Oppenheimer schreibt, dass jeder Staat "seiner Entstehung nach ganz und seinem Wesen nach auf seinen ersten Daseinsstufen …

Ostfriese, Dienstag, 12.03.2024, 17:00 (vor 46 Tagen) @ Kaltmeister1496 Views

Hallo Kaltmeister

Vielen Dank für Deine Antwort.

Ich empfehle in diesem Zusammenhang immer die zeitlosen Ausführungen zu Beginn des Standardwerks von Franz Oppenheimer: Der Staat (1909).

Ich möchte im Zusammenhang mit Franz Oppenheimer und zwecks Wahrung des Erbes unseres Forumsmentors Paul C. Martin, des Begründers des machtbasierten Debitismus, dessen Beitrag

https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=366884 Re: Von Wanderstaaten oder: Warum haben Kapitalisten nicht Bonität AAAA? verfasst von dottore, 26.10.2006, 16:13

vollständig zitieren.

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→ Hi Wal,

1. Du beginnst deine Staatsableitung mit der beginnenden Sesshaftigkeit der Völker, also rund 8.000 bis 10.000 v. Chr.

Nein. Staat hat mit Sesshaftigkeit nichts zu tun. Wir kennen aus Geschichte und Gegenwart Stämme noch und noch, die sesshaft waren/sind, aber niemals Staat, die akephalen sowieso nicht. Die kephalen kennen zwar Chiefs, aber aus dem Chiefdom folgt keineswegs, dass es sich beim kephalen Stamm um einen Staat gehandelt hätte. Dies hatte Marx übersehen bzw. konnte er mangels Kenntnis der Forschungsergebnisse über frühe Stämme, die wir heute haben, überhaupt nicht wissen.

Auch das schöne Fach Soziologie, deren zwei größten deutschen Koryphäen Max Weber und Franz Oppenheimer beim Tode Marx‘ (1883) noch recht unbedarfte Jünglinge waren (beide *1864), war ihm unbekannt und das immense Faktenmaterial, das die Soziologie inzwischen zusammengetragen hat (erster spezieller Lehrstuhl 1919), ebenfalls. Wir können nicht so tun als sei die gesellschaftswissenschaftliche Welt 1883 stehen geblieben.

Oppenheimer wurde schon mal zitiert, wird aber gern wiederholt: Ausweislich der der quellenbasierten Historiographie, schreibt er, ist jeder Staat … fast ganz eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzte zu regeln und gegen innere Aufstände und äußere Angriffe zu sichern. Und die Herrschaft hatte keinerlei andere Endabsicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger. Kein primitiver Staat der Weltgeschichte ist anders entstanden."

Die Origin-of-State-Debatte, die Robert L. Carneiro 1970 angestoßen hat, bestätigt dies inzwischen: Es entstehen Staaten nicht durch Krieg allein, sondern, wenn der Krieg zur Eroberung führt, die sich ihrerseits aus der Notwendigkeit ergibt, den Eroberer-Stamm physisch zu erhalten bzw. den physischen Erhalt produktiver zu gestalten - ganz simpel dadurch, dass Ober-Stamm A Stamm B für sich arbeiten lässt, siehe Sparta und die Messener bzw. die Heloten. Kein Spartaner hätte selbst den Buckel krumm gemacht.

Der wichtigste Schüler Oppenheimers war Erich Preiser, der sich besonders um die Verteilungstheorie verdient gemacht hat. Verteilung ist nach meiner bescheidenen Interpretation auch die zentrale Fragestellung von Karl Marx. Mit den Finessen der modernen VT (Grenzproduktivität, Substitutionselastizität, die Theoreme von Stolper/Samuelson oder Heckscher/Ohlin, usw.) konnte sich Marx ebenfalls nicht beschäftigen, da er sie nicht kannte. Die Verteilung in Stämmen (Stichworte: reziprok, redistributiv, Big-Man- und LU.GAL-Phänomen) ist inzwischen in einer Tiefe untersucht und dargestellt, die Marx nicht kennen konnte.

Das ist soweit verständlich, als erst mit der Sesshaftigkeit auch dauerhafte politische Gebilde als Machtüberbau über der Gesellschaft entstehen.

Mit Staat hat das überhaupt nichts zu tun. Politisches Gebilde ist ebenso ein Leerwort, wie Machtüberbau oder Gesellschaft.

