Victron Energy Eigenstromversorgung – Next Level…!
Liebe Strominteressierte,
es gibt so Tage, da kommt eine PN aus dem Gelben Forum, da merkst du sofort, hier tickt einer so wie Du! In diesem Fall ging es um Strom, genauer gesagt 50.000 kWh Jahresverbrauch, die eine Schreinerei im schönen Schwabenland braucht, um geschäftsfähig zu bleiben.
Der Wunsch des Schreinermeisters war eindeutig nicht mehr abhängig zu sein von Stromlieferanten, Netzbetreibern oder politischen Spielereien von unfähigen, naja.., lassen wir das!
Die Sache war „schnell geklärt“! Riesen Dachflächen standen zur Verfügung, Platz für eine anständige Victron-Anlage samt Speicher gabs in gesicherten Räumen, jetzt mussten nur noch die technischen Details geklärt werden.
Eine 100%tige Inselanlage schied aus, da die Lastspitzen zu krass waren, wenn CNC-Maschine, Holzhäcksler oder anlaufstromstarke Boliden zum Einsatz kamen. Gottlob gab es einen Senior-Elektriker mit Zulassung bei der EnBW, sodass wir eine netzparallele Anlage bauen konnten.
Netzparallel heißt bei Victron, dass Lastspitzen in enormen Umfang aus dem öffentlichen Netz bei Bedarf gezogen werden können, die Dauerleistung jedoch von der Victron-Anlage selbst gestellt wird.
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Sprich, die Wechselrichter können öffentlichen Netzstrom durch sich Durchleiten und sowohl bei Sonnenmangel, leerer Batterie oder hohen Anlaufströmen, die Versorgung des Betriebs sicherstellen. Angewiesen ist die Anlage jedoch nicht auf das öffentliche Netz. Ein zertifizierte NA-Schutz innerhalb der Wechselrichter trennt im Falle eines Stromausfalls oder sonstigen Ungereimtheiten den Victron-Teil vom Netzbetreiber ab und arbeitet unterbrechungsfrei weiter.
Insgesamt achtet die ESS-Steuerung der Anlage peinlich darauf den Netzbetreiber so wenig wie möglich zu beanspruchen und nach allen Regeln der technischen Kunst, den eigenen PV-Strom, den Verbrauchern, der Batterie zur Beladung, oder als Letztes zur Überschusseinspeisung zu priorisieren.
Hier wurde bei der Planung nicht gekleckert sondern gleich geklotzt, denn das Ziel war durchaus eine ambitionierte Eigenstromversorgung zu erzielen. Den Tagesverbrauch von 150kWh mit Dauerlasten von 25kW galt es abzudecken. Eine Autarkie von Mitte März bis Oktober wurde angestrebt!
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Zum Einsatz kam der bewährte Multiplus 48/5000 den wir im Drehstromverbund und doppelter Kaskade startklar machten. Jede Phase kann aus eigener Kraft rund 8.000W liefern, bevor das öffentliche Netz unterstützend zur Hilfe eilt. Auch ohne Sonne können aus der 3-phasigen, doppelten Kaskade 24KW abgerufen werden, sofern der Batteriespeicher gefüllt ist.
Auf dem Firmeneigenen Flachdach kommen rund 50kWp zum Einsatz, die ihre Energie über separate MPPT Regler vom Victron-Kaliber 250/100 im verlustarmen DC/DC Modus in Richtung Batterie schicken oder auch sofort den Wechselrichtern zur Verfügung stellen. Die PV-Anlage wurde im 15 Grad Winkel mit typischer Ost/West Aufständerung gebaut. Einige vertikale Süd-Module ergänzen das Ensemble.
Zwei Batterietürme in Form von 16x US5000 von Pylontech flankieren die Wechselrichterbaugruppen mit sagenhaften 76 kWh Kapazität. Dies war auch notwendig um den Strom von bis zu 1000A aufzunehmen, der bei strahlendem Sonnenlicht über die 48V MPPT-Regler angeliefert wird. Hier kamen Batteriekabel zum Einsatz im Kaliber „Gartenschlauch“, welche eine verlustarme und sichere Übertragung gewährleisten. Zur Absicherung wurden ausschließlich NH-Trennen verbaut und nicht diese billigen „Mega-Fuse“, was ich jedem nur empfehlen kann, der über lange Zeit ein „sicheres Zuhause“ haben will.
Kurzum, es hat ein wenig gedauert, bis mit enormer Eigenleistung und rund 100.000,- € Investitionsvolumen ein kleines Kraftwerk geschaffen wurde, was einen mittelständigen Betrieb mit 5 Angestellten nahezu unabhängig macht vom öffentlichen Stromnetz. Dabei stellt sowohl die Wechselrichterleistung, als auch die Batterieversorgung eine Power zur Verfügung, die selbst den Ladestrom eines eAutos in den Abendstunden möglich macht. Kommen die Sonnenstrahlen am frühen Morgen eines Juni-Tages angerollt, stehen ruckzuck 8.000W PV-Erzeugung auf der Uhr. Spitzenwerte von 40.000W lassen einen dann die Augen verdrehen, wobei die kluge Ost/West Aufständerung den überflüssigen Mittagspeak abmildert, den altmodische Südanlagen erzeugen. Eine umfangreiche Visualisierung der Daten hilft dem Anlagenbetreiber bei der Stromparty.
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(...hier war die Anlage noch im Bau, mit teils geöffneten Abdeckungen der Gleichstromschiene)
Eine Victron-Anlage arbeitet unterbrechungsfrei, sofern die Verbraucher auf der Ausgangsseite der Multiplusse angeschlossen sind. Im Falle eines Stromausfalls bekommt der Betreiber erstmal gar nichts mit vom „Blackout“, sollte allerdings beim ersten „Aufschrei der Massen“ einen Blick auf den SoC-Stand des Batteriespeichers werfen und ggf. den beheizten Pool stilllegen. Schwarzstartfähigkeit ist bei Victron übrigens Ehrensache. Sobald die Sonne scheint und ein Mindestmaß an Batteriespannung vorhanden ist, geht wie von Zauberhand die ganze Anlage von alleine an.
Für den Notfall wurde hier auch noch eine Möglichkeit geschaffen, mittels eines Diesel-Generators die Batterie aufladen zu können. Dieses Detail versetzt die Gesamtanlage in den Zustand völliger Unabhängigkeit, solange genügend Brennstoff vorhanden ist. Allerdings ist derzeit nur ein 5KVA Generator am Start - die Multiplusse hätten „etwas Besseres“ verdient.
In Sachen Amortisation wurde das Projekt auf ca. 8 Jahre taxiert, wobei hier ein durchschnittlicher Strompreis von 40 Cent angenommen wurde. Die Möglichkeiten bei taktischem Einsatz der vorhandenen PV-Leistung, des Batteriespeichers und verschiedener Spielereien, die das Victron ESS-System bietet, sind nahezu grenzenlos.
Größere Umbauaktionen waren erforderlich im Bereich der alten Hauselektrik. Auch ein eigener Verteilerschrank mit Bypass-Schaltmöglichkeiten, privaten Zählern, Victron-spezifischer Absicherung und Positionierung der Cerbo-Steuerung ist immer erforderlich. Das ist kein Kinderkram den man mal eben so nebenbei macht! Hier sind Elektro-Meister gefragt, die allerdings oft dankbar sind, wenn sie von Victron-affinen Spezialisten die nötigen Infos bekommen, damit es voran geht
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Man darf gespannt sein, wenn nach einem Jahr die erste Auswertung vorliegt. Die wenigen Tage, welche die Anlage bereits läuft, erzeugen jedenfalls ein Dauergrinsen. Aufgrund der derzeit gesunkenen Preise für Batteriemodule und neuer, leistungsstarker Wechselrichter, ist man sich jetzt schon einig, dass die Anlage weiter ausgebaut wird, dann allerdings mit Inselstatus um dem Formalitäten-Stress zu entgehen.
Ich werde weiterhin berichten!
Viele Grüße von Zorro
PS: Herzliche Grüße auch an den hochgeschätzten Thomas Hoof, er weiß wovon ich hier schreibe
Danke auch an elmar
PPS: Wer Fragen hat zur Planung oder Realisation einer solchen Anlage, kann mir gerne eine PN schicken!
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