Hallo sensortimecom
(Kann mich auch irren).
Vielleicht hilft uns dottores debitistische Betrachtungsweise weiter, und erzeugt etwas Licht im Dunkeln.
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/search.php?search=Aufstieg+Fall+Moral&ao=a... Re: Wie ist "Böse" definiert? verfasst von dottore, 19.02.2004, 15:14
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→ Dottore: Es liegt auch nicht am "Bösen", sondern an der Macht als ökonomisch optimalen System (für den Machthalter): Andere arbeiten für den, der die Macht hat. Was sollte daran "böse" sein?
Wie ist denn das Böse definiert, wenn nicht als das Betrachten eines Menschen als Mittel zum (eigenen) Zweck? Und nicht als Zweck ins sich?
Hi,
dies ist eine moralische und keine ökonomische Kategorie. Zu Ende gedacht, würde das Gute dann bedeuten, dass jeder für den (oder einen) anderen tätig ist - und dies freiwillig. Man würde also mit maximalem Einsatz arbeiten und die Früchte der Arbeit (bzw. das erworbene Geld) am Ende einer Wirtschaftsperiode dann freihändig verteilt. Es gibt imposante Beispiele aus der Geschichte, wo Reiche oder Erfolgreiche dem Irdischen entsagten und alles an die Armen verteilt haben, man denke an Religionsstifter und Ordensgründer.
Überall, wo gewirtschaftet wird, findet eine Arbitrage statt: Man überlegt, ob es für einen selbst produktiver ist, einen anderen das erledigen zulassen, was man selbst unter Umständen auch selbst erledigen könnte. Ist ein Schreinermeister böse, wenn er einen Gesellen einstellt, was er zumeist nur tut, wenn er sich davon etwas für sich verspricht?
Macht ist definiert als jemanden zu etwas Zwingen zu können, was er freiwillig nicht tun würde. Wie das Zwingen abläuft (Belohnungsmacht oder Bestrafungsmacht), ist dann sekundär.
Richtig. Nehmen wir einen Eigentümer, der den Nicht-Eigentümer zwingen kann, ihm etwas zu bezahlen, z.B. Miete. Über die Frage der moralischen Berechtigung des unstreitigen Machtmittels Eigentum gibt es Bibliotheken und Ideologien en masse. Jeder kann es damit halten, wie er möchte.
Macht gibt es aber auch in guter Form, wer z.B. einen Alkoholiker zwingt, mit dem Trinken aufzuhören, hilft diesem Menschen mit dem Einsatz von Macht.
Da Alkoholismus als Krankheit gilt, müsste dies für alle Krankheiten gelten. Wer die Macht hat, Krankheiten zu heilen, dürfte für seine Dienste keinerlei Entgelt abfordern.
Es geht bei der ökonomischen Beurteilung von Machteinsatz nicht um die Frage, dass eine Leistung mit einer Gegenleistung beantwortet werden muss. Es geht darum, dass eine Leistung abgefordert wird, ohne dass der zur Leistung Gezwungene dafür eine Gegenleistung erhält, die ihm selbst zurechenbar ist.
Die Macht ist halt nicht der freie Markt.
Nehmen wir die Steuern. Das Argument pro Steuern lautet: Würden sie nicht erhoben, würde sich der Besteuerte schlechter stellen als wenn sie erhoben werden. Also ist es in seinem eigenen (!) Interesse, dass er besteuert wird. Er muss also mit Hilfe von Machteinsatz zu seinem Glück gezwungen werden. Siehe dazu die minimalistic government-Diskussion, zuletzt Timothy Roth.
Da es tatsächlich aber nicht um die Besteuerung geht, sondern darum, dass die abgesteuerten Abgaben auch wieder ausgegeben werden (würden die eingehenden Steuern öffentlich verbrannt, ergäbe sich keinerlei erkennbare Verbesserung der Lage auch nur eines einzigen Besteuerten), ist das Machtmittel Besteuerung inkl. Steuergerechtigkeit usw. eine Finte. Tatsächlich kommt es auf die Ausgaben der Machthalter an - egal wie diese an die entsprechenden Mittel kommen.
Dass sich die Lage jener, die Staatsausgaben entgegennehmen, verbessert, kann nicht bestritten werden. Dieser Zustand steigt mit der Zahl derer, die etwas in dieser Form erhalten und mit der Summe des insgesamt Erhaltenen. Um Ungerechtigkeiten möglichst zu vermeiden, sollte jeder in gleichem Umfang bedient werden. Dass in diese Richtung geschritten wird, kann jeder täglich den Nachrichten entnehmen (Grundsicherung usw.).
Idealerweise sollte dann auch der Tort der Besteuerung entfallen, um die damit verbundene Nutzenminimierung beim Einzelnen zu eliminieren. Auch in dieser Richtung sehen wir gute Fortschritte - siehe Staatsverschuldung.
… die kommunistische, die freilich weltweit etabliert sein sollte, um niemand auf dumme Gedanken zu bringen, sich dem zu entziehen.
Warum ist ein Machthaber, der andere für seine egoistischen Interessen ausnutzt, dann nicht böse?
Interessen sind immer egoistisch. Ich wüsste nicht, wie sie sonst definiert werden sollten. Das Ausnutzen anderer ist ein Essential dessen, was wir Wirtschaften nennen. Nur hat dies nichts mit gut und böse zu tun.
Aldous Huxley hat mal gesagt, dass das Böse letztlich selbstzerstörerisch ist. Diese Aussage würde sich doch wunderbar in die Machttheorie einfügen, oder?
Richtig. Die Macht, ausgeübt mit Hilfe von bewaffnetem Zwang, der zur unfreiwillig erbrachten Leistung zugunsten anderer führt, die man ohne den Zwang nicht bedenken würde, ist ein Sozial-Modell, das nicht funktioniert, wie die Geschichte (siehe Aufstieg und Niedergang) hinlänglich beweist.
Nur hat dies nichts mit dem Bösen zu tun, sondern mit beschränkter Einsicht bzw. damit, dass der Zeithorizont nicht hinreichend abgeschritten wird. Je länger die Zeit dauert, in der Machtsysteme etabliert sind, umso deutlicher wird ihre Selbstzerstörung sichtbar. Das macht auch aktuelle Zeitgeschichte so spannend und amüsant.
Das Große Welttheater, das wir gerade wieder in allen Facetten bestaunen und per Forum hier bis in hinterste Bühnenwinkel ausleuchten, hat zudem den Vorteil, dass es gratis und 24 Stunden lang betrachtet werden kann.
Dank & Gruß!
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Dottores Erkenntnisse, dass es nur einen Staatszweck: Staatsmachterhalt – und fertig gibt und dass das System nicht mit den Elementen des Systems selbst verändern werden kann, bleiben bestehen.
Die Selbstzerstörung ist völlig unabhängig von den aktiv handelnden Machthalter mit ihrer Entourage.
Gruß - Ostfriese