Leiblichkeit ist das Ende der Schöpfungen Gottes

Weiner, Dienstag, 18.04.2017, 17:42 (vor 2536 Tagen) @ Falkenauge7173 Views

Hallo Falkenauge!

Der eingangs zitierte Ausspruch stammt von dem alten schwäbischen (pietistischen!) Kabbalisten Oetinger. Der lag richtig, und ich verweise auf meine erste Antwort zu Deinem Ausgangsbeitrag, in dem ich die drei SEINS-Ebenen versucht habe zu umschreiben.

Im Alltag spüren wir aber weniger die Leiblichkeit als vielmehr energetische Phänomene. Beide sind natürlich aufs Engste verflochten. Ich gebrauche immer das Bild vom Eis (= Materie) das im Wasserstrom (= Energie) mitgetragen wird. Beide bestehen aus Wasser, aber das Eis ist eine verfestigte Form (in sich geschlossene elektromagnetische Wirbelfelder). Der 'Vorteil' der Materiewelt: alles geht sehr langsam vor sich, ist schwer und hart, es gibt Licht und Schatten, Kälte und Wärme etc. - Anziehung und Abstoßung werden 'erfahrbar'.

Letztlich weiß ich aber nicht wirklich, was der Vorteil dieser Erscheinungswelt des WERDENS sein soll. Das Bewußtsein ist ein energetisches Phänomen. Fast alle Religionen sind sich darin eins: die Natur des Geistes ist (wie) LICHT. Und hat man das Bewußtsein einmal 'erkannt und unter Kontrolle gebracht' (Stichwort: Meditationstechniken), dann kann man es auch an nichtmaterielle bzw. nicht massebehaftete Strukturen heften - es ist an Leiblichkeit nicht gebunden. Das ist die Grundlage der diversen Hellsichtigkeiten und verwandter Phänomene.

Doch Bewußtsein ist nicht alles. Es wäre ein schlaffes und nutzloses Segel an einem schaukelnden Boot ( = Leib) - wir brauchen auch Wind! Ihm entspricht in diesem Vergleich der Wille, die Absicht, die Intention. Schopenhauer hat beide in einem Buchtitel miteinander verbunden: Die Welt als Wille und Vorstellung. (Das ist schön und gut gesagt, aber ich habe das Gefühl, dass Arthur nicht wirklich Konsequenzen aus seiner Erkenntnis gezogen hat ...).

Wenn jemand außer Aufmerksamkeitskontrolle auch genug Willen hat und diesen mit Hilfe des vorstellenden Bewußtseins strukturieren und fokussieren kann, dann werden eigenartige Dinge möglich, die - für die heutige Einteilung der 'Wissenschaften' - in den Bereich PSI fallen würden. Sie sind aber nicht wichtig, der Weltprozess an sich ist schon eigenartig genug. Sehr eigenartig sogar.

Was ich sagen will: Leiblichkeit ist nur eine Ebene. Sie ist im ständigen Umbau befindlich, und es ist richtig, was Du sagst: sie dient primär dazu, um immer wieder neue individuelle Konstellationen zu erschaffen. Raum und Zeit sind sozusagen das Gefäß für Vielheit und Individualität. Und ein jeder von uns fängt in einer solchen spezifischen Konstellation an.

Ist das einmal erkannt, haben wir fortan zwei Möglichkeiten des Handelns: entweder wir stürzen uns ins Leben, befördern (= zeugen & gebären), genießen oder zerstören es (nur scheinbar ...), kämpfen für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit und Fortschritt - und sammeln Reichtümer, Wissen und anderes nutzloses Zeug an (das wir am Ende doch nicht mitnehmen können ...) und tun dies und tun das, jahrhundertelang, jahrtausenlang, Geburt um Geburt.

Oder aber wir versuchen, aus der Mitte dieses Stromes zum Ufer hin zu schwimmen - und an Land zu steigen. Diese letztere Wahl ist dann der Schritt vom WERDEN ins SEIN. In Richtung Auferstehung. Er folgt ganz bestimmten Regeln, die ebenso 'naturgesetzlich' sind wie alles Übrige in diesem Kosmos.

In allen 'höheren' Religionen der Menschheit ist dieser WEG entdeckt und weitergegeben worden. Meine Vermutung: die primären Erkundungen fanden während der letzten Eiszeit statt. Die seinerzeit erstmals belegbare KUNST zeigt uns zumindest, dass es jenen Menschen gelungen war, ihr Bewußtsein für längere Zeit zu fokussieren und zu strukturieren. Gleichzeitig hatten sie, so nehmen ich mal an, im Winter viel Zeit, um in ihren Höhlen am Feuer zu liegen, zu dösen und (bewußt) zu träumen. Vielleicht haben sie gelegentlich auch die falschen Blätter und Fruchtkörper gekaut ...

Der Rest ergibt sich von alleine: denn das Bewußtsein und Intentionalität sind autonome Seinsstrukturen, die sich - da hast Du wiederum Recht - entwickeln und entfalten wollen.

Wie die Blüte einer Pflanze ...

Beste Grüsse, Weiner


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