Oder brutal: Wer Banknoten nicht zur Zahlung (= Schuldentilgung = letztlich Konsum) verwendet, erhöht …

Ostfriese, Donnerstag, 09.10.2025, 10:55 (vor 57 Tagen) @ Revoluzzer1944 Views

Hallo Revoluzzer

Dazu

Dann haben die Leute halt ein paar Hundert Euro in bar zu Hause. Na und? Das ändert gar nichts.

dottore über das Problem der Bargeldhortung in einem Beitrag, der vor 25 Jahren am 26.10.2000 in einem von Dr. Bernd Niquet eröffneten langen Faden [1] zu finden ist.

https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=20852 Re: Ich darf erneut eröffnen - wie wirkt Bargeld "zu Hause"? So: verfasst von dottore, 27.10.2000, 06:46

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Hi Fürst Luschi

Die 1000 Mark Zins interessieren mich schon, aber ich bin bereit den Preis zu zahlen. Und die 1000 Mark in der Hosentasche interessieren mich noch mehr. Sie müssen nur da sein. Ich versteh gar nicht, warum Du das nicht kapierst.

Das kapiere ich durchaus. Und jeder kann es halten wie er möchte. Ich selbst habe auch immer etwas Bargeld in der Tasche. Bei Licht besehen ist Bargeldhaltung aber Fetischismus. Bargeld in Form von Banknoten ist nichts anderes als die Hasenpfote, die ich in der Tasche mit mir rumtrage, weil ich mich damit besser fühle.

Und betrachtet sub specie einer modernen Wirtschaft (in der wir nun Mal leben) ist Banknotenhaltung auch noch ein ökonomischer Atavismus, da ich das, was ich mit Banknoten vermeine zu können, jederzeit auch mit anderen Formen der Geldwirtschaft erledigen kann, z.B. mit einer ec-Karte oder durch den Gang zum nächsten Geldautomaten.

Wie millionenfach vorgemacht reicht der Sozialhilfesatz, um über die Runden zu kommen. Im Klartext: Alles darüber hinaus ist Luxus. Ich habe einmal verzichtet, mir Tinnef für 3 Riesen anzuschaffen und bin jetzt liquide.

Das hat nichts mit Banknotenhaltung zu tun. Den Tinnef hättest Du Dir auch mit Hilfe eines Schecks kaufen können. Ob Du Dich mit Hilfe von Banknoten oder mit Hilfe eines Habens auf einem täglich fälligen Konto liquide hältst, macht keinerlei Unterschied.

Das muss vor ungefähr 10 Jahren gewesen sein. Das Zeug läge jetzt schon lange auf der Müllkippe. Nun gut, in 10 Jahren werde ich mich an deine Worte erinnern, wenn ich beim Autokauf auf Metallic-Lackierung und beheizbare Außenspiegel verzichten muss, weil ich mir die Zinseinnahmen durch die Lappen habe gehen lassen. Bis dahin beschert mir der Anblick meiner Scheinchen angenehme Gefühle.

Die will und soll Dir niemand nehmen. Es geht nichts über angenehme Gefühle. Und es ist schön, dass Dir klar ist, dass auch solche Gefühle etwas kosten.

Aber mach doch einfach hier im Board eine Umfrage zur Bargeld"hortung". Ist doch so schön anonym. Von Angesicht zu Angesicht rückt man doch nicht mit der Wahrheit raus.

Warum nicht. Mein gerader durchgezählter Bargeldbestand: DM 100,- in Banknoten und DM 22,- in Münzen.

Und weil wir gerade bei Münzen sind: Die sind natürlich unverzinslich unterwegs. Die gibt der Bundesfinanzminister nämlich tatsächlich netto, d.h. ohne jegliche Gegenbuchung aus. Er tut dies aufgrund des sog. Münzmonopols. Er gibt an eine der Münzanstalten (erkenntlich an den Buchstaben auf den Münzen) einen Auftrag, sie zu prägen. Den aufgeprägten Nennwert (abzüglich der Kosten) kassiert er netto. Im Bundeshaushalt unter der Position Münzgewinn zu finden.

