Passt dazu - Neues aus Turbinistan

nereus, Donnerstag, 23.06.2022, 16:08 (vor 671 Tagen) @ Ikonoklast4923 Views

Was ist passiert?

Gazprom liefert weniger Gas nach Deutschland da eine regelmäßig auszutauschende Turbine (notwendig für den Gasdruck) noch in Kanada ist.
Einmal wird gesagt, das Teil ist noch in der Wartung, ein anderes Mal wird gesagt, die Wartung sei abgeschlossen, aber die Sanktionen der Kanadier lassen die Rückführung nicht zu.
Deutsche Medien berichten von Experten und Expertinnen – es ist unglaublich wichtig auf diesen Unterschied hinzuweisen – welche meinen, die eine Turbine würde die Lieferreduzierung von 40 % nicht rechtfertigen.

Fakt bleibt jedoch: Es gibt ein Versorgungsproblem in Deutschland und zwar ein richtig fettes.
Was schreibt man denn in Kanada so zum Thema?

"Die kanadische Regierung befindet sich in aktiven Gesprächen mit Deutschland über die fraglichen Turbinen, und wir arbeiten an einer Lösung", sagte Keean Nembhard, Pressesprecher des Ministers für natürliche Ressourcen Jonathan Wilkinson.
Das Ministerium für Globale Angelegenheiten, das für Sanktionsfragen zuständig ist, lehnte es ab, sich zu den Gründen für die Stilllegung der Turbinen zu äußern und verwies Fragen an das Büro von Herrn Wilkinson.

Quelle: https://www.theglobeandmail.com/politics/article-canada-still-in-talks-over-russian-gas...

Also wenn sich die Regierungen der beiden Länder darüber aktiv besprechen, dann scheint dort irgendwo das Problem begraben zu sein.
Eine noch nicht gewartete Turbine kann auch noch nicht geliefert werden.
Wir dürfen daher unterstellen, daß die Kanadier das Teil zuverlässig überholt haben und mal wieder die Politik das Problem ist – wie meistens, wenn etwas nicht funktioniert.

Der Handelsanwalt Mark Warner bezeichnete die Angelegenheit als einen Fall von nicht gerade zimperlicher Anwendung von Maßnahmen, die Russland Schmerzen zufügen sollen - die aber auch den europäischen Gasverbrauchern schaden könnten.
"Die kanadische Regierung geht sehr energisch gegen Sanktionen vor, auch wenn die Interessen Kanadas bestenfalls indirekt sind", sagte er. "Ich hoffe, dass jemand in Ottawa wirklich lange und gründlich darüber nachdenkt, wie diese Sanktionen funktionieren".
Er glaubt, dass die Gasturbine nicht in die Sanktionen einbezogen werden sollte. "Unternehmen wie Siemens werden es sich zweimal überlegen, ob sie so etwas in Kanada reparieren lassen."

Wir sehen, es gibt überall noch vernünftige Leute – nur eben nicht in westlichen Regierungen.
Und jetzt ein Bericht aus den Mühlen der Staatsbürokratie.

Cyndee Todgham Cherniak, Anwältin für Handelsrecht, sieht drei mögliche Erklärungen für die Verzögerung bei der Rücksendung der Turbine.

Möglicherweise prüft die kanadische Regierung einen Antrag auf eine ministerielle Genehmigung zur Freigabe der Turbine, und der Papierkram ist in Bearbeitung, sagte sie.

Oder die kanadische Regierung verlangt eine Endverbleibsbescheinigung von denjenigen, die die Turbine verschiffen, um zu bestätigen, dass sie nicht nach Russland oder an eine sanktionierte Person oder Einrichtung umgeleitet wird, fügte sie hinzu.
"Wir werden die Turbine erst dann ausliefern, wenn wir die von der kanadischen Regierung gewünschten Bescheinigungen erhalten haben.