Tatsache ist aber, dass die Menschheit die längere Zeit (ich nehme - mehr oder minder willkürlich den Zeitraum um 50.000 bis 10.000 v. Chr.) nomadisch und auf Wanderschaft gelebt hat, also von Sammeln, Jagen und Viehzucht. Was solche Horden bzw. Stämme produzierten, erjagten und erbeuteten war immer gemeinsamen Eigentum, das nach festen Regeln unter alle verteilt wurden. Nachzulesen in Homers Ilias oder zu studieren bei ethnologischen Forschungen von indianischen und anderen Gesellschaften.

Ganz richtig. Nur: Wie kommen wir von Horden bzw. Stämmen zu Staaten?

Siehe auch meine Arbeit über die Entwicklungsformen des Handels. Der Handel entwickelte sich ohne staatlichen Zwang und ohne staatliche Einmischung ganz naturwüchsig, wie Marx es nennen würde.

Keineswegs. Schon das Wort naturwüchsig (Wachsen wie ein Baum - und dann? Warum wächst er nicht immer weiter? Warum stirbt er ganz natürlich ab?) zeigt, dass hier zu einer Metapher gegriffen wird, die gar nichts aussagt, demnach eine Aporie anzeigt.

Wo wäre denn der Handel der Indianer und anderer Stämme und Horden? Wo waren ihre Märkte? Sie waren auch lange genug unterwegs bzw. sesshaft und kein entsprechender Naturwuchs hat sich eingestellt. Nanu! Wir hatten den Handel schon des Öfteren diskutiert. Nirgends findet sich ein Beispiel, dass sich Händler in staatenlosen Gesellschaften entwickelt hätten oder dass sie eine rätselhafte Schicht vor (oder gar außerhalb?) von Staaten gegeben hätte.

Es gibt Austausch in allen möglichen Varianten zwischen Herrschern, siehe die Amarna-Korrespondenz, die Marx nicht kennen konnte oder den Potlatch und die Kula-Ringe, die auch erst Jahrzehnte nach seinem Ableben entdeckt wurden. Auch kannte er nicht den - inzwischen durch zahlreiche Tontafelfunde verorteten - DAM.GAR, der Palasthändler war (royal agent) und der ohne staatliches Geleit niemals aufbrach. Für das spätere Mykene galt dasselbe.

Die DAM.GAR (später tamkaru o.ä.) waren abgabenverpflichtet, wie sich überhaupt nirgends ein Handelsplatz findet, bei dem der Staat nicht abkassierte (Marktrechte usw.) und dies bis heute (Umsatzsteuern usw.). Es gibt auch keine griechische Agora, die nicht von Amts-, Verwaltungs- und/oder Magistratsgebäuden umstellt war.

Sobald dann und wo dann eine Staatsmacht etabliert war, monopolisierte die Staatsmacht den Außenhandel, und ursprünglich war jeder Handel zunächst Außenhandel.

Es existiert kein vorstaatlicher Außenhandel, den die Staatsmacht hätte monopolisieren können. Es lief genau umgekehrt: Der Austausch, siehe eben, startete als der zwischen Staatsmächten und die damit betrauten Agenten konnten aus der Arbitrage, also dem, was nach Abzug ihrer Zwangsabgaben verblieb, private Geschäfte betreiben. Den staats- bzw. abgabenfreien Händler hat es schlicht nie gegeben.

Das Staatsoberhaupt steht hier aber nur in der Tradition der früheren Repräsentanten der Gesellschaft, die durchaus keine staatliche Gewalt innehatten, sondern die Sprecher (Häuptlinge) ihrer Gemeinschaft und damit die Verhandlungspartner (Handelspartner) nach Außen waren. Mit beginnender Sesshaftigkeit

Klartext also: Vor der Sesshaftigkeit, also bevor sie beginnend war, zog die Gesellschaft umher? Du meinst nicht im Ernst Wanderstaaten mit Wanderstaatsoberhäuptern und unsesshaften Handelspartnern, die demnach im wahren Sinn des Wortes fliegende Händler gewesen wären?

werden alle ursprünglichen gesellschaftlichen Gewohnheiten noch tradiert, bis sie sich endlich als Staatsmacht verfestigen.

Was konkret heißt verfestigen und wie hat man sich das vorzustellen?

Vor der Staatsbildung wurde z.B. Kriegsbeute vom (gewählten) Heerführer (Häuptling) verteilt, der aber keineswegs Eigentümer der Beute war.