Da die Münzen nicht die Bilanz der Bundesbank berühren, steht auf ihnen auch nicht Deutsche Bundesbank, sondern Bundesrepublik Deutschland. Der Staat hat den Unterschied selbst lange nicht kapiert, weshalb bis heute 50-Pfennig-Stücke kursieren, die die Aufprägung Deutsche Bundesbank tragen. Es sind z.T. beliebte Sammlerstücke (einige Serien diese 50-Pfennigstücke werden - je nach Erhaltung - bis zu 500/600 Mark gehandelt - also aufpassen, ob man nicht zufällig so ein Stück findet!).

Diese Münzen (Fachbezeichnung Scheidemünzen) sind klassisches Falschgeld im Sinne von @R.Deutsch. Genauso gut könnte der Staat sich auch Banknoten bei Giesecke und Devrient bestellen und den aufgedruckten Nennwert (abzüglich der Druckkosten) komplett einschreiben. Die Noten dürften dann allerdings nicht als Absender den Aufdruck Deutsche Bundesbank tragen, weil diese damit nichts zu tun hätte. In der Geschichte der deutschen Hyperinflation ist solches Bargeld auch vorgekommen, sie tragen den Aufdruck Reichskassenscheine.

Solches klassisches Falschgeld wirkt natürlich ganz anders als Banknoten und auf sie trifft das unten Beschriebene nicht zu, weil sie nicht gegen Sicherheit ausgegeben wurden und daher auch nicht verzinslich unterwegs sind.

Dieses Geld ist so etwas wie das Freigeld der Gesellianer. Ich hatte denen Mal folgendes vorgeschlagen, damit sie mit ihrer berühmten Geldreform endlich vorankommen: Alle Banknotenhalter wechseln ihre Banknoten in Münzen um. Dann würde endlich das von ihnen so ersehnte Nettogeld kursieren (nirgends mehr eine Gegenbuchung und die Notenbank könnte geschlossen werden; es gäbe nur noch eine Ausgabestelle, die den Geldumlauf so weise steuern könnte, dass endlich auch die von ihnen gewünschte permanente Geldwertstabilität eintreten und jederzeit überprüft werden könnte). Die Gesellianer, frag' Mal @Oldy, haben meinen Vorschlag aber nicht aufgegriffen, ja nicht Mal diskutiert.

Wer will schon das Image einer dummen alten Omi, deren Geldsocke nur mitleidig belächelt wird.

Du willst es zwar nicht, aber Du hast es nun. Geldsocke und Hosensack sind nur zwei verschiedene Aufbewahrungsformen.

Nächster Punkt: Wenn Du Dir die 1000 hinlegst und dabei immer gleichzeitig mit 1000 im Soll bist bei Deiner Bank, musst Du in 6 Jahren schon (heutige Überziehungszinsen) an Deine Bank einen Tausender als Zinsen zahlen, die bis dahin aufgelaufen sind (mit Zinseszins). Das tut schon weh, nicht wahr?

Mein Tausender locken auch keine 20% Zinsen aus der Hosentasche. Der ist unantastbar. Und warum? Ist es die Illusion sich auf der Stelle ein Taxi herbei zu telefonieren und dann ab zum Flughafen? oder fehlt das Vertrauen zu den Banken? oder nach dem Motto allzeit bereit leben? oder.

Mein Taxi bezahle ich mit Kreditkarte und den Flugschein am Flughafen auch. Und das Vertrauen zu den Banken ist noch vorhanden, wird aber im Verlauf einer Krise vermutlich rasch abnehmen. Allzeit bereit bin ich mit Nicht-Banknotengeld genauso. Bekanntlich werden überall auch euro-Schecks angenommen. Hast Du keine?

Aber das ist noch längst nicht der Gag!
Der liegt vielmehr darin, dass der Tausender ja nicht vom Himmel gefallen ist, sondern von der Buba ausgegeben wurde. Sagen wir der Einfachheit halber gegen einen Wechsel in Höhe von 1000. Nun geht das alte Spiel dort los: Der Wechseleinreicher muss nun (Beispiel) 5 Prozent Diskont bezahlen, also nach einem Jahr bereits irgendwoher z u s ä t z l i c h e 50 Mark auftreiben, und außerdem sich die 1000 Mark Wechselschuld, die er ja auch hat, irgendwie beschaffen. Bei Dir kriegt er sie ja nicht, weil Du stur auf Deinem Tausender hocken bleibst.
Klartext - und ist SEHR WICHTIG: Du zwingst (!!!) irgendjemanden in der Wirtschaft, den Du nicht kennst (logo) dadurch, dass Du Kasse hältst, dazu sich in genau der Höhe Deiner Kasse zusätzlich zu verschulden und obendrein auch noch in Höhe der ununterbrochen dazu laufenden Zinsen.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann ist es doch völlig egal, wo sich der Nachschuldner verschuldet. Bei mir oder über Umwege bei der Notenbank. Bring ich den Riesen zur Bank, "erzwinge" ich ja auch eine Neuverschuldung.

Nein. Denn die Bank wird den Schein sofort an die Notenbank weiterreichen. Banken hassen Bargeld, das bei ihnen nutzlos rum liegt.

Und zwar noch eine viel höhere, weil ich mit dem kassierten Zins und Zinseszins die ganze Chose noch beschleunige.

Du kassierst dann Zins und Zinseszins, richtig, weil Du dann eine Forderung gegenüber der Bank aufgrund Deines Guthabens dort hast. Würden aber alle ihre Banknoten an ihre Banken zurückgeben (und erklären, nie mehr Banknoten zu benötigen), würden die Banken alle Banknoten sofort an die Bundesbank weiter reichen, die dann geschlossen werden könnte, siehe oben. Wir hätten dann de facto kein gesetzliches Zahlungsmittel mehr, sondern ausschließlich privates Geld, und statt Banknoten würden private Wechsel oder private Schecks kursieren. Und da in diesem Falle keine Monopolnotenbank mehr existieren würde, hätten wir ein reines Privatgeldsystem und jeder umlaufende Schein wäre unschwer als ein privates Leistungsversprechen zu erkennen.

Es wäre dann just jenes Geldsystem entstanden, das @R.Deutsch implizit fordert, indem er sein Falschgeld abgeschafft sehen möchte: Geld nämlich, das weder mit geleistetem BIP unterlegt ist noch mit dem einforderbaren Versprechen, BIP zu leisten.

Aber es bleibt dabei: Wer Banknoten permanent hortet, und damit verhindert, dass sie termingerecht wieder an die Notenbank zurückfließen, zwingt andere dazu, diese zum Rückfluss bestimmten Banknoten in die Welt zu bringen, was wiederum nur durch zusätzliche Verschuldung geschehen kann, die von der Notenbank in Banknoten verwandelt wird, die dann ihrerseits statt Deiner Banknoten an die Notenbank zurückfließen können. Der Vorgang muss - zeitversetzt - immer wiederholt werden, weil Du ja auf Deinem Banknotenbestand für immer hocken bleiben willst.

… automatisch die gesamtwirtschaftliche Verschuldung. Er ist sozusagen ein Jetzt-müssen-aber-andere-Schulden-machen-Erzwinger.

Schönen Gruß

d.

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Wie man doch aus der Unkenntnis des Staates über sicher noch vorhandene 50-Pfennig-Stücke, die die Aufprägung Deutsche Bundesbank tragen, einen ordentlichen Gewinn erzielen kann.

Gruß - Ostfriese

PS

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Niquet#:~:text=%EE%80%80Bernd%EE%80%81%20%EE%80%80N... Bernd Niquet

Bernd Niquet (* 31. Mai 1956 in Berlin) ist ein deutscher Journalist, Börsenkolumnist, Schriftsteller und Diplom-Volkswirt.

Er wuchs in Berlin auf, absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Bankkaufmann und arbeitete anschließend in der Anlageberatung. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre und einer Promotion (1991) über die ökonomische Theorie und die Entstehung von Neuem an der Freien Universität Berlin, folgte eine Assistenzzeit mit Lehrtätigkeit am Lehrstuhl für finanzpolitische Forschung der FU Berlin.

Seit 1998 ist er als freier Autor von Kolumnen und Büchern tätig. Zeitweise schrieb er eigene Kolumnen in Spiegel Online und der Printausgabe der Welt am Sonntag. Zudem ist er derzeit als Kolumnist bei Wallstreet-Online tätig. Seine Schriftstellerlaufbahn begann mit Sachbüchern, ab dem Jahr 2000 wechselt er jedoch in die Belletristik.


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