Der Grund ist ein ganz anderer: es fehlen der Demokratie die Demokraten

Weiner, Freitag, 23.10.2020, 09:40 (vor 1274 Tagen) @ stocksorcerer1381 Views

Hallo Stocksorcerer,

den Begriff 'Demokratie' möchte ich (für mich) eigentlich aufgeben, weil man sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Bereich so wenig wie möglich mit Herrschaft (Unterdrückung, Erpressung, Gewaltanwendung etc.) operieren sollte. Überzeugung, gutes Vorbild, Konsens etc. wären bessere Verfahrensweisen.

Weil im Begriff Demokratie also die Herrschaft (-kratie) drinsteckt, vermeide ich das Wort und spreche eher von einer Selbstverwaltung öffentlicher Angelegenheiten: der gemeinschaftlichen Regelgung jener Angelegenheiten, die alle Glieder der Gemeinschaft (aktuell und in Zukunft) betreffen. Die Gemeinschaft kann ein Verein sein, ein Unternehmen, eine Kommune, ein Landkreis, ein Bundesland, ein Bundesstaat oder ein Zentralstaat.

In sehr vielen Staaten (vermutlich einer Mehrheit) gibt es verfassungsrechtlich angelegt ein Instrument der poilitischen Beteiligung, das die repräsentativen Demokratie ergänzen kann: die Volksabstimmung in Form einer Abstimmung über einen Sachverhalt. Allerdings ist diese Instrument wenig bekannt und wird kaum genutzt. Denn wenn man in diesem Bereich tätig sein will, muss man sich erstens mit politischen Sachfragen 'in der Tiefe' befassen und muss zweitens nach Gleichgesinnten suchen - etwa für ein Quorum oder am Ende für die Volksabstimmung. Diese Mühe aber will die Mehrheit der Bürger nicht auf sich nehmen.

Stattdessen macht man es sich sehr bequem und gibt seine Stimme bei der Wahl einem Vertreter, von dem man zu diesem Zeitpunkt ganz genau weiß, dass er einen betrügen wird. Parteien, die die Volksvertreter dem Volk präsentieren, sind gewissenmaßen Dienstleister. Wie der Rechtsanwalt in einer Streit- oder Gerichtssache oder wie die Putzfrau für die Wohnung. Tatsächlich geben heute die Menschen bei der Wahl ihre Stimme einer Putzfrau, die die Wohnung erst richtig schmutzig macht bzw. einem Rechtsanwalt, der sie mit Sicherheit ins Gefängnis bringen wird.

Direkte Demokratie ist ein anspruchsvolles Instrument, da braucht man Zeit dafür. Aber wenn man sich diese Zeit nicht nimmt, dann wird einem die Zeit genommen, indem man das halbe Jahr oder mehr für Dinge arbeitet (d.h. Steuer bezahlt), die man eigentlich gar nicht will. Es ist eine ganz einfach Rechnung - und sie zeigt, wie blöde die Schafe sind.

Wir treten jetzt in den Endkampf ein, es sind nur noch ganz wenige Jahre, in denen es Handlungsspielräume geben wird. Denn auch das Instrument der Direkten Demokratie wird man am Ende beschränken. Aktuell muss man es (noch) nicht machen, weil niemand es kennt und niemand Interesse an seiner Nutzung hat. Aber die wahren Mächtigen kennen ihre Schäfchen sehr genau und handeln vorbauend. Sie riechen sofort, wo und wann ihnen Gefahr droht und schreiten unmittelbar dazwischen. Die Schafhirten sind den Schafen immer 10 Schritte voraus.

Zum Nachweis dessen (und wie ernst die Situation ist) hier ganz unten ein LINK und ein paar Zitate. Die GRÜNEN haben sich jahrzehntelang für Direkte Demokratie (Sachabstimmungen) stark gemacht, wenigstens verbal. Sie haben sogar schon einmal einen Gesetzentwurf eingebracht für ein Bundesabstimmungsgesetz (natürlich zu einem Zeitpunkt, als die Mehrheit im Parlament den Entwurf ablehnen würde ...). Nun aber wollen die GRÜNEN die Forderung nach "Direkter Demokratie" aus ihrem Grundsatzprogramm streichen. Hier sieht man, dass die GRÜNEN einen Systempartei sind, und dass von oben die Empfehlung gekommen ist, die Zügel anzuziehen - prophylaktisch. Damit schon im Voraus alle Hindernisse auf dem Weg in totalitären Staat ausgeräumt sind. Wie gesagt: die Anderen denken immer 10 Schritte voraus.

Die Schafe aber schlafen ....

https://www.change.org/p/cem-%C3%B6zdemir-b%C3%BCndnis-90-die-gr%C3%BCnen-h%C3%A4nde-we...

Man könnte in dieser Sache vom Verrat eigener Idele sprechen. Oder von Männern, die sich selbst kastrieren, und von Frauen, die sich die Brüste abschneiden.

Mit drastischen Grüßen, Weiner

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historischer Kontext:

So stand es bisher in den Grundsatzprogrammen der GRÜNEN:

1980 zur Gründung der Partei
Demokratisierung von Staat und Verwaltung

„Die Überbürokratisierung einer hierarchischen Verwaltung mit all ihren Nebenwirkungen unterbindet die Eigeninitiative der Bürger. Die Undurchschaubarkeit, hinter der sich wirtschaftliche und politische Einzelinteressen verbergen, wird zu einer Gefahr für die Demokratie. Die GRÜNEN fordern deshalb: (...) Volksbegehren und Volksentscheid zur Stärkung der direkten Demokratie.“

Quelle: Grundsatzprogramm 1980 (Seite 29)

1993 bei der Fusion von Bündnis 90 mit den GRÜNEN

Demokratie: „Demokratie soll die gleichberechtigte Teilnahme aller an der Gestaltung des Gemeinwesens gewährleisten (…) Wir befürworten den politischen Gestaltungsauftrag der Parteien. Aber wir wollen das verfassungswidrig angeeignete Monopol der Parteien auf politische Willensbildung zugunsten des Rechtes der Bürgerinnen und Bürger, politische Sachentscheidungen auch selbst zu treffen, überwinden. Wir treten daher für eine breite Entfaltung aller Formen der Selbstbestimmung und der direkten Demokratie ein.“

Quelle: Grundsatzprogramm 1993 (Seite 29)

2002 während der Regierungsbeteiligung im Bund. „Die Zukunft ist grün.“
VIII. Beteiligungsrechte stärken

„Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Nicht-Regierungsorganisationen, von Vereinen und Verbänden ist unverzichtbar für eine zukunftsfähige Gestaltung der Gesellschaft. Es sind neue Beteiligungsformen zu ermöglichen und zu etablieren, die geeignet sind, den gesellschaftlichen Dialog zu befördern. Ergänzend zur parlamentarischen Demokratie wollen wir die direkte Demokratie, von der kommunalen bis zur Bundesebene, ausbauen. Die direktdemokratischen Instrumente sollen so bürgerfreundlich gestaltet sein, dass es zu einer lebendigen demokratischen Praxis kommt. Sie sollen laufend überprüft und verbessert werden.“

Quelle: Grundsatzprogramm 2002 (Seite 129)

2020 Grundsatzprogrammentwurf des Bundesvorstands

Direkte Demokratie - gestrichen (LINK zum aktuellen Grundsatzprogrammentwurf)

https://247880.seu2.cleverreach.com/c/51994556/a75dddb276f3-1fotrne


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