Wir reden nicht von vor der Staatsbildung, sondern nach der Staatsbildung und nicht von Beute, sondern vom Tribut (laufende Abgabe). Die Wikinger (Normannen) teilten als Stamm die Beute, waren aber kein Staat. Auch der Tribut wurde noch verteilt, siehe die weit verstreuten Hortfunde. Nachdem aber des Tribut-Territorium besetzt war, z.B. England 1066, gehörte das gesamte besetzte Territorium dem Chef der Eroberer (daher das schöne Wort Kronland), bei den Römern (ius occupandi - die Provinzen wurden vom Staat zur Plünderung freigegeben, siehe Cicero ad Verrem) und den Spaniern war es ganz genau dasselbe.

Siehe in der Ilias den Konflikt zwischen Achilles und dem Heerführer Agamemnon, der sich als Eigentümer der Beute aufführt und Achilles die hübscheste Sexbeute wegnimmt. Achilles und seine ganze Mannschaft treten daraufhin in Streik. Agamemnon hat keine Macht über Achilles und muss nach mehreren verlorenen Schlachten vor Troja den Achilles kniefällig um Verzeihung und um Teilnahme am Kampf gegen Troja bitten. Das ist das Hauptthema der Ilias: Kriegsbeute ist gemeinsames Eigentum und nicht Eigentum eines politischen Oberhaupts.

Ganz richtig. Nur wurde Troja vernichtet (einmal Beute und weg) und nicht abhängig gemacht, da das trojanische Territorium nicht in das irgendeines griechischen Stammesführers (oder Oikos-Herrn) eingegliedert und dann Eigentum dieses Stammesführers geworden wäre. Odysseus kehrt auf sein Eigentum (Ithaka) zurück ohne, dass er Troja besetzt hätte, die anderen Griechen genauso. Der Trojanische Krieg ist zwar schön zu lesen, trägt aber zum Thema Staatsbildung überhaupt nichts bei.

Nach der Staatsbildung wird das Staatsoberhaupt ganz selbstverständlich Eigentümer der Kriegsbeute, und in zentralverwalteten Staaten auch der Obereigentümer aller anderen Wirtschaftsleistungen.

Richtig, siehe eben. Aber der Staat bildet sich nicht (wie denn? Etwa per Gesellschaftsvertrag?) aus dem Stamm heraus, sondern erst, nachdem Stamm A Stamm B territorial (= inklusive aller dort Befindlichen) unterworfen hat.

Der lange Vorlauf von nomadischen Gesellschaften, die ohne Staat wirtschaften,

Sie produzieren und verteilen das Produzierte. Auf den Unterschied zwischen Produzieren (ohne Geld, Einzel-Untereigentum an Grund und Boden, Zins, usw.) und Wirtschaften (mit) muss immer wieder hingewiesen werden. Produzieren = ohne Staat (bis heute muss keine Familie fürs Pflücken und familieninterne Verteilen von Äpfeln oder Arbeiten im Haus Lohn- oder Umsatzsteuer zahlen). Wirtschaften = nur mit Staat und seinen Derivaten definierbar.

in sesshafte staatliche Gemeinschaften (Sumer, Ägypten etc.), wo der Staat die Wirtschaft lenkt und leitet, kommt in deiner Theorie nicht vor.

Sehr wohl. Der Staat kommt nicht von der Sesshaftigkeit (widerspräche auch oben Deinem Vagabundenstaat), sondern von der Eroberung mit Unterjochung/Abgabenzwang, was logischerweise zentral organisiert sein muss.

Deine Geschichte der Wirtschaft beginnt unvermittelt und unhistorisch mit dem staatlichen Sündenfall wie in der Heiligen Schrift die Geschichte der Menschheit mit der Vertreibung aus dem Paradies beginnt. Solche Historiker machen es sich leicht, wenn sie einen (beliebigen) Zeitpunkt setzen und behaupten: Da beginnt die Geschichte. Davor ist Vorgeschichte, Prähistorie.

Es gibt keinen staatlichen Sündenfall. Der Ablauf Stamm → Staat ist klar und nachvollziehbar. Der Zeitpunkt ist auch nicht beliebig, sondern gut (traditionell) zu datieren: beim Übergang von der vordynastischen zur dynastischen Zeit. Je nach Weltgegend unterschiedlich.

2. Politische und ökonomische Macht wirken (in der Regel) zusammen, das ist ein Allgemeinplatz. In aller Regel ist die politische Macht aber eine Allgemeinmacht, selbst wenn sie persönlich von Einzelnen ausgeübt wird.

Was ist Allgemeinmacht? Kratie? Pantokratie? Wenn also alle herrschen (= Macht haben) und niemand Nicht-Macht hat? Akratie?

Alle Beispiele von dottore, (soweit ich sie kenne) stellen immer die politische Allgemeinmacht einzelnen und individuellen ökonomischen Mächten (einzelnen Eigentümern) gegenüber.

Falls Allgemeinmacht den Obereigentümer meint: Warum ist nicht jedermann Obereigentümer (= souveräner Staat)? Der einzelne Eigentümer ist immer Untereigentümer. Das hatte Marx überlesen, was ihm vorzuwerfen ist. Denn die Literatur seines Jahrhunderts war voll davon.

Gegenüber jedem einzelnen Eigentümer ist die politische Macht (fast) immer überlegen. (So wird heute von jedem Einzelnen die Staatsmacht als übermächtig erlebt und wahrgenommen.) - Es sei denn, dieser Einzelne kann die ihm feindliche Staatsmacht stürzen und seine individuelle Macht als politische Macht etablieren.

Damit würde er Obereigentümer und damit automatisch souverän.

In der römischen Geschichte war das zum Beispiel der Konflikt zwischen dem Cäsar als Einzelnen und dem Senat als Repräsentant der Staatsmacht. Ein moderner Cäsar wäre z.B. Osama Bin Laden, der als Individuum einer politischen Staatsmacht den Kampf ansagt. Niemand glaubt, dass er mit seiner Kampfansage Erfolg haben wird.

Auch der römische Senat war nicht die Staatsmacht. Er konnte z.B. ab Augustus nur Scheidemünzen prägen lassen (S C = senatus consulto). Nur die Staatsmacht, zuerst als ROMA, dann als IMP, AUG, usw. hatte die Münzhoheit.

Was in der Argumentation von dottore (soweit ich sie kenne), immer ausgeblendet ist, ist die ökonomische Gesamtmacht, - in der Marxschen Terminologie die kombinierte Macht der besitzenden Klasse.

Besitz mit Eigentum verwechselt! Eine besitzende Klasse wären demnach alle Mieter. Kapital als Besitz existiert nicht und wird auch nirgendwo verbucht. Böser Schnitzer!

Demgegenüber (und nur demgegenüber!) - so meine Meinung und die Theorie von Marx - ist die Staatsmacht immer und überall ohnmächtig.

Nein, siehe eben. Der Staat als Obereigentümer kann jederzeit das Untereigentum wieder an sich ziehen. Der Untereigentümer kann niemals den Obereigentümer Staat enteignen. Der kann mit Hilfe seiner Obereigentums Umsatz herbeizwingen (Steuern erheben), was der Untereigentümer (Kapitalist) nicht kann. Der Staat kann sich jederzeit an Firmen beteiligen (EADS). Warum muss sich der Staat niemals (und gegen kein Risiko) versichern, der Kapitalist sehr wohl?

Warum kann sich keine Firma (kein Kapitalist) am Staat beteiligen? Wäre doch schon allein wegen der Bonität von Vorteil.

Wäre das private Kapital mächtiger als der Staat, müsste es doch wohl die Bonitätsstufe AAAA erhalten. Warum ist das nicht der Fall?

Studieren kann man diese Frage in allen Krisenzeiten, den Endzeiten und Untergangszeiten einer Staatsmacht.

Bevor der Obereigentümer in die Krise rutscht, stecken die Untereigentümer schon längst drin.

Nehmen wir als jüngeres Beispiel die Staatsmacht der Nazis in Deutschland kurz vor ihrem Untergang 1945. Speer schreibt es sich in seinen Memoiren zu Gute, dass er den Befehl Hitlers zum ökonomischen Selbstmord Deutschlands ignorierte und seine Durchführung verhinderte. Mit dieser Argumentation rettete er im Nürnberger Prozess seinen Kopf.

Speer als Individuum hätte da gar nichts verhindern können, wenn nicht zehntausende und hunderttausende der Kapitalisten und ihres Anhangs diesen Befehl Hitlers, in Deutschland verbrannte Erde zu schaffen, nicht hätten verhindern wollen. Speer handelte hier (wie vorher auch) im Interesse der Zukunft der Gesamtheit der Kapitalistenklasse, deshalb setzte sich Speer gegen Hitler durch. Hitler (die Staatsmacht) stand hier gegen das Gesamtinteresse der Kapitalistenklasse. Deshalb war Hitler (die Staatsmacht) in dieser Frage macht- und wirkungslos.

Wenn ein Krieg verloren geht, kann nicht mehr von dieser Staatsmacht gesprochen werden. Und als Gegenbeispiel: Die Reparationen und Demontagen nach WK I und WK II: Wo war da die Kapitalistenklasse (die internationale noch dazu), um das zu verhindern? Da triumphierten die Staatsmächte der Siegerstaaten.

Scheinbar wird jeder Staat in der Phase seines Unterganges übermächtig. Klassisches Beispiel: das römische Kaiserreich, das sich zunehmend in alles und jedes einmischte, und für alles und jedes Steuern und Abgaben verlangte. Tatsächlich war diese Hyperaktivität des Staates immer und überall ein Zeichen von Schwäche. Die Staatsmacht bringt mit immer höherem Input (Steuern, Schikanen gegen die Untertanen) immer weniger Output (innen- und außenpolitische Macht) zustande.

Just mein Reden.

Damit entfernt sich die Staatsmacht zunehmend vom Gesamtinteresse der besitzenden Klassen und gerät zunehmend in Konflikt mit dem Interesse der besitzenden Klassen.

Das Interesse der Untereigentümer-Klasse (besitzend wieder falsch!) ist immer der starke Staat. Wie sonst könnte diese Klasse ihr Untereigentum erhalten?

In der Folge verschwindet dann die Staatsmacht.

Ja diese. Denn schon ist die Folgestaatsmacht da (Goten-Reiche, Merowinger-Reich usw.).

Die besitzenden Klassen und ihr Eigentum verschwinden keineswegs, sondern organisieren sich neu. Langfristig siegte so überall das Eigentum über den Staat, nicht der Staat über das Eigentum.

Hier geht’s nicht um Sieg, sondern um die simple Tatsache, dass Untereigentum (privates Kapital) ohne Staatsmacht (Waffen-, Gebiets-, Steuer-, Geldmonopol!) nicht zum besicherten Wirtschaften eingesetzt werden kann.

Kleinigkeit am Rande: Meine Familie wurde (Ostzone) 1947 enteignet. Wie funktionierte das? Ganz einfach! Die Staatsmacht löschte die Firma, in der auch die Grundstücke enthalten waren, aus dem Handelsregister. Sehr gut, und mir übrigens völlig egal (damit nicht falsche Schlüsse gezogen werden).

Ich möchte die Kapitalisten(klasse) sehen, die es schaffen/schafft, einen Obereigentümer aus dem Register der souveränen Staaten zu löschen.

Die römische Staatsmacht verschwand, aber die römischen Latifundien blieben.

In Westrom wurden sie zu Kronland der Eroberer (nächste Staatsmacht). In Ostrom konnten sie sich länger halten, weil die Staatsmacht länger hielt. Ab 1071 (Manzikert) waren auch die kleinasiatischen Latifundien verloren und die neue Staatsmacht war die der Seldschuken.

Auch das lässt sich am Übergang von Hitlerdeutschland zur Bundesrepublik genau verfolgen. Das Staatspersonal und die Staatsregeln wurden (weitgehend) ausgetauscht. Das Produktionseigentum der Kapitalisten blieb als Eigentum erhalten, wenn es auch quantitativ beschädigt war. Qualitativ und juristisch blieb es unangetastet.

Personal und Regeln spielen keine Rolle. Ist in der Nachkriegszeit die Staatsmacht selbst verschwunden? Sehen wir irgendwo ein staatsmachtfreies Gebiet?

Dass die Staatstheorie von Marx der Staatstheorie von dottore ziemlich entgegengesetzt ist, braucht einen dottore nicht zu stören.

Schade, dass ein so brillanter Kopf wie Marx Staat, Staatsentstehung, Stamm / Staat, Beute / Tribut, Zwangsumsatz (Steuern) vs. Marktumsatz, Obereigentum / Untereigentum, Eigentum / Besitz, usw. nicht sauber abgearbeitet hat.

Vielen Dank für die Steilvorlagen + Gruß!

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Gruß - Ostfriese


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