Elektrische Energie: Grundlastfähig bedeutet nicht automatisch schwarzstartfähig

paranoia, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Dienstag, 22.07.2025, 23:46 (vor 147 Tagen) @ Plancius2146 Views

Hast du dich schon mal mit dem Roman "Blackout" von Stefan Elsberg beschäftigt?

Ein Blackout ist nicht mal das Wegbrechen einiger Strommasten wegen eines Eisregens oder ein mehrtägiger Stromausfall, wie wir ihn in der DDR in unserer Kindheit in den 70er Jahren erlebten.

Mit jedem grundlastfähigen Kraftwerk, das abgeschaltet wird, verringert sich die Anzahl schwarzstartfähiger Kraftwerke, die nach einem großflächigen Blackout das Stromnetz sukzessive wieder hochfahren können.

Nein, denn grundlastfähig bedeutet nicht automatisch schwarzstartfähig.

Schau' Dir die "drei warmen Brüder" in Hannover an:
https://de.wikipedia.org/wiki/Heizkraftwerk_Linden

Die sind mutmaßlich schwarzstartfähig.

Das stillgelegte Kraftwerk Mehrum (jüngst einer Habeck-Sprengung erlegen) wäre mutmaßlich nicht schwarzstartfähig gewesen.

Beide Kraftwerke sind aber grundlastfähig.

Es ist daher durchaus möglich, dass es zwei Wochen oder noch länger dauern kann, ehe das Stromnetz wieder in einen stabilen Zustand versetzt worden ist. Niemand weiß auch, wie sich die gegenseitigen Abhängigkeiten im europäischen Verbundnetz verhalten.

Führt ein regionaler Blackout in Deutschland über einen Kaskadeneffekt zu einem großflächigen europäischen Blackout?

Es gibt keine pauschales Szenario. Früher haben die Leitwarten durch erzwungene Ab- und Zuschaltungen dafür gesorgt, dass (n-1)-Sicherheit bestand, sprich, dass Netz arbeitet auch bei Ausfall irgendeiner Leitung stabil weiter.
Vor ein paar Monaten gab es eine Meldung, dass die (n-1)-Sicherheit nicht mehr eingehalten werden könne.

Schaltet eine Leitung aufgrund eines Defekts oder von Überlast ab, tragen die umliegenden Leitungen die Last. Es kann zu einem Dominoeffekt kommen, bei dem viele Leitungen sich nacheinander abschalten.

Dann fällt das Verbundnetz in Teilnetze, typischerweise zwei, eins mit Überfrequenz, das andere mit Unterfrequenz. es können aber auch mehrere Teilnetze entstehen. Diese müssen dann alle wieder synchronisiert und zusammengeschaltet werden. Es gibt keine Garantie darauf, dass das funktioniert, eventuell muss der Vorgang mehrfach wiederholt werden.

Der Ausfall eines großen Kraftwerkspark (schon passiert in Südosteuropa) kann auch zur Leitungsüberlastung führen.

Nicht abschaltbare PV-Erzeugung kann Überfrequenz entstehen lassen. Dann werden ganze Landstriche abgeschaltet, was aber auch die Abschaltung der Verbraucher umfasst.

Es gibt noch weitere Szenarien.

Werden die Polen und Tschechen an den Übergabepunkten rechtzeitig ihr Netz vom deutschen trennen?

Bei Überlast einer Leitung erfolgt die Trennung automatisch, meines Wissens so in zehn Millisekunden.

Mit jeder Abschaltung eines konventionellen Kraftwerks wird die Flexibilität der Leitwarten gemindert, durch zwangsweise Abschaltung oder Zuschaltung von Kraftwerken regelnd in das Netz einzugreifen.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung