Es gibt aktuell Proteste in Lissabon gegen das Gesetzesvorhaben. Könnte man sagen, die Leute protestierten dagegen, dass sie - wenn sie eine solche Straftat begehen - durch Entzug der Staatsbürgerschaft bestraft werden. Das mag sich überspitzt anhören. Aber im Endeffekt sind die Protester ja gar nicht betroffen. Es sei denn, sie haben eine solche Straftat begangen oder werden diese begehen. Wer sich gesetzestreu verhält, hat weder etwas zu befürchten noch einen Grund, auf die Straße zu gehen.
Die Proteste in Lissabon gegen das geplante Gesetzesvorhaben zur Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechts sind komplexer, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Es ist wichtig, die Beweggründe der Protestierenden differenziert zu betrachten, anstatt sie ausschließlich auf die Furcht vor persönlicher Betroffenheit zu reduzieren.
### Hintergrund des Gesetzesvorhabens
Das Gesetzesvorhaben in Portugal sieht vor, die Einbürgerungsvoraussetzungen zu verschärfen (z. B. längere Wartezeiten von fünf auf bis zu zehn Jahre und Nachweise von Sprach- und Kulturkenntnissen) und den Entzug der Staatsbürgerschaft für eingebürgerte Personen, die schwere Straftaten begehen, zu erleichtern. Dies ist Teil einer umfassenderen Migrationspolitik, die auf wachsenden sozialen Unmut und die Popularität der rechtsnationalen Partei Chega reagiert, die den Kontrollverlust der Regierung in Bezug auf Migration kritisiert.[]
### Warum protestieren Menschen?
Die Aussage, dass nur Personen protestieren, die Straftaten begangen haben oder planen, solche zu begehen, ist eine starke Vereinfachung. Die Proteste richten sich nicht nur gegen die potenziellen Konsequenzen des Gesetzes für Individuen, sondern gegen die dahinterliegende Logik und mögliche gesellschaftliche Auswirkungen. Hier sind einige Gründe, warum auch gesetzestreue Menschen protestieren könnten:
1. **Diskriminierung und Ungleichbehandlung**: Viele Protestierende befürchten, dass das Gesetz vor allem Migranten aus bestimmten Ländern (z. B. aus ehemaligen Kolonien oder Ländern wie Indien, Nepal und Bangladesch) benachteiligt. Die Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechts könnte als Signal verstanden werden, dass bestimmte Gruppen weniger willkommen sind, was ein Gefühl der Ausgrenzung verstärkt.[]
2. **Symbolische Bedeutung**: Der Entzug der Staatsbürgerschaft ist eine harte Maßnahme, die oft als Angriff auf die Identität und Zugehörigkeit wahrgenommen wird. Selbst gesetzestreue Migranten könnten sich durch die Drohung, ihre Staatsbürgerschaft zu verlieren, weniger sicher fühlen. Dies betrifft insbesondere eingebürgerte Personen, die bereits Teil der portugiesischen Gesellschaft sind.
3. **Vertrauensverlust in den Staat**: Ein Gesetz, das den Entzug der Staatsbürgerschaft erleichtert, könnte das Vertrauen in die Stabilität und Fairness staatlicher Institutionen untergraben. Menschen könnten befürchten, dass die Kriterien für „schwere Straftaten“ willkürlich ausgelegt oder in Zukunft erweitert werden könnten, was auch gesetzestreue Bürger potenziell bedroht.
4. **Solidarität mit Betroffenen**: Viele Protestierende handeln aus Solidarität mit Migranten oder Minderheiten, die durch das Gesetz benachteiligt werden könnten. Diese Solidarität ist nicht davon abhängig, ob sie selbst direkt betroffen sind. Ähnliche Proteste gegen Polizeigewalt in Lissabon (z. B. nach dem Tod von Odair Moniz) zeigen, dass viele Menschen gegen Ungerechtigkeiten demonstrieren, auch wenn sie selbst nicht unmittelbar betroffen sind.[]
5. **Politische Polarisierung**: Die Proteste richten sich auch gegen die allgemeine politische Richtung, die durch Parteien wie Chega vorangetrieben wird. Die rechtsnationalen Forderungen nach strengeren Migrationsgesetzen werden von vielen als Ausdruck einer fremdenfeindlichen Haltung wahrgenommen, die nicht nur Kriminelle, sondern Migranten insgesamt stigmatisiert.
6. **Menschenrechtsbedenken**: Der Entzug der Staatsbürgerschaft ist international umstritten, da er in bestimmten Fällen zur Staatenlosigkeit führen kann, was gegen internationales Recht verstößt (z. B. UN-Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit). Selbst wenn Portugal dies vermeiden will, könnten Protestierende das Gesetz als Schritt in eine Richtung sehen, die grundlegende Rechte bedroht, wie es etwa in Deutschland kritisiert wurde.[]
### Warum auch Gesetzestreue protestieren
Die Annahme, dass nur potenzielle Straftäter protestieren, übersieht, dass Gesetze nicht im Vakuum existieren. Sie formen das gesellschaftliche Klima und beeinflussen das Gefühl der Zugehörigkeit und Sicherheit. Gesetzestreue Migranten oder Unterstützer könnten aus folgenden Gründen auf die Straße gehen:
- **Präventiver Protest**: Sie wollen verhindern, dass ein Gesetz verabschiedet wird, das sie oder andere diskriminieren könnte, bevor es in Kraft tritt.
- **Gesellschaftliche Werte**: Viele Menschen protestieren, weil sie ein Gesetz als ungerecht oder unverhältnismäßig empfinden, unabhängig von ihrer persönlichen Betroffenheit. Dies ist vergleichbar mit Protesten gegen andere Formen von Ungerechtigkeit, wie etwa Polizeigewalt oder Rassismus.[]
- **Langfristige Folgen**: Ein Gesetz, das den Entzug der Staatsbürgerschaft erleichtert, könnte langfristig dazu führen, dass Migranten zögern, sich einbürgern zu lassen, aus Angst vor Unsicherheit. Dies könnte die Integration behindern, was wiederum gesellschaftliche Spannungen verstärkt.
### Vergleich mit anderen Ländern
Die Debatte über den Entzug der Staatsbürgerschaft ist nicht neu. In Deutschland wurde ein ähnlicher Vorschlag von Friedrich Merz (CDU) als verfassungswidrig kritisiert, da er gegen das Grundgesetz verstößt, das den Entzug der Staatsbürgerschaft verbietet. In Ungarn sorgte ein Vorstoß, die Staatsbürgerschaft zeitweise aufzuheben, für Kritik als repressives Mittel. Diese Beispiele zeigen, dass solche Gesetze oft als Symbolpolitik wahrgenommen werden, die weniger der Kriminalitätsbekämpfung dient, sondern ein politisches Signal an bestimmte Wählergruppen sendet.[]
### Fazit
Die Proteste in Lissabon richten sich nicht nur gegen den potenziellen Entzug der Staatsbürgerschaft, sondern gegen ein Gesetzesvorhaben, das als diskriminierend, ausgrenzend und potenziell repressiv wahrgenommen wird. Auch gesetzestreue Bürger protestieren, weil sie die gesellschaftlichen Folgen – Stigmatisierung von Migranten, Vertrauensverlust in den Staat und eine zunehmende Polarisierung – fürchten. Es ist weniger eine Frage der persönlichen Betroffenheit als vielmehr ein Ausdruck von Solidarität, Sorge um Gerechtigkeit und dem Wunsch, eine inklusivere Gesellschaft zu verteidigen. Die Vereinfachung, dass nur Kriminelle protestieren, greift zu kurz, da sie die tieferliegenden sozialen und politischen Dynamiken ignoriert.
Wenn du weitere Details zu den Protesten oder spezifischen Aspekten des Gesetzesvorhabens möchtest, lass es mich wissen!
Gibt es auch Gegenproteste z.B. von Sympathisanten von Chega
Ja, es gibt Berichte über Gegenproteste von Sympathisanten der rechtsextremen Partei Chega in Lissabon, insbesondere im Kontext der Proteste gegen Polizeigewalt und das Gesetzesvorhaben zur Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechts. Diese Gegenproteste sind meist kleiner als die Demonstrationen gegen das Gesetz oder Polizeigewalt, aber sie zeigen die Polarisierung in der portugiesischen Gesellschaft.
### Gegenproteste von Chega-Sympathisanten
Ein konkretes Beispiel für Gegenproteste von Chega-Anhängern fand am 26. Oktober 2024 statt, zeitgleich mit einer großen Demonstration gegen Polizeigewalt nach dem Tod von Odair Moniz, einem Mann aus Kap Verde, der von der Polizei erschossen wurde. Während Tausende in Lissabon unter dem Motto „Gerechtigkeit für Odair“ gegen Polizeigewalt und Diskriminierung protestierten, organisierte Chega eine kleinere Demonstration zur Unterstützung der Polizei. Diese Gegenkundgebung hatte etwa 300 Teilnehmer und dauerte rund anderthalb Stunden. Die Organisatoren der Proteste gegen Polizeigewalt änderten sogar ihre Route, um Zusammenstöße mit den Chega-Sympathisanten zu vermeiden.[][]
Chega nutzt solche Gegenproteste, um ihre Position gegen „unkontrollierte Einwanderung“ und zur Verteidigung der Polizei zu stärken. Die Partei argumentiert, dass die Polizei in schwierigen Situationen wie in Vierteln mit hohem Migrantenanteil (z. B. Cova da Moura) Unterstützung benötigt und dass die Proteste gegen Polizeigewalt die öffentliche Sicherheit untergraben. Solche Kundgebungen tragen oft die portugiesische Nationalflagge und Slogans wie „Ausweisung von Einwanderern, die Verbrechen begehen“.[]
### Kontext und Dynamik
Die Gegenproteste spiegeln die wachsende Unterstützung für Chega wider, die bei den Parlamentswahlen im März 2025 starke Zugewinne verzeichnete und mit 22,56 % der Stimmen und 58 Sitzen zur drittgrößten politischen Kraft wurde. Besonders in Regionen wie der Algarve, wo Frustration über steigende Wohnkosten und den Einfluss ausländischer Investoren groß ist, findet die Partei Zuspruch. Chega mobilisiert ihre Anhänger, indem sie Themen wie Einwanderung, Kriminalität und nationale Identität in den Vordergrund stellt.[]
Die Gegenproteste sind jedoch nicht nur eine Reaktion auf die Proteste gegen das Staatsbürgerschaftsgesetz oder Polizeigewalt, sondern Teil einer breiteren politischen Strategie. Chega nutzt solche Gelegenheiten, um sich als Stimme der „echten Portugiesen“ zu positionieren, wie es Parteichef André Ventura ausdrückt. Dies führt zu einer starken Polarisierung, da Gegendemonstranten oft als fremdenfeindlich wahrgenommen werden, während sie selbst behaupten, für Sicherheit und nationale Souveränität einzutreten.[]
### Spannungen und gesellschaftliche Auswirkungen
Die Gegenproteste von Chega-Sympathisanten haben gelegentlich zu Spannungen geführt, insbesondere in Vierteln mit hohem Migrantenanteil. Am 29. September 2024 kam es bei einer Chega-Demonstration gegen „unkontrollierte Einwanderung“ zu Konfrontationen mit Einwanderungsbefürwortern, die für ein offenes Portugal demonstrierten. Wände und Bushaltestellen entlang der Marschroute waren mit Plakaten wie „Kein Portugal ohne Einwanderer“ beklebt.[]
Zusätzlich gibt es Hinweise darauf, dass Chega-Sympathisanten in der Polizei vertreten sind, was die Debatte über Polizeigewalt und Rassismusvorwürfe weiter anheizt. Die Organisation „Movimento Zero“, die sich gegen den Dienst in Problemvierteln wendet und teils xenophobe Ideen verbreitet, fand Unterstützung bei Chega, was die Spannungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen verstärkt.[]
### Fazit
Ja, es gibt Gegenproteste von Chega-Sympathisanten in Lissabon, die sich vor allem gegen Proteste richten, die Polizeigewalt oder das Staatsbürgerschaftsgesetz kritisieren. Diese Kundgebungen sind kleiner, aber deutlich sichtbar und tragen zur Polarisierung bei. Sie spiegeln die wachsende Unterstützung für Chegas anti-migrantische und sicherheitsorientierte Agenda wider, die in einem angespannten gesellschaftlichen Klima auf Resonanz stößt. Die Dynamik zwischen Protesten und Gegenprotesten zeigt, wie tief die Spaltung in Portugal bezüglich Migration und Staatsbürgerschaft ist.
Wenn du spezifische Informationen zu einem bestimmten Ereignis oder weitere Details möchtest, lass es mich wissen!
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Das sektenhafte Denken und Handeln der Grünen und ihrer Anhänger und Wählerschaft ist für Menschen mit gesundem Menschenverstand nur schwer nachzuvollziehen.