Re: Das Recht folgt der Macht und nicht umgekehrt

Ostfriese, Montag, 27.06.2022, 09:43 (vor 663 Tagen) @ Dieter1866 Views

Hallo Dieter

Die neolithische Revolution als Übergang von Gemeinschaften der Jäger und Sammler zu sesshaftem Ackerbau und Viehzucht betreibenden Bauern-Gesellschaften jenseits der berüchtigten ‘Dunbar Zahl’ als theoretische ‘kognitive Grenze’ der Anzahl an Menschen, mit der eine Einzelperson soziale Beziehungen unterhalten kann, markiert die entscheidende Wende in der Menschheitsgeschichte.

Es ist der Übergang von egalitären Stammesgemeinschaften hin zu abgrenzenden, hierarchischen, auf Abgabenzwang beruhenden, überwiegend patriarchalischen Zivilisationsgesellschaften. Seit der Zerschlagung des gemeinschaftlichen Miteinanders auf der Grundlage des Gewohnheitsrechtes trägt der Mensch kein ‘eigenbestimmtes Potenzial’ mehr in sich, da sein Potenzial systematisch von einer zentralinstanziellen Ordnung geraubt und neu geordnet wird. Uwe Wesel zeigt in ‘Zur Entstehung von Recht in frühen Gesellschaften’

https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/1979/19793Wesel_S_233.pdf ,

dass alle Rechte in dieser Ordnung auf Machtzessionen der Zentralmacht (z.B. Eigentumsrechte) – als Struktur einer Ordnung von Potenzialen und Möglichkeiten – beruhen. Die abgabenpflichtigen Untertanen befinden sich gegenüber der Zentralmacht letztendlich in einer Ohnmachtsposition der absoluten Unterlegenheit. U. Wesels juristische Ausführungen und C. Sigrists anthropologische Betrachtungen stimmen vollumfänglich mit dottores Erkenntnisse zur debitistischen Machttheorie überein:

Macht → Abgaben → Geld → Wirtschaften mit Geld und Preis und Zins.

Die entstehende neue Ordnung ist nicht das Ergebnis der sozialen Übereinkunft und des zwischenmenschlichen Konsenses der Untertanen, sondern wird durch Waffengewalt zentralinstanzlich durch die Worte charismatischer Führer mit ihrer Entourage erzwungen. Gesellschaftsvertrag, volonté géneral, Verfassungen, usw. sind nur schöne Erzählungen. Es gibt kein bekanntes frühes Recht (Hammurabi, Moses, XII Tafeln, Codex Justiniani, lex salica usw.), das nicht von oben erlassen worden wäre.

PCMs Erkenntnis, dass es “nur einen Staatszweck: Staatsmachterhalt – und fertig” gibt und dass “das System nicht mit den Elementen des Systems” selbst verändern werden kann, erinnert an Kurt Gödels ‘zweiten Unvollständigkeitssatz’. Er besagt, dass hinreichend starke widerspruchsfreie Systeme ihre eigene Widerspruchsfreiheit selbst nicht beweisen können.

Überlebenszeit und -fähigkeit der Ordnung können nur aus ‘auf Gewalt’ basierenden Verschuldungs- und Besicherungsfähigkeiten ableitet werden. Die den Bürgern mittels Machtzessionen eingeräumten Rechte (Rechtsstaat, Demokratie, ‘Wohlstand für alle’, usw.) sind Simulationen – sie dissimulieren nur die wahren Hintergründe des aus Gewalt hervorgegangenen und auf Gewalt beruhenden Systems. Sie haben aus debitistischen Gründen keinen dauerhaften Bestand.

Dieser den Untertanen auferlegte Zwang zur Abgabeneinheit zwecks notwendiger Besicherung der debitistisch nicht tilgbaren Erstverschuldung, die sich aus der Notwendigkeit der Vorfinanzierung der staatlichen Instanzen zwecks Staatsgründung ergibt, diskutiert die Eigentumsökonomik nicht in aller Deutlichkeit.

Sie sieht nicht, dass nicht ein bereits vorhandenes Eigentum die Grundlage des Wirtschaftens bildet, sondern die Institutsgarantie des Privateigentums nur unter einer Zwingherrschaft möglich ist, die eben immer auf gewaltsamen Unterdrückungen beruht, und eben nicht das Ergebnis sozialer Übereinkünfte ist. Sie brauchen für ihre Eigentumsökonomik keine weiteren Voraussetzungen wie Zentralmacht, Unterwerfung und Abgabenschuld, durch die erst alle Abgabepflichtigen zur Überschussproduktion gezwungen werden.

Paul C. Martin: “Der Kapitalismus ist die Konsequenz eines per Waffengewalt etablierten Abgabensystems mit nachfolgenden Machterhaltungs-Zessionen (sog. ‘Privilegia’ oder ‘fryheiten’) und ist ohne Waffengewalt (= Besicherung des ‘Kapitals’, sowie der Erfüllung von ‘Kontrakten’, letztere im Sinne des bekannten ‘Kettenbriefs’) nicht definierbar.”

Kurz und bündig: "Ohne die Macht des Staates ist der Kapitalismus nicht definierbar!"

Paul C. Martin am 03.12.2003 noch am Beginn der Recherchearbeit zur Machttheorie in

https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=238987

“7. Dieser Zwang zur Zession schlägt sich in allerlei Varianten nieder. Die Zession läuft unter dem bekannten Stichwort 'Privilegia' (siehe dazu das bekannte Mosaik in Ravenna mit der 'Privilegia'-Rolle). Entscheidend bleibt, dass jedes dieser Privilegien beurkundet sein muss, so dass es nicht durch faktisches Handeln der Macht wieder einkassiert werden kann. Was natürlich auch vorgekommen ist, siehe die Entwicklung in Russland: Erst Katharina die Große (der deutsche background!) hat dort privates Eigentum (beurkundet und obendrein als Titel, der sich aus der Urkunde ergibt, dann wieder nutzbar) eingeführt. Die Bolschewiken haben es wieder gestrichen (Rückfall des privaten Eigentums an die Macht, die es überhaupt erst ermöglicht hatte – die Vor-Katharina-Phase eben). Ergebnis: Erneut Verelendung, wie im real existierenden Sozialismus bestens zu betrachten.”

Gruß - Ostfriese


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