Wand, hinter der sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr finden sie das beste Verteidigungsmittel gegen eine etwaige Empörung des Volkes*, (Francis Delaisi).


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung