Gibt es etwas Schöneres und Großartigeres als Europa?

Tempranillo, Sonntag, 23.09.2018, 13:12 (vor 2042 Tagen) @ Tempranillo2744 Views
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 23.09.2018, 13:48

Man könnte dieses Video für den sentimentalen Anfall eines zwanghaften Aufreißers halten und darüber grinsen oder darin etwas sehr Europäisches erkennen, den Willen zu Wahrheit und Differenzierung. Der Herzog von Mantua ist natürlich einer, der Frauen gebraucht und wegwirft wie abgerauchte Zigaretten, aber er hat auch eine andere Seite, die hier dargestellt wird:

https://www.youtube.com/watch?v=HFFxo81tL4M

Am Pult steht der Österreicher Lovro von Matacic, der ein ähnlicher Fall war wie Giuseppe Sinopoli und Pierre Boulez: avantgardistischer Komponist und sich trotzdem nicht zu schade, Stücke zu dirigieren und wie ein Talmud-Exeget beim Fuße des Buchstabens (au pied de la lettre) zu nehmen, die gerne als trivial und folglich unter der Würde eines Modernisten stehend betrachtet werden.

Anders als in Deutschland, wo man aus dem Theater nicht selten eine Anstalt zur Bildung und Volkserziehung macht, betrachtet man es in Italien eher als Amüsierbetrieb. Jeder dieser Ansätze hat seine Berechtigung und führt zu großartigen Ergebnissen, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen. In den gelungensten Kunstwerken wird ohnehin aus Bildung Unterhaltung und aus Unterhaltung Bildung.

Manchmal sogar vertonte Soziologie. Wenn mir jemand ein Theaterstück oder einen Film nennt, in dem die Außenseiter und Abweichler mobbende Bestie Mensch besser dargestellt wurde als in Rigoletto und den immer als demokratisches Kollektiv auftretenden Höflingen, spendier' ich ihm einen Espresso.

DUCA
entrando, agitato
Ella mi fu rapita!
E quando, o ciel?... ne' brevi
Istanti, prima che il mio presagio interno
Sull'orma corsa ancora mi spingesse!
Schiuso era l'uscio! e la magion deserta!
E dove ora sarà quell'angiol caro?
Colei che prima poté in questo core
Destar la fiamma di costanti affetti?
Colei sì pura, al cui modesto sguardo
Quasi spinto a virtù talor mi credo!
Ella mi fu rapita!
E chi l'ardiva?... ma ne avrò vendetta.
Lo chiede il pianto della mia diletta.

Parmi veder le lagrime
Scorrenti da quel ciglio,
Quando fra il dubbio e l'ansia
Del subito periglio,
Dell'amor nostro memore
Il suo Gualtier chiamò.
Ned ci potea soccorrerti,
Cara fanciulla amata;
Ei che vorria coll'anima
Farti quaggiù beata;
Ei che le sfere agli angeli
Per te non invidiò.

DUKE
entering, agitated
She has been stolen from me!
When, O heaven? In those few moments,
before some inner voice
made me hastily retrace my steps!
The gate was open, the house deserted!
And where is she now, that dear angel?
She who first kindled my heart
with the flame of a constant affection?

So pure that her modest demeanour
almost convinced me to lead a virtuous life!
She has been stolen from me!
And who dared do this? ... But I shall be avenged.
The tears of my beloved demand it.

I seem to see the tears
coursing from her eyes
as, bewildered and afraid
at the surprise attack,
remembering our love,
she called her Walter's name.
But could not defend you,
sweet, beloved maid;
he who would pledge his very soul
to bring you happiness;
he who, in loving you,
not even envied the angels.

Tempranillo

--
*Die Demokratie bildet die spanische Wand, hinter der sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr finden sie das beste Verteidigungsmittel gegen eine etwaige Empörung des Volkes*, (Francis Delaisi).


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