Ist Selbstreflexion nur eine Zeitfrage?

vegan, Donnerstag, 28.09.2017, 13:28 (vor 2374 Tagen) @ Rybezahl1378 Views
bearbeitet von unbekannt, Donnerstag, 28.09.2017, 14:24

Es sieht aber danach aus, als würde derjenige, der unter größerem Druck
steht, auch desto mehr Risiko eingehen. Oder wie es
...
Und desto aussichtsloser die Lage, desto drastischer die Mittel.


Hallo Rybezahl,

Staatsorganisation verschleiert den unmittelbaren Überlebensdruck, unter dem Menschen durchweg ihr Dasein fristen, hin zu einem mittelbaren. Diese konstruierte Ruhe ist gerade Heimtücke pur, der Mensch wiegt sich selbst in Sicherheit und verliert sein Gefühl dafür, im System Erde unentwegt von finaler Auslöschung bedroht zu sein. Aufgeschoben ist bekanntlich aber nicht aufgehoben, man könnte es vielleicht akkumulierte Sorglosigkeit nennen, deren Energie sich dann mit allerlei Unschönem schlagartig ihre Bahn bricht.

Doch wie begegnet man dieser Sorglosigkeit? Ich kann das nur halbwegs gesichert für mein Gehirn beantworten und jedes Gehirn ist anders. Seit meiner frühen Kindheit begleiten mich Computer- und Videospiele. Es mag paradox anmuten, dass ich ausgerechnet für diesen stromfressenden und scheinbar sorglosesten aller Zeitvertreibe die Maus schwitzen lasse, aber hat nicht jedes Ding mindestens zwei Seiten?

Bei vielen Computerspielen schätze ich ihre gnadenlose Unmittelbarkeit. Für jeden Fehler, für jedes unvorsichtige Verhalten wird regelmäßig sofort die klar nachvollziehbare Rechnung präsentiert (inklusive hingerichtetem Joystick, was mich noch heute schmerzt und beschämt). Gerade schnelle Spielabläufe nötigen dem Gehirn erhöhte Auffassungsgabe und Reaktionsberechnung in Sekundenbruchteilen ab.

Computerspiele erscheinen mir wie ein Training für Ausnahmesituationen, dessen Trainingseffekt sich auf das tägliche Leben überträgt. Durch automatische Schnellanalyse von Alltagssituationen bleibt wortwörtlich Zeit, die eigene Reaktion genau "mitzubeobachten", sie also regelmäßig auswerten zu können. Jedenfalls kann ich mir das nur durch meine jahrzehntelange Computerspielpraxis so erklären.

Aber vielleicht bin ich auch vollends verdaddelt und rede es mir nur schön. [[hüpf]]

Die andere Seite der Medaille ist nämlich eine mögliche Computerspielsucht. Gerade moderne "Free-to-play"-Varianten arbeiten mit Belohnungsspiralen direkt aus der wissenschaftlichen Psychohexenküche, um den Spieler möglichst lange und intensiv zu binden. Hat nicht jeder Mensch eine Sucht und nur der Glückliche findet sie nicht? Dringen Machtzession und Machtkonzentration bis ins Individuum vor, wird dessen Ohnmacht irgendwann zum Lernerfolg.

Gruß,
vegan


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung