Der deutsche Arbeitsmarkt scheint total aus den Fugen geraten zu sein

Plancius, Sonntag, 04.02.2024, 19:53 (vor 84 Tagen)5534 Views
bearbeitet von Plancius, Sonntag, 04.02.2024, 20:00

Vorige Woche Bekannte in einem privat geführten Gartenmarkt mit Floristik besucht. Die Bekannte, Floristin von Beruf, ist vergangenes Jahr nach 45 ununterbrochenen Berufsjahren in Rente gegangen. Als Floristin hat sie immer wenig verdient und bekommt nur eine geringe Rente. Sie arbeitet daher noch immer montags bis sonntags im Gartenmarkt. Zwar keine 40 Stunden mehr, aber immerhin noch 30 Stunden.

Ihr Chef hat sie gebeten, weiter zu arbeiten. Es gibt schon seit ein paar Jahren keinen Nachwuchs mehr. Deshalb kann er viele Aufträge gar nicht mehr annehmen. Immerhin haben wir hier eine hohe Schlösser- und Herrenhausdichte, wo viele Hochzeiten und sonstige Feierlichkeiten stattfinden. Die Kunden gehen leer aus und können sich häufig noch nicht mal einen Blumenstrauß per Fleurop schicken lassen. Denn der wird ja auch von einem Vertragsfloristen vor Ort gefertigt.

Letzten Sommer Kanutour auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Kanuverleiher klagt darüber, dass er kein Saisonpersonal für Ausgabe und Reinigen der Boote findet. Früher habe das auch schon mal Studenten und Schüler gemacht. Die scheinen aber jetzt genügend Geld von den Eltern zu bekommen. Sie fragen keine Ferienjobs mehr nach. Potentielle ortsansässige Helfer verlangen 25 Euro/Stunde, was absolut illusorisch ist. So kann nur noch er als Verleiher oder ein Familienmitglied die Boote ausgeben. Die nur notdürftig gereinigten Boote machen keinen guten Eindruck.

Ortsansässige Baufirma hat nur noch Babyboomer an Bord. In ein paar Jahren kann der Laden aus Mangel an Bauarbeitern zugemacht werden.

Der öffentliche Dienst saugt wie ein Staubsauger die Nettosteuerzahler aus der freien Wirtschaft ab.
Nach Corona hat man überall die öffentlichen Stellen wegen des seitdem angestiegenen Krankenstandes um 11% angehoben. Das betrifft auch die kommunalen Betriebe, z.B. für Wasser und Abwasser. Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst erhalten ca. 500 bis 800 Euro netto mehr als in ihren alten Jobs in der freien Wirtschaft.

Ehemals ehrenamtliche und Hobby-Ornithologen usw. sind in den letzten Jahren durch gut bezahlte hauptamtliche Nationalparkranger ersetzt worden.

In der 10. Schulklasse des Enkels an der örtlichen Regionalschule erlernt so gut wie niemand einen produktiven Beruf. Fast ausnahmslos alle möchten in den öffentlichen Dienst und in sichere und möglichst bequeme Bürojobs. Gefragt sind Tätigkeiten in der Gemeindeverwaltung, auf Arbeitsamt, Finanzamt, Gericht, in kommunalen Betrieben, in Wohnungs- und Immobiliengesellschaften. Krankenschwester, Friseuse, Kfz-Schlosser, Elektriker, … - absolute Fehlanzeige. Das will keiner mehr machen.

Der einzig begehrte Beruf, wo man sich ggfs. schmutzig macht, ist erstaunlicherweise der des Schornsteinfegers, und das sogar bei den Mädchen. Wird natürlich auch von den Eltern promoted, weil man selbstständig viel Geld mit einer staatlich abgesicherten Lizenz zum Gelddrucken verdienen kann.

Der Weggang der Babyboomer aus den produktiven Berufen hinterlässt mehr und mehr eklatante Lücken in den Betrieben. Daher auch der massive Qualitätsverlust allerorten. Die Leute müssen immer mehr Arbeitspensum in der gleichen Zeit erledigen.

Der Prozess der Entleerung des Arbeitsmarktes wird etwas abgebremst, weil sich der Trend zum Arbeiten trotz Rente in den nächsten Jahren stark verstärken wird. Die Renten abseits der Beschäftigten, die keine betriebliche Altersversorgung erhalten, sind trotz lebenslangen Arbeitens nicht mehr auskömmlich.

Trotz dieser Lücken auf dem Arbeitsmarkt richten sich immer mehr Leute, u.a. der Großteil der Immigranten und Flüchtlinge, im Sozialsystem ein. Das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens in Form des Bürgergeldes kann man schon jetzt als gescheitert ansehen.

Früher hieß es, unser Land kann nicht davon leben, indem wir uns gegenseitig die Haare schneiden. Aber dafür gibt’s ja auch bald schon keine Friseure mehr. (Ja ich weiß, die Barber stopfen aktuell schon diese Lücke.)

In Zukunft wird es wohl heißen, wir können unsere Wirtschaft nicht darauf aufbauen, indem wir gut bezahlt die Vögel beobachten.

Gruß Plancius

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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER


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