Die Folge des Ausbleibens der Erlöser

Mephistopheles, Dienstag, 21.03.2017, 02:33 (vor 2565 Tagen) @ Weiner4249 Views

In finsteren Zeiten bleiben die Erlöser gelegentlich auch aus, kommen zu

früh oder zu spät oder bringen lediglich neues Unheil.

Hallo Andudu, das ist eine sehr weise, schöne und realistische
Formulierung! Vielen Dank ebenfalls!

Vielleicht darf ich hierzu noch ergänzen, dass das Unheil nicht unbedingt
sofort kommen, sondern oftmals von späteren Generationen verkraftet werden
muss.

....ist das Entstehen einer apokalyptischen Literatur.
Die uns bekannte Apokalypse ist nur ein Werk einer ganzen Literaturgattung.
Und diese apokalyptische Literatur vergiftete das Wesen der Kultur dann tatsächlich auf Jahrhunderte hinaus...

Denn über dem Einzelnen liegt immer die allgemeine und transzendente
Struktur der Geschichte. Die paar tausend römische Bürger, die bei den
Proskriptionen des zweiten Triumvirats unterm Konsul Octavian (später
Augustus ...) zerfleischt wurden - oder die paar tausend Sklaven, die in
den Legionen gedient hatten und nach deren Auflösung am Ende des
Bürgerkriegs, weil sie keine Herren mehr hatten, kurzerhand gekreuzigt
wurden (menschlicher Abfall ...), die waren zusammengenommen nur ein Klacks
gegen jenen ungeheuren Blutzoll, den der Mittelmeerraum, der Nahe Osten und
Mitteleuropa unter den Nachfolgern des Augustus zu erleiden hatten.

....wegen des Ausbleibens der Katharsis. Ein ungeheurer Blutzoll ist nämlich gleichzeitig immer auch eine große Reinigung.

Denn die Formen, sprich politischen Institutionen, hier also die des
KAISERTUMS, wenn sie einmal gefunden sind, wälzen sich meist noch ein paar
Jahrhunderte stumpfsinnig durch den geschichtlichen Prozess. Auch die
Geschichte ist eine träge Masse.

Geht's nicht ohne den 'großen Führer'? Ich erwarte von Dir keine
Antwort, sondern will nur ausdrücken, dass eben diese Frage mich sehr,
sehr beschäftigt - ohne dass ich im Augenblick bereits eine Antwort
hätte.

Es geht nicht ohne Auffinden der politischen Form - und nicht ohne den Blutzoll.
Das Eigenartige ist, dass sich sowohl nach der russischen Revolution als auch nach der chinesischen Revolution, die ja beide ganz auf neue politische Formen und nur auf die Form ausgerichtet waren, in beiden Fällen ein großer Führer herauskristallisierte. Was zu meiner These passt, dass nicht die "großen Führer" die neuen politischen Formen machen, sondern diese rekursiv die "großen Führer" erschaffen.

Der Staat an sich schon ist eine böse Last für den Menschen. Wenn sich
seine Macht dann in einem 'großen Führer' konzentriert, dann ist das
Risiko sehr groß, dass etwas schief geht. Denn die meisten großen
Führer, die mir bekannt sind (und ich habe viele studiert ...), waren
ziemlich pathologische Charaktere. Allein das ist schon, für sich
genommen, ein merkwürdiges Phänomen.

Ja. Es könnte nämlich sein, dass die, die dafür sorgten, dass die Menschheit nicht auf den Bäumen hockenblieb, als pathologisch definiert werden. "Pathologischer Charakter" ist nämlich einen ideologische Zuschreibung. In Wirklichkeit ist es so, dass die "Charaktere" sich in ihrem Umfeld "pathologisch" verhalten müssen (die Banalität des Bösen), wenn sie ihre Ziele durchsetzen wollen.
Umgebracht werden die Schwächlinge.

Ein wirklich großer Führer wird ziemlich genau heute in drei Jahren
geboren werden. Ein paar kleine 'große Führer' werden kurz danach in den
2020ern die Macht ergreifen und die Konstellationen für sein späteres
Wirken vorbereiten, durchaus vergleichbar den Zeiten von Cäsar

Caesar war ohne den Vorläufer Catilina nicht denkbar. Er hat daraus gelernt.

bis

Augustus oder von Diokletian bis Konstantin.

Trump ist verglichen mit diesen kommenden Gestalten nur ein seniler
Gockel.

Beste Grüße, Weiner

*) eines der ersten Opfer der zweiten Proskriptionswelle war Cicero,
dessen Leichnam man dann durch die Straßen Roms schleifte und schließlich
am Forum aufhängte.

??? Bringst du da nicht was durcheinander? SDas ist ein alter Topos, dass verhasste Feinde, deren Nachwirken im allgemeinen Bewusstsein man anders nicht beikommt, gerne auch als Leichen noch mißhandelt werden.
Bei Cicero ist mir das aber nicht bekannt, und er hatte auch keinerlei Nachwirkung, sondern er war nicht nur physisch, sondern auch ideologisch erledigt, nachdem die Demokratie endlich gefallen war.

Augustus ist nämlich normalerweise nicht fr Blutrünstigkeit bekannt, sondern für sein taktisches Geschick. Die besiegten Soldaten seines Gegners nahm er in seine Armee mit auf und gewährte ihnen genau so Sold und Pension wie seinen eigenen Soldaten. Leichter und sicherer kann man politische Gegner nicht demoralisieren.

Die Frau von Mark Anton soll ihm ihre Haarnadel durch

die Zunge gestochen haben. Waren also nicht zimperlich, die alten Römer,
und hatten Sinn für Symbolik ...


Gruß Mephistopheles


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