"Babylon Berlin" - Indoktrination vom Feinsten

Talleyrand ⌂, Freitag, 16.10.2020, 14:29 (vor 1281 Tagen)5667 Views

Ich habe mir die Tage seit dem letzten Wochenende erstmals Folgen dieser neuen deutschen Serie "Babylon Berlin" angeschaut, die mit einer Reihe von Superlativen aufwarten kann. Sie ist die teuerste nicht-englischsprachige Fernsehserie (40 Mio) und bereits an 90 Länder verkauft, auch die jetzt im Ersten laufende dritte Staffel bereits wieder an "mehr als 35 Länder"(also 36?) verkauft.

Die Serie ist also unglaublich erfolgreich, zumal für eine deutsche Produktion. Mit dem Regisseur Tom Tykwer hat sie auch einen international bekannten Regisseur.
Habe mich selbst davon überzeugt. Das Ganze ist höchst professionell gemacht und kann mit den besten amerikanischen Serien (Sopranos usw) mithalten:
exquisite Ausstattung, großartige Schauspieler, eine hervorragende Kameraführung, ein verwickeltes interessantes Drehbuch.

Man hat den Eindruck, die ganze Berliner Schauspielerszene marschiert hier auf. Diejenigen, die nicht dabei sind, wären sicher gern dabei gewesen. Die Serie ist natürlich auch eine Huldigung für Berlin und seinen - damaligen - Weltstadtglanz.
Soweit, so indifferent für mich.

Hier folgt nur eine kleine Liste an Dingen, die mir aufgefallen sind, ohne anspruch auf Vollständigkeit:

- Glorifizierung der Mai-Demonstrationen der KPD

- Der Rechtsanwalt der "Roten Hilfe", der mit seiner Brille ein bißchen an Gregor Gysi erinnert, wobei die Nickelbrille damals typisch für Leute aus dem
"linksintellektuellen Lager" wie Kurt Weill (Komponist der Drei-Groschen-Oper) war, Gysis Brille also von diesen Leuten, von Weill bis Hermann Hesse und John Lennon stammt.

- die Tochter des Generalstabschefs tritt als überzeugte Kommunistin auf, die mutig und redegewandt dem - rechten - Polizeiobersten widerspricht.

- Die Hauptdarstellerin stammt - anders als im Roman - aus ärmsten Verhältnissen und arbeitet neben ihrer Tätigkeit als angehende Kriminalassistentin auch als Prostituierte.
Sie wird - natürlich von beinahe allen Kollegen diskriminiert, auch auf der Straße von Männern angemacht (obwohl sie nicht sonderlich attraktiv ist).
Natürlich ist sie Feministin, und nebenbei geht sie eine Beinahe-Beziehung mit einer lesbischen Bekannten ein, die sie anhimmelt.

- Die Herren der Unterwelt sind Gentlemen, im Vergleich zu den hohen Beamten des Innenministeriums und den Offizieren der Reichswehr.

- Es wird massiv für Abtreibung geworben und darauf hingewiesen, daß damals schon linke Gruppen dafür plakatiert haben.

- der "gute" Kommissar sowie auch die liebenswerte Hauptdarstellerin und ihre Freundin nehmen Drogen.

- absurder Höhepunkt des bisherigen Spektakels ist die Bordellszene (in der sich die Hauptdarstellerin prostituiert). Ein General der Reichswehr, der das Ganze bezahlt, sitzt in verdeckter Loge und delektiert sich an einer Gruppensexszene, in der 6 oder 7 junge Männer, die im Stechschritt als preußische Soldaten mit Pickelhaube verkleidet hereinmarschieren, schließlich nacheinander die Hauptfigur/Prostituierte penetrieren/vergewaltigen.


Als moralisch gut oder verzeihlich ist in der Serie dargestellt:
- Abtreibung
- Drogenkonsum
-lesbische Liebe
- die Arbeit der KPD
- Kriminelle Gruppen: sie haben ihren eigenen Ehrenkodex und liefern nur, wofür Nachfrage besteht (Drogen, Frauen, Unterhaltungsclubs). Das ist zwar illegal,
aber gesellschaftlich nützlich.
- Frauen: sie sind entweder Opfer, dann von den "Rechten" mißbraucht, oder bereits linke Aktivistinnen oder sie kämpfen privat gegen Diskrimierung und für Frauengleichstellung, Abtreibung, freie Liebe und ganz allgemein für Nächstenliebe (die Komissarin prostituiert sich, um ihrer Verwandten eine Augenoperation zu ermöglichen) und das Wohl der Menschheit

Als böse und unheilvoll dargestellt sind:
- die Nazis
- die Reichswehr und ihre Offiziere
- die konservativen Eliten, die mit der Reichswehr gegen den Versailler Vertrag arbeiten
- die Börse, weil sie nur Spekulanten heranzieht und die Falschen reich macht, während sie die kleinen Leute in Schulden stürzt
- der Reichtum/Wohlstand, da er für die politischen Zwecke der Rechten benutzt wird

Was auffällt, ist diese hemmungslose Indoktrination des Zuschauers.
Linke sind die Guten, Rechte, also Nazis und die Beamten und Offiziere die Bösen.
An politischem Personal treten linke "Aktivisten" und Parteileute der KPD auf, sowie Nazis und daneben Industrielle und hohe Beamte und Offiziere, die
entweder selbst mit den Nazis sympathisieren oder sie für ihre Zwecke einspannen wollen. Bürgerliche Parteien oder die SPD kommen nicht vor.

Reichswehroffiziere sind dekadente Gestalten, die martialische Impulse mit sadistischen und sexuellen Phantasien vermischen. Sie sind ohne Ehre und Tugend.
Hohe Beamte sind skrupellose Mörder und Spieler (Staatsstreichpläne; Pläne, das Volk in Angst zu versetzen, um dann eine Militärdiktatur zu rechtfertigen,
als "Strategie des Terrors"), genau wie Industrielle (den kommenden Börsencrash für Bereicherung nutzen, und diesen Reichtum wiederum für politische Zwecke.)

Das "Framing" dieser Geschichte könnte tatsächlich direkt aus der Parteizentrale der Linkspartei oder der alten SED kommen. Paßt natürlich gut zur Berliner Politik als auch zur dortigen Künstlerszene.
Ich frage mich aber, was die Verantwortlichen in den 90+ Ländern denken, die das "kaufen"?

Die Serie scheint "zeitgemäß" zu sein. Das "Framing", wie ich es oben beschreibe, scheint also niemanden zu stören, sondern im Gegenteil einen Großteil des Erfolgs auszumachen.
Oder gab es irgendeine Kritik an dieser Serie?

Gruß
Talleyrand

--
https://talleyrandssudelbuch.art.blog


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