viele Ursachen, die kleinsten ist der Vermieter

mh-ing, Samstag, 06.04.2019, 17:16 (vor 1840 Tagen) @ DT5526 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 06.04.2019, 17:20

Als Bauingenieur möchte ich mal aus meiner Sicht die Punkte aufzählen, wieso es diese "Mietpreisexplosion" gibt:
Mit der Wiedervereinigung und den absurden Förderungen wurde ein Bauboom ausgelöst. Dieser Bauboom platzte und danach war der Absturz massiv. Bis ca. 2000 hatte sich die Zahl der Baugenehmigungen halbiert.
In der Folge wurden überall Kapazitäten abgebaut. Zudem wurde das Handwerk durch Wegfall des Meisterzwangs, des Anstiegs der Industrielöhne, die Ost-Firmen usw. massiv unter Druck gesetzt, so dass es viele, sehr viele Firmen hinraffte, viele sich verkleinerten.
Sozialerwohnungsbau wurde vom Staat nicht aufgelegt und nichts hier gemacht, das lief aus ohne Konzept.
So um 2004 herum wurde dann die ENEV immer mehr verschärft und damit der Neubau massiv teurer. Die KFW Förderungen halfen da zwar etwas, aber letztlich muss das bezahlt werden. Mit Umlage der Kosten konnte man Förderung mitnehmen und Kosten Umlegen, das hat schon mal den Mietdruck erhöht.
Parallel wurden dann auch die Brandschutz- und Bauvorschriften nicht einfacher sondern immer komplizierter. Das bayrische Privatisierungsmodell hat die Kosten für Planung und Umsetzung erhöht nicht verringert.
Dann kam so um 2008 die Wende im Baumarkt. Es wurde wieder investiert und Mietwohnungen nachgefragt. Aber mit den teils unsinnigen Vorschriften ist Bauland knapp und teuer, teils nicht vorhanden. Daher sind die Grundstückspreise inzwischen sehr hoch.
Die Baukapazität an Firmen, Planungsbüros und auch in der Bauverwaltung ist nicht vorhanden. Diese Nachfrage kann kaum bewältigt werden und führt zu Preissteigerungen.
Hauptproblem bei Projekten ist jetzt überhaupt oft Planer zu finden (die was taugen). Bei Ausschreibungen ist man froh, überhaupt ein Angebot zu haben (Preis deutlich erhöht) und bei der Umsetzung ist ein enger Terminplan nicht mehr möglich.

Man muss aber auch sagen, dass die Preise der letzten Jahre einfach zu schlecht waren. Infolge der beschriebenen Entwicklung stagnierten viele Baupreise und die Margen waren minimal (ein Witz oft). Insofern gibt es preislich einen enormen Nachholeffekt (die HOAI 2013 wurde deswegen >20% erhöht und müsste jetzt auch wieder steigen, aber man lässt sie jetzt lieber sterben). Die Baupreise sind daher jetzt häufig noch nicht zu teuer, wenn man die mittleren Preissteigerungen sich ansieht, nur gefühlt sind sie zu hoch!

Die nächsten Jahre wird aber erst richtig das Problem kommen. Viele Meister, Facharbeiter, auch die meisten planenden Ingenieure usw. gehen in die Rente. Nachwuchs ist kaum da und hat keine Lust auf die Maloche der Selbstständigkeit und oft auch noch lange nicht das Zeug dazu (braucht halt >10 Jahre oft).

Insofern sehe ich keine Chance für eine Umkehr, selbst wenn man Zwangsversteigern würde. Man kann das alles nicht mehr gerade biegen auf die nächsten Jahre, sondern bestenfalls in Jahrzehnten.

Statt aber das zu tun wird an den irrsinnigen Vorschriften weiter gefeilt. Bald werden wir wohl die rollstuhlgerechte, geschlechtsangepasste Feuerwehrrettungsleiter bekommen und für die Benutzung der Heizung müssen wir CO2-Coins in den Kasten werfen, die von unserem CO2-Lebenskonto abgebucht werden.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung