Hintergrund und Video
Die Demonstration gegen die Einführung des Euros war genehmigt und fand ursprünglich vor der Bulgarischen Nationalbank (BNB) statt. Dort war vor kurzem ein internes Schreiben verfaßt worden, daß vor den ernsten wirtschaftlichen Folgen eines Beitritts zum Euro warnt. Dieses Schreiben ist publik geworden und ist Auslöser der letzten Proteste.
Das Gebäude der Europäischen Kommission liegt nur einige 100 Meter entfernt von der BNB (ein 5 Minuten-Marsch). Das hat der Protestzug ausgenutzt und ist plötzlich von der genehmigten Route abgewichen und zum Gebäude der Europäischen Kommission gezogen. Dort wurden an der Fassade großflächig mitgebrachte Eier mit roter Farbe verteilt und ein Redner rief dazu auf, sich gewaltsam Zutritt zum Gebäude zu verschaffen. Der Versuch schlug fehl.
Video: https://www.pewasoft.com/.dgf/Sofia,%2022.02.2025.mp4
Die Geschehnisse werden von den Behörden hauptsächlich als Akt von Vandalismus eingestuft. Wie auf dem Video zu sehen ist, ist die Menschenmenge klein, die Erfolgsaussichten waren von Anfang an gering. Die Menschen hier sind auch allgemein nicht gewillt, schnell Gewalt anzuwenden. Protestiert wird dagegen oft und gerne.
Die Bemühungen, Bulgarien reif für den Euro-Beitritt zu machen, sind schon 15 Jahre alt, wurden aber Gott-sei-Dank immer wieder von mutigen oder weisen Bulgaren vereitelt. Den meisten hier ist nicht klar, was eine Euro-Einführung für das offiziell ärmste Land der EU bedeuten würde. Viele sehen nur Honig, Milch und gebratene Tauben, haben aber von Finanzwirtschaft keinen Schimmer.
Dazu muß man wissen, daß der Bulgarische Lev 1:1 an die alte DeutschMark gekoppelt ist: 1 Lev = 1 DM. Bei einer Euro-Einführung würde hier also dasselbe passieren, was 2002 in Deutschland passierte: alle Preise würden sich über Nacht ca. halbieren. Den Effekt auf den bei einem solchen Gefüge sofort eintretenden Kaufkraftverlust durften wir alle in Deutschland beobachten, als wir nach 6 Monaten im Bereich der täglichen Verbrauchsmittel und im gastronomischen Gewerbe eine Inflation von 50%-80% hatten. Schließlich sind die Zahlen jetzt viel kleiner und Preissteigerungen fallen überhaupt nicht mehr auf.
Wenn so etwas in Bulgarien mit seiner viel höheren Korruption als in D passiert, wird es den Menschen und der hiesigen Wirtschaft das Genick brechen. Diese Perspektive haben die Leute hier nicht auf dem Schirm und das ist es, wovor das interne Papier der BNB warnt. Doch allzu gut erinnern sich die Menschen hier an die 90er und wissen sehr gut, was es bedeutet, wenn ein Staat praktisch bankrott geht. Die darauffolgende Kopplung des Lev an die DeutschMark war das Ergebnis, so etwas sollte nie wieder passieren.
Wenn der Euro eingeführt wird, werden die Leute wieder ihr Geld verlieren, und darum geht es bei den Protesten. Egal, wie oft korrupte EU-Politiker das Gegenteil behaupten.
![[image]](https://www.pewasoft.com/.dgf/Sofia,%2022.02.2025.jpg)