Kommt weitestgehend hin, was Du da schreibst

helmut-1, Siebenbürgen, Montag, 26.07.2021, 22:07 (vor 1018 Tagen) @ Manuel H.643 Views

Mit der Einschränkung, dass ich die Verhältnisse in Deutschland nur aus zweiter Hand kenne. Du schreibst von einem Touristenvisum. Das war einmal, das gilt allenfalls für die Nicht-EU-Staaten. Leute aus Polen, aus Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, etc. - brauchen das alles nicht.

"Nach drei Monaten der fliegende Wechsel"
Selten der Fall. Üblich ist der monatliche Wechsel, und das hat sich bei den Familien als machbar erwiesen. Manche machen auch 6 Wochen oder 2 Monate, aber eher seltener. Jeder Pflegerin hat ja zuhause auch Familie und muss gewisse Erfordernisse berücksichtigen, mit 1 Monats-Rhythmus ist das zu stemmen.

Dazu kommt, dass diejenigen, die ihren Job ernst nehmen, mit Haushaltsführung, was natürlich auch die Reinigung des Hauses etc. betrifft, oftmals auch Hilfe beim Aufstehen, also mit schwererem Heben verbunden, letztendlich froh sind, wenn sie nach einem Monat wieder ihr Kreuz entlasten können.

"Das Gros kommt lediglich nicht mehr alleine klar", absolut richtig. Zu ergänzen, - die Angehörigen fühlen sich sicherer, wenn ständig jemand bei den älteren Leuten anwesend ist.

"Das ist leider alles komplett illegal, aber praktisch."

Wie ich schon sagte, ich kenne die genaue Rechtslage in Deutschland nicht, - ich weiß nicht, ob das mit der "Ich-AG" geregelt werden könnte. In Österreich hat man aus der Not eine Tugend gemacht. Die Pflegerinnen sind alle selbständig als Alleinunternehmerinnen, bezahlen ihre Sozialabgaben und sind auch versichert. Alles ganz legal. Aber realistisch gesehen, die Abgabenpflicht und Entlohnung als Arbeitnehmer einschl. des Arbeitsschutzgesetzes (Maximale Arbeitszeit täglich) umgangen, weil man als Selbständiger machen kann, was man will.

"Deswegen wird es wohl geduldet."

Nein, es wird geduldet, weil die Verantwortlichen alle wissen, dass das die einzige Möglichkeit ist, die finanziell zu stemmen ist, wenn ein älter werdender Mensch, der auf Hilfe angewiesen ist, zuhause in seinem Bett sterben möchte. Die Regierung einschl. deren Gesetze haben nun mal keine andere machbare Alternative zugelassen, ohne dass sich das gesamte Vermögen der Betroffenen sowie der Angehörigen in Luft auflöst.

"Und klappt auch nur deswegen, weil es noch Länder mit erheblichem Kaufkraftgefälle gibt."

Hier hast Du absolut recht. Ich spreche nun von Rumänien. Man hat nach dem Umsturz die Berufsschulen und Fachausbildungen im Handwerk und der Landwirtschaft beendet. Ich weiß nicht, ob das in den anderen Warschauer-Paktstaaten auch so war. Der "Erfolg"? Es gibt so gut wie keine versierten Handwerker mehr, und gerade die Frauen, - was sollen die machen? Als Verkäuferin arbeiten (es gibt keine Ausbildung dafür), oder putzen gehen, vielleicht noch als Sekretärin arbeiten (auch dafür gibt es keine Ausbildung).

Sie werden total unterbezahlt, und das ist auch richtig so,- weil sie einfach nicht mehr Geld "verdienen". Sie können nichts. Kellnerinnen werden ohne Ausbildung eingestellt, - sie wissen nicht einmal, wie man eine Flasche entkorkt.

Derjenige, der sich die "Alleskönner" für den Bau oder die Renovierung seines Eigenheimes in Deutschland aus Rumänien organisiert hat, wird ein Lied davon singen können. Der billige Lohn steht in keinem Verhältnis zu dem Murks, was die fabriziert haben und wieviel sie an Material kaputt gemacht haben. Das spezifisch rumänische Problem kann man so benennen: "Die armen Teufel wissen ja gar nicht, was sie alles nicht wissen."

Nun gibts die Möglichkeit, in einem Intensivkurs über 6 Wochen im 8-Std. Programm die Erfordernisse zu lernen, die in den westlichen Ländern im Bereich der Altenpflege, sprich der häuslichen Pflege, gefordert werden. Das ist noch bezahlbar, und die Leute nehmen das auf sich, als eine der wenigen gangbaren Alternativen. Diese Kurse entsprechen internationalen Normen und werden auch als solche anerkannt. In Österreich sind sie Bedingung für die Arbeitsaufnahme in der häuslichen Pflege.

Jetzt bekommt die Kellnerin oder die Angestellte im Supermarkt in RO so ca. 300 € (nach Abzügen, also netto) auf die Hand im Monat. Klar, dass die das dann auf sich nimmt, wenn sie im Monat z.B. 1.500 € kriegen kann. Weil sie einfach nichts gelernt hat, resp. nichts lernen konnte.

Es gibt noch einige wenige geschulte Handwerker in Rumänien, die sind gesucht wie noch was, und werden auch - im Landesvergleich - überdurchschnittlich bezahlt. Warum? Weil es so gut wie keine Handwerker mehr gibt. Ein guter Handwerker, der nur schwarz arbeitet und nirgends angemeldet ist, der macht locker zwischen 4.000 und 5.000 € pro Monat bar auf die Kralle. Die werden auch von den Fahndern beim Finanzamt ignoriert, weil letztere auch von diesen zuhause "bedient" werden.

Also: Nicht das "Kaufkraftgefälle" ist daran schuld, sondern das, was die bescheuerte Politik aus diesem Land gemacht hat. Der Staat will nur mehr "Studierte", aber keine gediegenen Handwerker mehr. Diejenigen, die nicht studieren können (wollen), sollen ihr Lebtag Handlanger bleiben, so das Konzept. Und diejenigen, die studiert sind und in Rumänien keine Arbeit finden (das sind mindestens die Hälfte, wenn nicht mehr), die gehen dann zu den Bauern nach Deutschland Gurken ernten, damit sie was zum Leben haben.


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