Das teuerste Angebot bestimmt den Marktpreis im EU-Stromhandel

Miesepeter, Freitag, 07.01.2022, 10:44 (vor 833 Tagen) @ Martin1722 Views
bearbeitet von Miesepeter, Freitag, 07.01.2022, 11:02

Weil Deutschland höhere Preise für norwegischen Strom akzeptiert, muss auch die norwegische Bevölkerung mehr bezahlen.

Das ist die Folge des europäischen Strompreismechanismus. Zitat:


Den Strommarkt in seiner jetzigen Form gibt es erst seit der Liberalisierung 1998. Neben dem sogenannten „Unbundling“, der wirtschaftlichen Trennung von Erzeugung, Transport und Vertrieb, wurden die Strombörse mit den Spot- und Terminmärkten sowie die Regelenergiemärkte etabliert. Als damals das Marktdesign festgelegt wurde, gab es kaum Sonnen- und Windenergie. Im Fokus der Liberalisierung stand die Etablierung von Wettbewerb bei der Stromerzeugung und im Vertrieb, um die Stromnachfrage möglichst kostengünstig zu bedienen.

Der Stromhandel an der Börse:
Stromerzeuger verkaufen ihren Strom überwiegend auf dem Großhandelsmarkt, entweder an der Börse (EEX) oder außerbörslich (OTC). Der Handel an der Börse erfolgt dabei kurzfristig auf dem Spotmarkt für die nächsten Stunden (Intraday), den nächsten Tag (Day-Ahead) oder langfristig auf dem Terminmarkt (bis zu sechs Jahre im Voraus).
An der Strombörse wird täglich ein Referenzpreis (Phelix) ermittelt, an dem sich auch der OTC-Handel orientiert. Der Preis, den Erzeuger für ihren Strom erzielen, bestimmt sich aus Angebot und Nachfrage, wobei die Gebote im Wesentlichen auf den kurzfristigen Grenzkosten (die Kosten für die Erzeugung einer zusätzlichen Einheit Strom) der jeweiligen Kraftwerke basieren. Die Grenzkosten werden vor allem durch die eingesetzten Brennstoffe und den Preis für CO2-Zertifikate (Emissionsrechte) bestimmt, nicht aber durch die Kapital- oder Finanzierungskosten. Durch die Sortierung nach den jeweiligen Grenzkosten bzw. Geboten ergibt sich die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke, die sogenannte Merit Order. Das teuerste, noch zur Befriedigung der Nachfrage
benötigte Kraftwerk, wird dabei als Grenzkraftwerk bezeichnet. Im Schnittpunkt von Angebot (Erzeugung) und Nachfrage (Last) bestimmt dieses den Einheitspreis für alle Anbieter (markträumender Börsenpreis).

An diesem "Markt" werden also nicht real Kontrakte gehandelt, sondern Angebote, aufgrund derer dann ein europäischer Einheitspreis festgesetzt wird. So geht Marktwirtschaft in der EU.

In Zeiten, in denen wenig Stromüberschüsse produziert werden, ist dieser Einheitspreis nahe oder am Maximum aller Angebote, d.h. das teuerste Angebot bestimmt den Marktpreis - was vermutlich die eigentliche Intention hinter diesem Mechanismus ist.

Der Strompreis für den Endverbraucher hängt dann von dem Einkaufsmix der Distributoren ab, bzw davon, wie sie ihren Einkauf terminlich gestaffelt haben - momentan profitieren also die Distributoren (und deren Kunden - vielleicht), die grösstenteils aus langfristigen Verträgen ihren Strom beziehen.

Umgekehrt die Stromerzeuger: hier profitieren momentan diejenigen am meisten, die wenig langfristige Verträge abgeschlossen haben.

EDF dürfte als Staatserzeuger Frankreichs grossteils langfristige Verträge abgeschlossen haben. Aber auch diese müssen irgendwann erneuert werden, die Kostensteigerungen beim Uran dürften als Materialeinsatz-Faktorkosten deutlich unter den Kostensteigerungen bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern liegen, die Aussichten für EDF sollten daher dennoch positiv sein.

Gruss,
mp


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung