Organisation der Bauernproteste am 08.01.2024 und der damit verbundenen Probleme
bearbeitet von Plancius, Sonntag, 31.12.2023, 13:02
Ich bin diese Woche auf der Orga-Veranstaltung der Bauernproteste für unseren (Alt)Landkreis beginnend am 08.01.2024 gewesen. Insgesamt waren ca. 30 Personen anwesend, etwa 15 Bauern, ein Spediteur und weitere interessierte Bürger. Im Prinzip die Leute, die man bereits von den Montags-Demos und AfD-Stammtischen kennt.
Hier beginnt schon das erste Problem. Wie bekommt man die interessierten Leute für einen Graswurzelprotest über die Ebene der Bauern / des Bauernverbands hinaus an einen Ort zu einem bestimmten Termin zusammen, um das Vorgehen zur Protestveranstaltung zu besprechen?
Die Zeitung oder die lokalen Gemeindeblättchen kündigen sowas nicht an, also bleiben nur die sozialen Medien übrig. Ort und Uhrzeit wurden also in den einschlägigen regionalen Telegram- und Facebook-Gruppen bekannt gegeben. Der normale Bürger hier nutzt jedoch überhaupt kein Telegram oder Twitter und sieht auch Facebook nur im Hinblick auf Hobbies oder seine privaten Kontakte. Also sind alle Ankündigungen in den sozialen Medien wieder nur in der Szene der Corona-Demos und im AfD-Milieu verpufft.
Es ist unwahrscheinlich schwer, sowas als Graswurzelbewegung auf die Beine zu stellen. Insbesondere die Arbeiterschaft bekommt man überhaupt nicht mehr organisiert. Da die Gewerkschaften schon seit vielen Jahren Teil des Systems sind, fehlen solche Arten von Multiplikatoren, die durch eine straffe Organisation schnell und effektiv sehr viele Menschen mobilisieren können.
Mit den modernen Kommunikations- und den sozialen Medien hat man hervorragende Werkzeuge in der Hand, um dezentral spontane Aktionen zu organisieren. Das migrantische Milieu macht es uns vor, wie die Leute dort zu Zigtausenden in WhatsApp- und Telegram-Gruppen organisiert sind, die sich einem Ziel verbunden fühlen, nämlich ihre Macht auf der Straße spontan in großer Stärke zu tragen. Sei es, um einem Glaubensbruder bei einer Polizeiaktion zu helfen oder gegen Israel in einer Pro-Palästina-Demo zu protestieren.
Dem gegenüber sehen die Deutschen in der überwiegenden Mehrheit überhaupt keine Veranlassung, sich in den sozialen Medien zu organisieren. Man wählt ja die Leute auch noch in Wahlen, die all das Unheil über unser Land bringen. Wozu also Protest, wenn man die Politiker, an die sich ja Protest richtet, auch noch selbst demokratisch legitimiert?
Insbesondere in der Arbeiterschaft gibt es gar kein Klassenbewusstsein mehr. Sie sehen sich durch ihre üppigen Tarifverträge privilegiert und befinden sich im Tiefschlaf. Protest gegen das System artikuliert sich wenn überhaupt dann in sinkender Arbeitsmotivation oder dass man seine 6 Wochen bezahlte Krankheit pro Jahr zusätzlich zum Urlaub ausnutzt.
Es war schon schwierig, auf der Orga-Veranstaltung überhaupt ein Ziel zu formulieren. Anstatt die konkreten Maßnahmen am 08.01.24 zu besprechen, ist man sogleich in eine Grundsatzdiskussion abgeglitten. Den Bauern ging es um die Rücknahme der steuerlichen Belastungen, andere meinten, das Fass ist schon lange voll und es gilt die Ampel zu stürzen. Man einigte sich dann schließlich doch sehr pragmatisch und angesichts der sehr begrenzten Kräfte, die zur Verfügung stehen, auf eine mehrstündige Blockade der Autobahnzufahrten am Morgen des 08.01. und einer Abschlusskundgebung am späten Nachmittag. Mit professionellen Videofilmern unter Zuhilfenahme von Drohnen möchte man die Aktionen filmen und gutes Bildmaterial für die sozialen Medien bereitstellen. Bei den Bürgern soll die Botschaft ankommen, dass es eine fundamentale Oppositionsbewegung im Lande gibt, verbunden mit der Hoffnung, dass dies die Initialzündung zur Mobilisierung von viel mehr Menschen ist.
Ein anwesender Spediteur erzählte auch, wie schwierig es ist, die Erhöhung der Lkw-Maut an die Kunden weiterzugeben. Es ist ja nicht nur die Lkw-Maut. Durch die Inflation steigen auch die sonstigen Kosten. Insbesondere die Lkw-Fahrer möchten verständlicherweise mehr Geld. Die Kostenstrukturen verschieben sich immer mehr zuungunsten der deutschen Spediteure und es gehen permanent Marktanteile an Spediteure aus Osteuropa verloren.
Da der Protest nicht zentral für alle Speditionen per Verband organisiert wird, haben die Spediteure natürlich Angst, sich zu beteiligen und Industriekunden und Märkte nicht beliefern, um das Land praktisch mal für eine Woche lahmzulegen. Die Einkaufsmanager der Konzerne sind politisch korrekt und streichen einen Spediteur sofort von der Lieferantenliste, wenn man an einem politisch motivierten Protest teilnimmt. Das gilt insbesondere für die großen Einzelhandelsketten.
So wird der 08.01.24 wahrscheinlich eine begrenzte Aktion bleiben. Vielleicht macht die Regierung den Bauern einige Zugeständnisse und dann geht alles weiter seinen normalen Gang.
Von einer revolutionären Situation, wie viele es sich wünschen, ist dieses Land noch weit, weit entfernt. Hier muss zunächst noch viel Speck abgebaut werden, ehe die Leute wach werden. 2024 wird hierzu einen großen Beitrag leisten. Wir werden aus dem wirtschaftlichen Abstieg nicht herauskommen, er wird sich vielmehr in 2024 erst richtig beschleunigen. Erst in 2025 wird sich wohl der Unmut beginnen, Bahn zu brechen.
Gruß Plancius
PS: Wahrscheinlich werden viele Leute in 2024 all ihren Mut zusammenkratzen und in den anstehenden Wahlen CDU wählen. " />
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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER