Leserzuschrift von DT: Kleiner Reisebericht aus Saigon ... mT

igelei, Lammd des Stasi2.0-Rollcommanders, Montag, 12.12.2022, 07:37 (vor 536 Tagen)5282 Views

Kleiner Reisebericht aus Saigon

Jetzt hat mich eine Reise in den Südostasiatischen Raum nach Saigon in Vietnam verschlagen. Eigentlich müßte ich sagen "Ho-Chi-Minh-Stadt", denn so heißt Saigon offiziell, auch wenn der Flughafen noch die alte Kennung SGN hat.
Ho Chi Minh ist aber omnipräsent, und auch die Zeichen des Kommunismus sind vielerorts sichtbar. Abgesehen von vielerlei Bildern von Ho Chi Minh, zB im alten Postamt aus der Franzosenzeit, was top hergerichtet ist und wie ein Bahnhofsterminal aus der Kolonialzeit aussieht, gibt es auch in der Öffentlichen durchaus Plakate, wo die Zeichen des Kommunismus zu sehen sind. Sogar den Lenin sieht man noch! Soundsoviele Jahre Ho Chi Minh, soviele Jahre Lenin und 1917 (105), soviele Jahre eines anderen Präsidenten, soviele Jahre Krieg gegen die Amis. Und dazu die Bilder des sozialistischen Realismus. Eine gewisse Ästhetik kann ich dem schon abgewinnen, wenn 2 Männer und 2 Frauen stilisiert an einer Flak stehen und den bösen Feind bekämpfen. Wer das ist, wurde mir später noch klar, aber dazu noch weiter unten.

Saigon ist die verrückteste Mischung aus Kolonialzeit, Nachkolonialismus und Moderne, die ich bisher gesehen habe. Während in Singapore alles hypermodern ist und die Kolonialzeit praktisch nur noch wie ein Freilichtmuseum aufrecht erhalten wird, reihen sich in Saigon die ultramodernen Hochhäuser zwischen etwas heruntergekommenen Bauten der 50er und 60er Jahre ein, und dazwischen, vor allem im alten Zentrum, gibt's noch sehr schön erhaltene und top renovierte Bauten der Franzosen.
Dazu zählen unter anderem die Kirche Notre Dame, die gerade renoviert ist und wohl rein aus Baumaterialien aus Frankreich besteht, so ein roter Backstein, dann das wunderschöne Rathaus, und jede Menge Regierungspaläste aus der Franzosenzeit, die jedoch für aktuelle Gebäude genutzt werden, wie zB der Palace de Justice.

Ein Höhepunkt meines Besuchs war der "Palace of Independence", das berühmte Gebäude, das als letztes 1975 vom Vietcong gestürmt wurde und wo der russisch gebaute Panzer, der damals als erstes reingefahren ist, davor steht.
Unvergessen das dicke Betondach oben drauf, auf dem der UH-1 gelandet ist und wo die letzten Vietnamesen versucht haben, 1975 noch rauszukommen. Afghanistan 2020 war ein Déjà vu genau dieser Szene.
Rechts und links davon stehen so eine Art Wachhaus, ebenfalls mit ca 1m dickem Betondach. Gegenüber dieses Unabhängigkeitspalastes zieht sich die große Prachtstraße mit schönen Bäumen durch Saigon. Folgt man ihr, kommt man nach wenigen 100 m am Saigon River raus. Ein recht breiter, aber auch ganz schön brauner Fluß und am Ufer doch eine Menge Dreck. Er sieht eher flach aus und drauf schwimmen solche Pflanzenteile. Ab und zu fährt auch ein großes Containerschiff darüber.
Am Ufer werden Unmengen von Hochhäusern gebaut. Bankentürme von weit über 250 m Höhe, dagegen ist der Messetower in Frankfurt winzig, und nicht weit weg ist der "Landmark 81 Tower" mit 461 m Höhe das höchste Gebäude in Vietnam und das 14. Höchste Gebäude der Welt.
Aber auch jede Menge Apartment Complexes, noch und nöcher. Man sieht die Aufschriften der Konzerne "Lotte" (Südkorea), aber auch HBSC, das heißt, auch die Briten sind schon vertreten. Aber interessanterweise steht auch eine Bauruine direkt am Flußrand, ich hab 32 Stockwerke gezählt mit mehreren großen Zwischenabschnitten. Fast fertig, aber die Glaseinhausung fehlt.
Überhaupt scheint sich der Kommunismus in Vietnam gut mit dem richtig freien Kapitalismus arrangiert zu haben. Denn im Viertel zwischen Notre Dame und dem Saigon River findet man zum Einen mehrere edle Shoppingmalls, in denen es von Hermes, Dior, Patek Philippe etc. nur so wimmelt, zum Anderen habe ich auch vo einigen den Hotels dort tatsächlich Maybachs mit der neuesten Technologie gesehen. Und nebenan gibt es tatsächlich einen Rolls Royce Store!
Die Polizei, die vor dem Justizpalast stand, fährt Ford. Feindesautos. Die Busse sind allerdings chinesischer oder vietnamesischer Herkunft, so genau konnte ich das nicht identifizieren.
Junge Ehepaare habe ich jede Menge gesehen, Bräute die jeden Modelcontest in Deutschland gewinnen würden. Sie lassen sich entweder vor den feinen Hotels fotografieren, von meist mehreren Fotografen gleichzeitig, vor edlen Stores wie Patek Philippe oder Hermes, oder, bodenständiger, in den alten Kolonialpalästen, die jetzt zT Museen sind. In einem der Paläste war ich, dort stehen draußen ein UH-1 Hubschrauber, eine F-5 der Amis und mehrere Panzer sowie ein uralter schwarzer Citroen der Franzosen davor. Drinnen kann man die Errungenschaften der Revolution bewundern. Und es lassen sich jede Menge Brautpaare fotografieren. Oder auch vor dem Unabhängigkeitspalast an dem schönen schmiedeeisernen Tor. Leider war der Palast an dem Tag für die Öffentlichkeit geschlossen.
Was mir ebenfalls aufgefallen ist: die Schulen sind alle tip-top in Ordnung, und ich meine wirklich tip-top. Frisch angestrichen, sauber, etc. Reingucken konnte ich nicht. Auch Kitas habe ich gesehen, und die waren ebenfalls super sauber, ordentlich und modern. Der Kommunismus sorgt jedenfalls gut für seine Kinder.
Die Stadt ist recht sauber, nur an einer Stelle in der Nähe von Notre Dame an einem Park sind mir Graffiti aufgefallen von der Art wie in Deutschland in UBahn-Unterführungen.
Ich habe mir in der Nähe des Unabhängigkeitspalastes auch das "War remnants Museum" angeschaut. Obwohl ich hart gesotten bin und weiß, was die Amibesatzer auch in D alles angerichtet haben und ich mit den Kriegsverbrechen in Vietnam gut vertraut war, hats mir doch zT die Tränen in die Augen gedrückt, als ich die "Remnants of Agent Orange" mit ihren Bildern gesehen habe. Das sind so unfaßbare Kriegsverbrechen, dafür müssen die verantwortlichen Amis Tausend Jahre in der Hölle schmoren, und der elende und mitverantwortliche H.K. lebt ja immer noch mit 99.5 Jahren.
In diesem Museum, das 40 000 VND kostet (ca 1,75 EUR, während dieser andere Palast mit dem Citroen 30 000 VND gekostet hat, also etwas mehr als 1 EUR), stehen ebenfalls jede Menge Amipanzer und -flugzeuge rum. Auch ansonsten ist Vietnam wirklich günstig, eine Fahrt mit einem ganz normalen sauberen Taxi vom Flughafen in die Stadt kostet ca 110000-120000 VND, also zwischen 4 und 5 EUR für ca 8 km.
Der Verkehr ist atemberaubend - es dominieren die Mopedfahrer sowie Motorroller, so wie ich das aus Taiwan kenne. An jeder Kreuzung ergießt sich ein Schwall dieser Zweiräder auf die Kreuzung, denn sie fahren einfach zwischen den Autos durch. Die Taxis hupen und drücken die Rollerfahrer auch zur Seite. Oft sitzen 2, manchmal auch Personen drauf (Kinder), auch mal ist ein Koffer zwischen die Beine geklemmt. Der Sprit an der Tankstelle kostet um die 20-23000 VND pro Liter, also ca 75 ct. Witzig waren gegen Abend die Schlangen von Mopedfahrern an jeder Zapfsäule, fein aufgereiht in 4-6 Schlangen pro Tankstelle.
Die Autos sind größtenteils japanisch oder koreanisch, aber auch durchaus deutsche Autos sind dabei, hauptsächlich Mercedes und BMW. VW hab ich keinen gesehen. Interessanterweise auch wenig französische Autos.
Über manche Straßen kommt man kaum drüber, so zB die große Straße am Saigon River, da muß man handeln wie in den 80ern in Frankreich auf der Champs Elyssee, einfach loslaufen, so passen schon auf. Aber es gibt 12000 Tote pro Jahr auf Vietnams Straßen, da ist man schon vorsichtiger.
Geht man an einer grünen Fußgängerampel über die Straße, kann es sein, daß die Motorradfahrer trotzdem an einem vorbeifahren, als gälte die Ampel nicht für sie. Und kraß: sie weichen vor der Ampel auch auf den Fußgängerweg aus und mähen dort die Fußgänger fast nieder oder hupen sie zur Seite, weil sie dann leichter und direkter abbiegen können.
Das Gehupe und der Lärm sind schon massiv, das habe ich in der Form das letzte Mal Ende der 90er in Indien erlebt. Praktisch alle Mopedfahrer haben jedoch einen Helm auf, und ziemlich viele auch eine Maske, oft eine FFP3 Maske.
Smog ist eigentlich nicht in Saigon, eher Dunst. Es war so 32°C und schwül, weil ein Gewitter in der Luft lag, das sich jedoch nicht entladen hat. Trotzdem laufen immer noch sehr viele Vietnamesen draußen mit Maske rum, drinnen noch häufiger. Maskenpflicht gibt es keine mehr, aber auch im Flieger haben fast alle eine aufgezogen.
Die Menschen sind extrem freundlich und hilfsbereit, können aber oft kein Englisch sprechen. Mein Handy hatte mitten bei meiner Stadtrundwanderung den Saft verloren, und Nachfragen bei anderen gab mir gleich den Weg.
Sehr interessant auch der Markt bzw. die Marktstraße oder der Marktdistrikt, der sich etwas östlich der Kathedrale anschließt, nicht weit vom Unabhängigkeitspalast entfernt. Dort sah man noch "das alte" Saigon, dort schoben kleine Bäuerinnen mit Kegelhut die Karren mit Gemüse, dort aßen die Menschen noch in Massen draußen Suppe von einem Topf, in dem das Gemüse aufgebrüht wurde, dort gab es jeden kleinen Schnickschnack, Tshirts für 2 EUR, Nike-Schuhe für 20 EUR, Rattan- bzw. Basttaschen und -Behälter, usw. Fast alle sind liebe Händler und gehen leicht bei einfachem Nachfragen mit dem Preis nach unten, nicht so hartnäckig wie Chinesen oder Araber.
Die 10 oder so Sehenswürdigkeiten um die Altstadt Saigons herum sind bequem in einem Tag zu Fuß erkundbar, zu den oben genannten kamen noch das Theater/die Oper und ein paar modernere Gebäude dazu. Internetabdeckung ist hervorragend, fast überall bekommt man freies WLAN, im Flughafen könnte sie noch etwas dichter sein.
Die kurze Zeit in Saigon hat mich sehr neugierig gemacht und Lust auf mehr. Auf jeden Fall möchte ich noch gerne Hanoi anschauen und einige der Orte, die ich vom Vietnamkrieg vom Namen her kenne. Angeblich kann man auch eine geführte Tour in die Tunnels machen, und ich würde schon einmal mit eigenen Augen Dien Bien Phu, den Hamburger Hill oder das Na Drang Valley anschauen.
Eine einzige Pagode hatte ich gesehen, auf dem Weg zwischen Flughafen und Altstadt, die sah aber auch picobello aus.
Laut einigen Berichten sollen Laos und Kambodscha ebenfalls wunderschön sein, aber dahin hats mich bisher noch nicht verschlagen. Mein Fazit: Vietnam ist trotz Kommunismus ein Land mit einer unfaßbaren Dynamik, und die Lichter dort haben am reichlich vorhandenen Weihnachtsschmuck vorweihnachtlich geglänzt wie eh und je bei uns in Deutschland vor den Grünen Khmer, Energie spielt dort anscheinend noch keine Rolle. Die Dynamik wird dort jedenfalls klar aufstrebend und nach vorne sein, trotz der regierenden Kommunisten, während bei uns die Grünen Khmer und Stalinisten (die Faeserin) die Schrauben anziehen und das Land zurückdrehen.
DT


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