Eine dritte Möglichkeit, so Cherniak, sei, dass eine andere Regierung, z. B. die der Vereinigten Staaten, über die Transaktion Bescheid wisse und Kanada auffordere, die Turbine nicht freizugeben, weil sie glaube, dass sie nach Russland umgeleitet werde.
Damit die Sanktionen greifen, muss Kanada bereit sein, Anträge auf Erleichterungen abzulehnen, auch wenn die Entscheidung schwierig ist, sagte sie.
"Indem wir die Anlage im kanadischen Hafen behalten, haben wir die Gewissheit, dass sie nicht an die falsche Person oder das falsche Land geht und dass sie nicht umgangen wird. Sobald sie Kanada verlässt, hat die Canada Border Services Agency keine Kontrolle mehr darüber und wir, Kanada, haben keine Kontrolle mehr darüber."

Kontrolle ist wichtig, Versorgung dagegen weniger, es geht schließlich um’s Prinzip.
Aber jetzt kommt der Hit.

Die Verweigerung der Turbine für Gazprom erhöhe den Schmerz der Sanktionen und erhöhe den Druck auf Russland, sein Vorgehen zu ändern, sagte sie.
"Man muss dafür sorgen, dass Gazprom leidet und kein Geld verdienen kann.
Ja, einige Unternehmen werden davon betroffen sein, und einige Transaktionen, die positive Elemente enthalten, werden nicht fortgesetzt werden können, denn das Ziel der Sanktionen besteht letztlich darin, dass andere Personen genügend Druck auf Wladimir Putin ausüben, damit er den Krieg in der Ukraine beendet."

Sauber!
Gazprom leidet gerade ganz schlimm, da es dummer- und hinterhältigerweise für weniger Gaslieferungen mehr Kohle als zuvor verdient.
Weniger zu verkaufen und mehr einzunehmen ist schon extrem schädlich
Der Westen hat’s einfach drauf und im Kreml gehen die Lichter vor lauter Partys überhaupt nicht mehr aus.[[zigarre]]

Und noch etwas, liebe Frau Todgham Cherniak.
Das ist nicht nur für Siemens Energy ein Problem, sondern für mehr Einwohner in Deutschland als sie Kanada jemals hatte.
Wir heizen damit nicht unsere Wohnungen, sondern die Industrie braucht das Gas ebenso dringend. [[sauer]]

Der Artikel ist aber schon 6 Tage alt.
Gibt es etwas Neues?

Kanada steht damit vor einem Dilemma. „Wir wollen die Sanktionen respektieren, denn die gibt es aus einem guten Grund“, zitiert „Bloomberg“ den kanadischen Energieminister Jonathan Wilkinson. „Andererseits ging es bei den Sanktionen nie darum, Deutschland signifikant zu treffen, das Land ist einer unserer engsten Freunde und Verbündeten. Das Thema beschäftigt uns also sehr.“

Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/siemens-turbine-darf-nicht-nach-russland-kanada-...

Das ist sehr lieb von Ihnen, Herr Wilkinson.
Und wie beschäftigt ist man dazu?

„Wir sind mit Deutschland im Gespräch und versuchen, einen Weg zu finden, mit dem wir den Durchfluss des Gases wieder ermöglichen können“, erklärt der kanadische Minister. „Es könnte unterschiedliche Möglichkeiten dafür geben“.
Dazu möchte er auch den am Sonntag beginnenden G7-Gipfel in Elmau nutzen, rechnet aber bis zum Ende des Treffens nicht mit einer Lösung.

Das wäre dann der 28. Juni.
Aber dann haben wir ggf. auch noch keine Lösung. Wozu auch?
So wirklich ernsthaft scheint man sich offenbar nicht zu beschäftigen.
Möglicherweise sollten die Bürger Westeuropas einmal beginnen sich mit ihren Regierungen zu beschäftigen.

Wie Tom Marzec-Manser, Gasmarktchef des Analysedienstes ICIS in London, gegenüber Tagesspiegel Background sagte, gäbe es für Russland durchaus eine Möglichkeit, Europa trotz des technischen Problems bei Nord Stream 1 wie vereinbart mit Gas zu versorgen.
„Die Alternative ist das ukrainische Netz“, erklärt er. Demnach könne der Lieferengpass sehr wohl als politische und wirtschaftliche Entscheidung des Kremls gedeutet werden.

Die Alternative liegt direkt vor unserer Haustür, Du Narrenkappe!
Dreht endlich den Hahn von Nordstream II auf!

mfG
nereus


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung